Sollte ich dieses kleine und doch so große Buch mit einem Wort beschreiben, wäre das sehr einfach: Einsamkeit.
Mathea Martinsen ist so einsam, wie ein Mensch nur sein kann. Ihr ganzes Leben hat sie an der Seite ihres Mannes Epsilon verbracht; sich verzweifelt an ihn geklammert und doch hat es
nicht gereicht. Denn Epsilon ist tot und mit ihm starb Matheas ganzes Leben. Keine Kinder, keine…mehrSollte ich dieses kleine und doch so große Buch mit einem Wort beschreiben, wäre das sehr einfach: Einsamkeit.
Mathea Martinsen ist so einsam, wie ein Mensch nur sein kann. Ihr ganzes Leben hat sie an der Seite ihres Mannes Epsilon verbracht; sich verzweifelt an ihn geklammert und doch hat es nicht gereicht. Denn Epsilon ist tot und mit ihm starb Matheas ganzes Leben. Keine Kinder, keine Freunde, nichts. Ausschließlich auf ihren Mann fixiert hat sich ihr Leben zum allergrößten Teil nur in den eigenen vier Wänden abgespielt.
Wie soll es nun weitergehen? Wird sie die Isolation ertragen können, bis sie schließlich selbst diese Welt verlässt? Will sie das überhaupt? Und wenn ja: wie?!
Kjersti A. Skomsvold legt mit “Je schneller ich gehe, desto kleiner bin ich” ein Debut vor, das mich wirklich kalt erwischt hat. Entgegen des Klappentextes konnte ich nur wenig von einer “schüchternen alten Dame, die es noch einmal wissen will” erkennen. Stattdessen erlebte ich mit Mathea, was es aus einem Menschen machen kann, wenn er sein Leben lang übersehen wird; wenn er für andere gar nicht existent zu sein scheint. Zurückgezogen und fast schon krankhaft darauf bedacht, niemandem zur Last zu fallen oder gar peinlich zu sein, ist Epsilon ihr einziger Bezugspunkt nach außen, zum Leben außerhalb der gemeinsamen Wohnung.
In Rückblicken erzählt die Ich-Erzählerin von Epsilon, von ihrem Kennenlernen, ihrer Ehe und den letzten gemeinsamen Jahren. Diese Erinnerungen sind das einzige, das Mathea noch halten kann und sie scheint sich dem nur zu klar bewusst zu sein. Beinahe schmerzhaft erlebt der Leser mit, wie sie versucht sich aufzuraffen um doch noch etwas aus dem verbliebenen Rest ihres Lebens herauszuholen. So füllt sie eine Zeitkapsel mit geliebten Erinnerungen und Dingen, von denen sie glaubt, dass sie etwas über sie aussagen und sie überwindet sich schließlich doch, den Seniorentreff zu besuchen und auch, wenn man an der ein oder anderen Stelle fast über Matheas Unvermögen, die alltäglichsten Dinge zu erledigen hätte lachen können, so blieb mir dieses Lachen auch ziemlich oft im Hals stecken. In beinahe jedem der sprachlich wirklich großartigen Sätze, sticht vor allem Matheas unfassbare Einsamkeit hervor; wirkliche Hoffnung habe ich nicht herauslesen können.
Ich gebe zu, ich lese nicht gerne Bücher mit nur so wenigen Seiten und in der Regel werde ich eher enttäuscht, wenn ich es doch tue. Aber Kjersti A. Skomsvold hat es tatsächlich geschafft, auf nur 144 Seiten so eine dichte, berührende und erschreckende Geschichte zu erzählen, dass ich viel mehr Seiten wohl auch eher nicht hätte ertragen können.
5 Sterne für einen Roman, der uns aufgibt, ein wenig mehr darauf zu achten, ob und wen wir tagtäglich einfach übersehen.
Zitate:
Es ist ein Selbstbetrug zu glauben, dass man nicht einsam sein kann, nur weil man beschäftigt ist, aber das wichtigste ist, dass niemand anders glaubt, man wäre einsam. (Seite 74)
Es ist eine gute Sache, jemanden zu haben, der wach ist, während man schläft. (Seite 108)
(…) ich habe gelesen, dass man als Weltraumreisender bei seiner Rückkehr jünger ist, als man es wäre, wenn man auf der Erde geblieben wäre, denn Zeit ist relativ. Ein Tag mit Epsilon ist beispielsweise nicht dasselbe wie ein Tag ohne ihn. (Seite 109)
June kam als ganzer Mann von der Armee zurück. Er konnte sein Bett machen und einen Menschen erschießen, das sah ich ihm an. (Seite 121)