Peru. Bolivien. Was wissen wir wirklich über diese beiden Länder? Machu Picchu kennen viele, und da wäre selbstverständlich noch der Titicaca-See. Doch schnell müssen wir zugeben, dass diese Gegend für uns doch eigentlich ein weißer Fleck auf der Landkarte ist. Gerade das macht die Faszination einer Reise in diese beiden Länder aus. Die Ungewissheit über das, was kommen wird, ein Hauch von Abenteuer. Die mystischen Legenden über die Inka, die um so eindrucksvoller erscheinen, wenn man selbst vor den rätselhaften Bauten steht. Dazu die grandiose Kulisse des Andenmassivs. Am besten erkundet man solche Länder natürlich mit dem Rucksack und inmitten Einheimischer in einem dieser jahrzehntealten Busse, die einfach überall hinzufahren scheinen. Denn nur so kann man den größten Schatz der Anden die fremde Kultur und die große Gastfreundschaft der Einheimischen entdecken. Dieses Buch handelt von den Erlebnissen und Erfahrungen meiner Reise und lässt den Leser durch lebendige und gefühlvolle Erzählung das Geschehen hautnah miterleben. Exkurse offenbaren Details über Land und Leute oder Erinnerungen an die Inka deren Aufstieg, Erkenntnisse und den jähen Niedergang.
Es gab einmal eine Zeit - ungefähr dreißig Jahre ist das jetzt her -, in der zog es junge Menschen zu Tausenden in die sogenannte Dritte Welt - nach Afrika, Südostasien und Südamerika. Sie alle wollten das einfache Leben entdecken - mitunter auch gern umsonst auf Kosten der einheimischen Gastfreundschaft - und sich dabei selbst erfahren, spirituelle Erlebnisse haben und nebenbei den Tourismus neu erfinden. Diese Welle, begleitet von einer Fülle handgestrickter Reiseberichte, ist längst abgeebbt, aber ausgestorben ist der Typus des Rucksacktouristen noch nicht - zumindest wenn man dieses Buch über eine Trekking-Tour durch Peru und Bolivien liest, durch das sich wie ein roter Faden "Kulturkritik" zieht mit dem üblichen klischeehaften Vergleich der sozialen Bedingungen in Industrie- und Entwicklungsländern und dem ebenso angestaubten Klischee, dass nur dem "Backpacker" die wahre Einsicht zuteil wird - was den Autor nicht daran hindert, auf seiner Website für einen "Rundreisespezialisten im Baustein-System" Werbung zu machen. Auch sonst hält sich das Buch an vertraute Muster. Es bietet das Erlebnisprotokoll in einer eher schlichten Sprache, garniert mit allerlei Fakten und Spekulationen über die uralten Kulturen dieser Region. Dass beileibe nicht alles, was hier erzählt wird, für den Leser, der ja etwas über das "Land des Kondor" erfahren will, relevant ist, liegt am Charakter solcher Ich-Berichte, bei denen man alles mitempfinden muss, was den Autor - und niemanden sonst - bewegt. Ein wenig schade ist, dass die wenigen Bilder wegen des Taschenbuchformats nur klein und in nicht besonderer Qualität wiedergegeben werden können, denn allem Anschein nach ist Thilo Knötzele - und das ist auch seine eigentliche Profession - als Fotograf ungleich besser denn als Schreiber.
tg
"Im Land des Kondor - Eine Rucksackperspektive" von Thilo Knötzele. Wagner Verlag, Gelnhausen 2006. 240 Seiten, 30 Farbfotos. Broschiert, 14,90 Euro. ISBN 3-938623-16-0.
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