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Wieso hat man als Bayer in nicht-bayerischen deutschen Städten immer das Gefühl, im Ausland zu sein? Welches Auto parkt auf der Zugspitze? Gibt es Wurmlöcher in die bayerische Vergangenheit? Sind die Franken die Tibeter Bayerns? Und wann wird die Resl von Konnersreuth endlich seliggesprochen? Diesen und anderen Fragen sind Helmut Schleich und Thomas Merk in ihrem Buch "Daheim is ned dahoam" nachgegangen, um der weiß-blauen Befindlichkeit im 21. Jahrhundert auf die Spur zu kommen. Sie haben den bayerischen Kosmos von der Zugspitze bis in die Oberpfalz bereist, sich schonungslos dem Genius Loci…mehr

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Produktbeschreibung
Wieso hat man als Bayer in nicht-bayerischen deutschen Städten immer das Gefühl, im Ausland zu sein? Welches Auto parkt auf der Zugspitze? Gibt es Wurmlöcher in die bayerische Vergangenheit? Sind die Franken die Tibeter Bayerns? Und wann wird die Resl von Konnersreuth endlich seliggesprochen? Diesen und anderen Fragen sind Helmut Schleich und Thomas Merk in ihrem Buch "Daheim is ned dahoam" nachgegangen, um der weiß-blauen Befindlichkeit im 21. Jahrhundert auf die Spur zu kommen.
Sie haben den bayerischen Kosmos von der Zugspitze bis in die Oberpfalz bereist, sich schonungslos dem Genius Loci ausgesetzt und mit witzgeschärfter Feder und satirischen Seitenhieben dokumentiert, was ihnen dort wider fahren ist. Wie daheim kann man sich in einem Post-Stoiber'schen Freistaat noch fühlen, dieser selbst ernannten Insel der Seligen mit ihrem viel beschworenen und von den Medien bis zum Überdruss zelebrierten "Lebensgefühl", dem hier zulande keiner entkommen kann?
Auf ihren ebenso vergnüglichen wie nachdenklich stimmenden Reisen haben die beiden Autoren ein anderes Bayern kennengelernt, ein Bayern jenseits offizieller Seppl-Idyllen und Fremdenverkehrs-Klischees, das sich irgendwo da draußen zwischen Franken und Neugablonz, zwischen Chiemsee und Altötting zum Glück bis heute erhalten hat.
Autorenporträt
Der gebürtige Schongauer Helmut Schleich, geb. 1967, steht seit den frühen Achtzigerjahren auf der Bühne, hat eine eigene Fernsehsendung ("SchleichFernsehen") und zählt zu den bekanntesten bayerischen Kabarettisten und Parodisten.

Der in München geborene Thomas Merk hat Geschichte und Theaterwissenschaften studiert und ist als freier Schriftsteller, literarischer Übersetzer und Kabarettautor (für Helmut Schleich) tätig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.04.2013

Zwischen München und Middogessn
Helmut Schleich und Thomas Merk arbeiten schon lange zusammen, als Kabarettist und dessen Autor. Nun haben sie
Bayern ethnologisch erforscht und darüber ein Buch geschrieben mit dem Titel „Daheim is ned dahoam“
VON CHRISTIAN MAYER
Es gab mal eine Zeit, da reisten sogenannte Ethnologen quer durch Afrika, weil die Menschen in Europa damals nichts lieber hörten als Geschichten vom Ende der Welt. Einige dieser von Neugier, Abenteuerlust und Ruhmsucht getriebenen Pioniere legten Tausende Kilometer zurück. Sie durchquerten Wüsten, Savannen und Urwälder, um am Ende vielleicht das Herz der Finsternis zu erreichen (falls sie lebend dort ankamen). Auch dieses Herz war allerdings nicht menschenleer; dort lebten merkwürdige Völker, die nicht nur für Kolonialherren und Missionare, sondern auch für todesmutige Forscher von höchstem Interesse waren.
