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Eine siebentägige Luxuskreuzfahrt in der Karibik - kann es eine kürzere Definition für die Hölle geben? Im Alter von 33 Jahren hat sich David Foster Wallace vom 11. bis zum 18. März 1995 an Bord der Zenith begeben, ist von Key West aus in See gestochen und hat in cleverem Collagestil aufgeschrieben, was er gesehen, gehört, gerochen, gefühlt und geschmeckt hat. Entstanden ist so ein hoch komischer Erfahrungsbericht aus dem Mikrokosmos eines Luxusliners und eine ernüchternde Bestandsaufnahme des American Way of Life insgesamt.

Produktbeschreibung
Eine siebentägige Luxuskreuzfahrt in der Karibik - kann es eine kürzere Definition für die Hölle geben? Im Alter von 33 Jahren hat sich David Foster Wallace vom 11. bis zum 18. März 1995 an Bord der Zenith begeben, ist von Key West aus in See gestochen und hat in cleverem Collagestil aufgeschrieben, was er gesehen, gehört, gerochen, gefühlt und geschmeckt hat. Entstanden ist so ein hoch komischer Erfahrungsbericht aus dem Mikrokosmos eines Luxusliners und eine ernüchternde Bestandsaufnahme des American Way of Life insgesamt.
Autorenporträt
David Foster Wallace, geb. 1962 geboren, gilt als einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Literatur. Er studierte Philosophie und unterrichtete zuletzt Creative Writing am Pomona College in Claremont, Kalifornien. David Foster Wallace starb am 12. September 2008.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.09.2002

Hölle, Hölle, Hölle
Amerikanische Kreuzfahrten: Nach Jonathan Franzen überquert jetzt sein Generationsgenosse David Foster Wallace den Atlantik

Wer, in Gottes Namen, soll so etwas lesen: Eine akribisch mit Datum, Ort und laufender Nummer versehene Reihe von Selbstdarstellungen ekliger, gemeiner oder einfach nur perverser Machos, die mit ihren sexuellen Eroberungen prahlen oder den totalen Durchblick in der Verwandlung ihrer Partnerinnen in hörige Sklaven zur Schau stellen. Oder das quälend detaillierte Protokoll einer "depressiven Person", die vergeblich ihre traumatische Erinnerung daran zu verarbeiten versucht, wie ihre geschiedenen Eltern einst über die Kosten ihrer Zahnspange stritten, und deren Therapeutin schließlich Selbstmord begeht. Oder eine hundertachtzigseitige Reportage über eine Luxuskreuzfahrt in der Karibik, die, mit insgesamt 136 Fußnoten, kein noch so unappetitliches Detail über das hochmoderne "Unterdruck-Abwasser-System" oder die Stadien der Seekrankheit ausspart. Wer so etwas lesen soll? Jeder, der sich von Literatur noch altmodisch-modern Erkenntnis verspricht, für den Ästhetik auch mit Widerstand gegen die Verführungen der Konsumsphäre zu tun hat. Jeder, für den in Kunstdingen Anstrengung und Unterhaltung keine Gegensätze sind, soll David Foster Wallace lesen.

Bisher lag von Foster Wallace, geboren 1962, daheim auf dem Land in Illinois, in deutscher Sprache nur ein schmaler Band mit fünf Erzählungen vor. "Kleines Mädchen mit komischen Haaren" erschien im vergangenen Jahr, mehr als ein Jahrzehnt nach dem Original, und bot nicht mehr als einen Appetitanreger auf dieses Werk. Nach "The Broom of the System" war es der 1996 erschienene, weit über tausend Seiten starke Roman "Infinite Jest", der seinen Ruf als eines der schwierigsten, sperrigsten, aber zugleich sprachmächtigsten und komischsten Autoren seiner Generation begründete. Wenn Harold Brodkeys "Flüchtige Seele" die "Recherche" der Gegenwartsliteratur ist, dann ist "Infinite Jest" ihr "Mann ohne Eigenschaften" - eine sich schier ins Unendliche verschachtelnde Enzyklopädie der westlichen Zivilisation, eine gleichermaßen hyperrealistische und phantastische Tour de Force durch die Abgründe einer von tödlichen Süchten zerfressenen Menschheit.

Nun erscheinen dieser Tage gleich zwei Bücher von Foster Wallace auf deutsch, und obwohl auch sie zunächst wie Nebenwerke erscheinen könnten, handelt es sich um einen Glücksfall. Denn endlich kann man hierzulande einen umfassenden Eindruck gewinnen von der Vielfalt der Tonfälle und Register dieses Autors, von seiner Manie und seinen Obsessionen, die in Wahrheit die unserer Kultur sind. Vielleicht hat es sogar seine tiefere Logik, sich von den Rändern zu nähern, steht doch das Entscheidende meist im Kleingedruckten - "Infinite Jest" enthält über hundert Seiten enggedruckte Anmerkungen, die oft die Erzählung erst verständlich machen.

