“Ich stelle mir das Leben gern wie einen großen Fluss vor, mit Stromschnellen und Wasserfällen. Bei jedem Menschen gibt es Phasen, in denen alles harmonisch läuft. Man sitzt in seinem Kanu, paddelt fröhlich und entspannt dahin. Die Tage vergehen, alles Notwendige wird erledigt, und irgendwie bleibt
immer noch genügend Zeit für Ruhe. Aber auf einmal, ohne dass man es merkt, zieht das Tempo an, dass…mehr“Ich stelle mir das Leben gern wie einen großen Fluss vor, mit Stromschnellen und Wasserfällen. Bei jedem Menschen gibt es Phasen, in denen alles harmonisch läuft. Man sitzt in seinem Kanu, paddelt fröhlich und entspannt dahin. Die Tage vergehen, alles Notwendige wird erledigt, und irgendwie bleibt immer noch genügend Zeit für Ruhe. Aber auf einmal, ohne dass man es merkt, zieht das Tempo an, dass Wasser fließt schneller. Es ist immer noch möglich, alles zu ordnen, doch es kostet mehr Mühe. Dann kommen die Stromschnellen, und jetzt wird’s schwierig. Vielleicht wartet bei der Arbeit ein neues Projekt, vielleicht wird ein Familienmitglied krank, man zieht um, oder man verliert den Job. Gleichgültig, was die Gründe sein mögen - in solchen Zeiten ist man vor allem damit beschäftigt, sein Kanu irgendwie durch die Wellen zu steuern, ohne zu kentern.
Jeder Tag wird ein hektischer Wettlauf gegen die Uhr. Krampfhaft versucht man, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Und dann werden die Strudel immer heftiger, immer schneller, man hat keine Wahl, als sich darauf einzustellen. Man kann nicht anders. Schnell, schnell, schnell! Und in der Ferne hört man bereits das Brausen des Wasserfalls. Da bleibt nur noch eine Möglichkeit: Man muss noch schneller paddeln. Man muss die Stromschnellen überwinden und sich irgendwie in Sicherheit bringen. Sonst gerät man in den den Sog des Wasserfalls und dann …auf lange Sicht wird man dem Wasserfall nicht entkommen. Heute weiß ich das. Das Problem war, dass ich es damals noch nicht wusste”.
Manche Bücher kommen einfach zu rechten Zeit. Als hätten sie nur darauf gewartet, genau dann aufzutauchen, wenn man sie am nötigsten braucht. Nicholas Sparks “Die Reise unseres Lebens” ist so ein Buch. Ich versprach mir davon eigentlich nur ein bisschen leichte Unterhaltung. Als ich begonnen hatte zu Lesen, wurde mir klar, dass mir hier jemand aus der Seele schrieb. Sparks hatte genau den Zustand beschrieben, indem ich mich befand. Ich konnte ich mich förmlich paddeln sehen! Ohne irgendeine Idee wie dem Wasserfall zu entkommen sei.
Das Weiterlesen brachte mir dann so etwas wie Erleuchtung. Micah, der große Bruder, sagt an einer Stelle: “Du lässt zu, dass das Leben dich kontrolliert, statt umgekehrt.” Die Entscheidung sich kontrollieren zu lassen, liegt bei jedem einzelnen, führt er dann weiter aus. Etwas ähnliches hatte ein lieber Mensch auch einmal zu mir gesagt, als während eines Kurzurlaubs berufliche Emails eintrafen: “Was würde denn schlimmes passieren, wenn du nicht reagierst?” Die Antwort lautete in diesem, wie auch sicher in den meisten anderen Fällen: NICHTS. Mir wurde plötzlich leicht ums Herz.
Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Dann ist es gut, einen anderen Blickwinkel zu wählen. Sparks geht mit seinem Bruder auf Weltreise. Das muss man sich natürlich erst einmal leisten können. Zeitlich wie finanziell. Daher ist es wohl für die meisten keine Alternative. Im “Club der toten Dichter” bittet Robin Williams als Lehrer seine Schüler auf den Tisch zu steigen, um eine andere Perspektive zu bekommen.
Ich bin weder auf Möbel gestiegen noch habe ich den Globus umrundet. Ich habe einfach das Buch zu Ende gelesen. Bin mit den beiden Brüdern von den Osterinseln, über Indien, Australien, Malta, Lima und Peru bis nach Norwegen gereist. Habe die Geschichte von Sparks (von dem ich vorher noch nie etwas gelesen hatte und auch nichts weiter lesen werde) gratis dazu serviert bekommen.
Das Buch hat mich abgelenkt, unterhalten und mir eine gehörige Portion Gelassenheit geschenkt. Ich muss zwar immer noch heftig paddeln. Aber wer muss das nicht? Die Vita des Bestsellerautoren lehrt jedenfalls eines: Es kann immer noch schlimmer kommen. Da hilft es auch nichts sich selber noch mehr unter Druck zu setzen. Optimistisch bleiben und Gott für das Danken was man hat und was gut ist, lautet die Devise. Das findet Nicholas Sparks und ich auch.