  Wüsten, Savannen und Urwälder kann heute jeder Tourist nach einer neunstündigen Flugreise erleben. Die wahren Abenteuer liegen oft vor der Haustür, und das ist ein Grund, warum der Kabarettist Helmut Schleich und der Autor Thomas Merk, der seit Jahren Schleichs Kabarettprogramme und Fernsehdrehbücher schreibt, eine Reise durch Bayern unternommen haben. Eine Reise, die in der Münchner Schellingstraße 49 beginnt, wo Franz Josef Strauß als Metzgerssohn aufwuchs, und in Bad Kissingen, wo das Wasser salzig schmeckt und Laiendarsteller berühmte Kurgäste spielen, noch längst nicht zu Ende ist.
  „Daheim is ned dahoam“ heißt das Buch der beiden Autoren, und da stellt sich schon die erste Frage. Geht das überhaupt, einen gemeinsamen Reisebericht zu schreiben, ohne dass einer der beiden den Kopf verliert? Offenbar geht es ganz gut, weil die einzelnen Kapitel in einer Art Zwiegespräch entstanden sind, was wiederum verblüffend ist, wenn man die ausgeprägte Neigung des Kabarettisten zum Monologisieren kennt.
  Der gebürtige Schongauer Schleich und der Münchner Merk beginnen ihre Bayern-Tour tatsächlich im „Herzen der Finsternis“, wie sie das nennen, nicht im Kongo, sondern in Schwabing-West. „Wollte man einen Atlas der Verschnöselung kartieren, wäre man hier genau richtig.“ Die Bäckereien tragen keine bayerischen Namen mehr, sie klingen nach französischen Parfüms, die Trachtenläden haben eine gottschalkhafte Note, die Blumengeschäfte sind auf Hochglanz gestylt. Trotzdem gelingt es den Autoren, zwischen veredelten Straßenzügen immer auch Reste des Alten, manchmal auch des Absurden zu finden. Und immerhin gibt es in der Schellingstraße auch den berühmten Schellingsalon, wo schon Adolf Hitler Hausverbot hatte, weil er die Zeche nicht zahlen konnte.
  Solche lokalhistorischen Klassiker sind ja inzwischen in fast allen Hochglanz-Büchern über München enthalten. Schleich und Merk spinnen ihre mit Schwarz-Weiß-Bildern illustrierten Geschichten jedoch weiter, sie begnügen sich nicht mit den üblichen Malerfürsten, Feldherren und Playboys, sondern haben auch einen Blick für die vermeintlich Unscheinbaren: „In dieser Stadt, so stellen wir fest, ist kein Platz mehr für die Armen und die Alten, aber irgendwie sind sie trotzdem noch da.“ Überhaupt ist arm sein in München immer relativ: Bei ihrem Spaziergang durch die bayerische Event-Metropole stoßen die Ethnologen auch auf unglückliche „Erstbezugsschnösel“, die für ihr Luxusappartement in den Nymphenburger Höfen doch ein wenig zu viel bezahlt haben und sich nun wundern, dass sie nun in einem Geisterhaus wohnen statt im pulsierenden Herzen der Maxvorstadt. Pech gehabt! Dabei wäre es doch zu schön, wenn gerade mal nichts los wäre an der Isar: „Warum, so fragen wir uns, kann man in dieser Stadt nicht wenigstens ein paar Wochen im Jahr a Ruah geben? Warum müssen überall und zu jeder Zeit, sommers wie winters, irgendwelche Buden und Bühnen aufgebaut werden, warum muss die Stadt mit Klassikkonzerten und Freilichtkino beschallt und mit Hamburger Fischmarkt, Energiesparmeilen, künstlichen Skiabfahrten und mobilen Eislaufbahnen bespaßt werden, ganz zu schweigen von bombastischen Feiern zum Tag der Deutschen Einheit?“ Gute Frage.
