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"Vom vielversprechenden Anfang bis zur unerwarteten Schlußpointe ist dieser bemerkenswerte Roman spannend erzählt" Süddeutsche Zeitung
"Johann Ritter kam nach Berlin, um binnen eines Jahres Geld, eine große Altbauwohnung und einen Sportwagen zu besitzen. Er meinte, daß es nur zwei Wege dorthin gab. Man konnte Drogen verkaufen oder sich selbst. Er war zu beidem bereit."
Berlin 1984, die großen politischen Zeiten sind vorüber. Auf die Tragödien folgen die Farcen. Alles ist möglich und daher einerlei. Was ist noch übrig außer den Hülsen des Lebens, das andere verschossen haben? Lebt man
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Produktbeschreibung
"Vom vielversprechenden Anfang bis zur unerwarteten Schlußpointe ist dieser bemerkenswerte Roman spannend erzählt" Süddeutsche Zeitung

"Johann Ritter kam nach Berlin, um binnen eines Jahres Geld, eine große Altbauwohnung und einen Sportwagen zu besitzen. Er meinte, daß es nur zwei Wege dorthin gab. Man konnte Drogen verkaufen oder sich selbst. Er war zu beidem bereit."

Berlin 1984, die großen politischen Zeiten sind vorüber. Auf die Tragödien folgen die Farcen. Alles ist möglich und daher einerlei. Was ist noch übrig außer den Hülsen des Lebens, das andere verschossen haben? Lebt man denn, wenn andere leben? fragt sich Johann, der nach Berlin kommt und nichts als Geld verdienen will. Und ist es die Konsequenz, zu sagen, man lebt nur, wenn kein anderer mehr lebt? Angeekelt von der Stadt und den Menschen beschließt Johann, einen Mord zu begehen, um reinen Tisch zu schaffen und all der Beliebigkeit einen sauberen Tod entgegenzusetzen.
Autorenporträt
Michael Kleeberg , geboren am 24. August 1959 in Stuttgart, wuchs in Böblingen und Hamburg auf. Er lebte in Rom und Amsterdam und war von 1986 bis 1994 Mitinhaber einer Werbeagentur in Paris. Heute lebt er als Schriftsteller und Übersetzer aus dem Französischen und Englischen in Berlin.

2008: Stadtschreiber von Mainz
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2002

Michael Kleeberg: Der saubere Tod
1987 - Berlin wird zum Vakuum und die Szene Folklore

Vakuum. "Leerer Raum, luftleerer Raum, Leere." Sagt das Fremdwörterlexikon. Vakuum ist die Metapher, die in Michael Kleebergs erstem Roman "Der saubere Tod" in genauer Dosierung auftaucht. Die Leere liegt dort in der Gegenwart, und die Luft, die nicht hereinströmen kann, müßte aus Zukunft und Vergangenheit wehen. "Johann Ritter kam nach Berlin, um binnen eines Jahres Geld, eine große Altbauwohnung und einen Sportwagen zu besitzen." So beginnt das Buch, und nichts davon tritt ein, weil Berlin auch heute nicht der Ort ist, an dem sich solche Träume erfüllen. Es ist Johann Ritters einzige Zukunftsvision. Er kommt in die Berliner Katerstimmung nach den Häuserkämpfen, mit der U-Bahn mitten hinein in die Nachhutgefechte am Kottbusser Tor, die schon zu Zitaten von alten Schlachten geworden sind, die sich in den Erzählungen aus erster Hand in eine "last picture show" verwandeln und muffig werden, weil sie sich gar nicht mehr vergegenwärtigen lassen, sondern schon so weit entfernt scheinen wie die Barrikaden am Wedding der zwanziger Jahre.

Ritter ist 20, er hat von nichts eine Ahnung, allenfalls davon, daß alles vorbei ist, was er für die "große Zeit" hält. Er gerät in eine Wohngemeinschaft der mittleren achtziger Jahre, wo der Werber einträchtig neben der engagierten Journalistin, die Nachteule neben dem langsam dem Suizidversuch entgegentreibenden Möchtegernkünstler haust, wo die Szenen noch nicht zersplittert sind. Die Nacht wird sein Freund, er lebt von nichts, er glaubt an nichts, er träumt von Kämpfen, "wo es doch keine Kämpfe mehr gab", er sucht nach einer Front und findet sie überall, weil er alles verachtet. Er erkrankt an Gelbsucht, das schürt einen Reinheitswahn; er will die Leere durch die Tat füllen, das bringt ihn ins Gefängnis. Am Ende verliert sich seine Spur.

Kleeberg hat nicht den Fehler gemacht, seinen Protagonisten mit einer öden Provinzbiographie einzukleiden, die ihn psychologisch transparent werden ließe. Die Indifferenz des "Helden" hat manchen damals etwas von Camus' "Der Fremde" dahermurmeln lassen, weil das immer chic klingt, wenn einer ohne ersichtlichen Grund jemanden erschießen will; aber da ist auch ein Weltekel wie bei Céline, ein Haß auf alles, was werden könnte oder war. Doch da ist kein Existentialismus, keine Absurdität als universale Weltinnenausstattung. Das Großartige an diesem Debütroman ist die Ungerührtheit, mit der Kleeberg die unmittelbare Vergangenheit seiner Protagonisten und ihrer Szene in eine mittelmäßige Inszenierung verwandelte, mit der er instinktiv die Beschleunigung erfaßte, die in den Jahren danach ein Generationslabel auf das andere folgen ließ. Das wilde Nachtleben ist längst zur Folklore geworden. Die Besucher aus der Provinz sind schon da, sie lassen sich von Ritter und dessen Freund Peter in den Underground des Nachtlebens führen wie Touristen von Fremdenführern an die Orte einer großen Vergangenheit. So wird der Roman im nachhinein erst recht zum Abgesang, weil sein Autor 1987 nicht ahnen konnte, wie von allen Seiten Luft ins Berliner Vakuum strömen würde. Er hat einfach ein Lebensgefühl beschrieben, das sich nur selbst abschaffen konnte, und er hat auch ganz konsequent darauf verzichtet, aus einer der Figuren, die Ritters Weg kreuzen, besserwisserisch die vermeintliche Zukunft sprechen zu lassen.

Michael Kleeberg, der heute 42 ist, hat auf ganz eigene Weise eingelöst, was sein erster Roman versprochen hatte - gerade weil er nicht den Weg weitergegangen ist, der aus dem "sauberen Tod" in die Zukunft zu führen schien. Er hat die Tonarten und Sujets gewechselt und seine Romane mit Geschichte aufgeladen, anstatt zum Spezialisten für Generationsbefindlichkeiten zu verkümmern. Er hat die Wandlungsfähigkeit eines Proteus entwickelt, aber seine Sprache hat dabei einen vertrauten Klang behalten, mit ihren langen Satzperioden, dem Hang zur Bilderflut statt asketischer Verknappung. Ein Lakoniker war Kleeberg schon damals nicht, und es reizt ihn noch immer, mehr sehen zu lassen, als seine Figuren erkennen können - jene Passagen in seiner Prosa, die nicht ganz den Figuren, aber auch nicht der bloßen Schilderung eines Ambientes gehören, sind die stärksten, weil die Bilderproduktion so verschwenderisch wie diszipliniert und präzise ist. Der Typus Johann Ritter hat nur einen sehr weitläufigen Verwandten hinterlassen, den "König von Korsika" (2001) aus dem 18. Jahrhundert, der allein in seinen Zukunftsvisionen und nostalgischen Reminiszenzen existiert, dem die Gegenwart ständig entgleitet, die für Ritter die schärfste Droge war. Die Zeit, als man den "großen Knall", den sauberen, weißglühenden Flammentod ersehnte, ist restlos ausgeglüht. Es war nur eine Vereisung, und der Roman hat sie als "freeze frame" konserviert.

pek

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"Schillernde Amoralität und aggressive Indifferenz."
Die Zeit