  Ruhmsucht ist es nicht, die Schleich und Merk dann hinaus aus München treibt, zum Beispiel in die Oberpfalz. Eher sind es Neugier und Abenteuerlust. In Pentling, wo der spätere Papst Benedikt in den Siebzigerjahren während seiner Regensburger Jahre wohnte, machen sie sich auf die Suche nach dem, was von Joseph Ratzinger geblieben ist. In einem gesichtslosen Neubaugebiet finden sie zumindest sein früheres Wohnhaus, ein Musterbeispiel für architektonische Schlichtheit, und möglicherweise auch die frühere Tischtennisplatte des gewesenen Pontifex – so genau wissen es die Bewohner auch nicht, sie wissen aber eines genau: Wann es Zeit ist zum „Middogessn.“
  Noch viel ruhiger ist das Leben in Windischeschenbach, wo sich die Autoren plötzlich in einer Siebzigerjahre-Welt wiederfinden, weil hier der „Stoiber’sche Modernisierungs-Tsunami“ offenkundig ausgeblieben ist. In Windischeschenbach gibt es noch Hotelzimmer mit dicken Röhrenfernsehern und Messinglampen mit stilisierten Maiglöckchen, und auch sonst erinnert viel an die Zeit, als der Ort direkt hinter dem Staatsgebiet der DDR lag und als Naherholungsgebiet vor allem bei Westberlinern begehrt war. Glücklicherweise bietet er aber auch religiöse Überraschungen, etwa die „Lourdesgrotte“ in einer umfunktionierten Garage unterhalb des Kirchbergs: Der Oberpfälzer ist eben eher praktisch veranlagt. Da wird es richtig komisch.
  Es sind vor allem zwei Themen, für die sich die Hobby-Völkerkundler begeistern. Da sind zum einen die Reliquienschreine und Kultstätten; die Autoren zieht es daher mit Wonne zur weihrauchgeschwängerten Schwarzen Madonna in Altötting oder auch zur Walhalla, der martialischen Heldengalerie König Ludwigs I. in Donaustauf. Ein touristisches Spektakel, könnte man sagen, doch die eigentliche Sehenswürdigkeit sind ja oft auch die Besucher selbst, die irgendeine Form der Erleuchtung suchen – meist vergeblich. Das andere große Thema sind die vergessenen, die verfallenen, die versunkenen Orte der bayerischen Geschichte. Hinreißend ist das Kapitel über Neugablonz, die „Stadt der Heinzelmännchen“. In diesem Ortsteil von Kaufbeuren bauten sich die Vertriebenen von der Neiße ein neues Gablonz, inklusive der Kirchen und Schmuckwerkstätten, lange ist es her. Für einen Tag tauchen die Autoren „in die verlorene Welt des Sudetenlands“ ein, sie wandern durch die Gassen, wo einst gehämmert, geschliffen, geschmolzen und gelötet wurde – und staunen über den monströsen Rüdigerbrunnen. Auch der Held der Nibelungensage in seiner klobigen Ritterrüstung ist ein Vertriebener, ein seltsames Schicksal hat ihn ins Allgäu geführt, da ist er nicht allein in diesem schönen Land.
  Ein wenig erratisch wirkt dieser Ethnologenbericht schon, manchmal auch selbstverliebt. Es geht kreuz und quer durch den Freistaat, von einer Tankstelle zur nächsten, was auch den Auftritten des Kabarettisten geschuldet ist. Dabei kann es passieren, dass immer mal wieder sein Alter Ego aus dem Schleich herausbricht: Franz Josef Strauß scheint inzwischen ein Teil von Schleichs Persönlichkeit zu sein, in Fleisch und Blut übergegangen. Der legendäre CSU-Politiker ist aber auch überall irgendwie präsent, am allermeisten natürlich in Schongau, Schleichs Heimatort, wo Strauß im Mai 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet und wenige Wochen später schon zum stellvertretenden Landrat befördert wurde. Aber wie schaut er denn aus, der selige FJS? Das Strauß-Denkmal vor dem ehemaligen Schongauer Schloss hat es in sich: „Eine Stele aus rötlich schimmerndem, im Rautenmuster poliertem Granit, auf der ein ziemlich mürrisch dreinblickender Bronzekopf des Großen Vorsitzenden drapiert ist wie eine auf einer Platte angerichtete Jagdtrophäe.“
  So viel zur Heldenverehrung in Bayern.
Helmut Schleich und Thomas Merk, „Daheim is ned dahoam“, Bayerische Ein- und Durchblicke, Verlag Langen Müller München, 2013
Schleich und Merk begnügen
sich nicht mit den üblichen
Malerfürsten und Feldherren
Ein anderes Thema sind die
vergessenen und versunkenen
Orte bayerischer Geschichte
Wo Helmut Schleich ist, ist auch Franz Josef Strauß. Die zu den Bildern gehörenden Texte schreibt Thomas Merk. Beide verfassten jetzt ein Buch, in dem FJS natürlich nicht fehlen darf.
FOTOS (4): ANTON HEIGL
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