In der im neuen Mare Buchverlag von Denis Scheck betreuten Reihe "mare bibliothek" liegt nun ein Essay vor, der erstmals 1996, also im selben Jahr wie "Infinite Jest", im "Harper's Magazine" erschien. Foster Wallace wurde von der Redaktion eingeladen, an einer "Seven-Night-Caribbean" oder kurz "7NC"-Cruise teilzunehmen. Der gerade der Last seines Hauptwerks frisch entronnene Autor warf sich auf diesen Auftrag mit vergleichbarer manischer Ernsthaftigkeit. Entstanden ist ein Meisterstück der literarischen Reportage, bis ins kleinste nautische und gruppenpsychologische Detail recherchiert. Foster Wallace unternimmt eine Art Selbstversuch, den er von der Einschiffung bis zum letzten peinlichen Bord-Dinner protokolliert: Die genaue Abbildung eines Mikrokosmos ergibt eine Parabel des Western way of life. Vieles spricht dafür, daß Jonathan Franzen sich für die furiose Kreuzfahrt-Episode in den "Korrekturen" von dieser Reportage seines Generationsgenossen inspirieren ließ.

Für einen auf alltägliche Absurditäten geeichten Beobachter gibt eine Fahrt auf einer schwimmenden Upper-class-Kaserne ständig Steilvorlagen für bittere Pointen. Wenn Foster Wallace eine "Single-Get-Together-Party in der Scorpio-Disco auf Deck 8", bei der die "wenigen echten Singles unter Siebzig" eine ziemlich elende Figur machen, als einen "Selbstmord-Anreiz allererster Güte" schildert oder wenn er die Dauerüberwachung durch unsichtbare Putzkolonnen als neurotischen Reinhaltungswahn beschreibt, verbinden sich sein analytischer Blick und seine überscharfe Selbstwahrnehmung auf virtuose Weise. Man erfährt alles, was man je über eine Kreuzfahrt zu wissen wünschte (und noch viel mehr), doch zugleich blickt man durch die Augen eines Autors, dessen großes Thema, die subtilen Abhängigkeiten und Fremdsteuerungen des Subjekts, in jeder Facette heutigen Lifestyles weiter ausdifferenziert wird.

Das entscheidende Lektüresignal gibt Wallace gleich zu Beginn (naturgemäß in einer Fußnote), wenn er die "Zenith", das 47 255-Tonnen-Schiff der "Celebrity Cruises"-Linie, in "Nadir" umtauft. So nennt die Astronomie den dem Himmelspol gegenüberliegenden Punkt unter unseren Füßen. In Wahrheit führt diese Expedition also in die Unterwelt. Sie ist eine Höllenfahrt der Luxusklasse, deren Qual in der endlosen Perpetuierung des Vergnügens besteht: Fun ist ein Stahlbad, abgemessen in Megatonnen. Die Lektüre des "teuflischen" Kreuzfahrtkatalogs mit seinen braungebrannten Paaren "unter dem Einfluß eines Grinskrampfs der Verzückung" erinnert ihn an Dante, das versprochene Paradies ist vielmehr ein Inferno, in dem zum Vergnügen verdammte Massen dem Höllenfeuer mit Sonnenmilch zu wehren versuchen.

Das darf man nicht verwechseln mit Misanthropie; Foster Wallace ist kein Griesgram und Moralist, dem der Spaß anderer Leute auf den Magen schlägt, sondern ein unbestechlicher Diagnostiker menschlichen Leidensdrucks gerade unter der Fassade grenzenloser Lustbefriedigung und "Verwöhnung". Die mehr erschreckende als komische Schilderung der Exzentriker unter den Passagieren erinnert in vielem an die in ihren je eigenen Seelenkäfigen gefangenen Figuren aus "Infinite Jest". Foster Wallace' zentraler Begriff für diese Bedrohung des Subjekts lautet "Stasis", womit er eine letztlich tödliche Erstarrung des Bewußtseins im Klammergriff von Konsum und Medien meint, die zwanghafte Ausrichtung aller Energien auf ein imaginäres, ja wahnhaftes Ziel. Zu diesen zombiehaften "Spezialisten der Stasis" gehört an Bord etwa ein nur "Captain Video" genannter Greis, dessen gesammelte Kassetten "einmal ein Filmdokument ergeben, das exakt so lang ist wie die Kreuzfahrt selbst - und so langweilig wie Warhol". Allerdings entgeht dem Beobachter des Beobachters nicht die Ironie, daß seine eigene Dokumentation keiner anderen Logik folgt. Der Schreibzwang ist lediglich die intellektuelle Variante dieser unentrinnbaren Logik des Begehrens.

Aus diesem Bewußtsein einer tiefen Gemeinsamkeit noch mit dem letzten Maniac speist sich auch die Grundbewegung in Foster Wallace' Schreiben, das immer wieder zwischen kühler, fast klinischer Beschreibung und Empathie oszilliert. In dem ursprünglich 1999 erschienenen Erzählungsband "Kurze Interviews mit fiesen Männern" finden sich viele solcher Skizzen verquerer Leidenschaften und an der Grenze zum Pathologischen schillernder Marotten. Der Titel des Buches ist der Titel von gleich vier Geschichten dieses Bandes. Sie versammeln pseudodokumentarische Fallstudien in Gesprächsform, wobei die Fragen einer fiktiven Sozialarbeiterin stets ausgeblendet werden. Was auf den ersten Blick wie eine Horrorbroschüre aus einem radikalfeministischen Kampfverlag klingt, sind literarische Variationen elementarer Verkrüppelungen von Geschlechterbeziehungen, die in jeder x-beliebigen psychosozialen Therapiestation nackte Realität sind.

Die große Kunst - und das zugleich in höchstem Maß Irritierende - dieser Texte besteht darin, daß Wallace nicht nur die Unterscheidung zwischen Affirmation und Kritik sinnlos macht, sondern auch die zwischen Spiel und Ernst, Ironie und Pathos. Der arme Krüppel, der seinen Makel, den verkümmerten, flossenartigen Arm, kalkuliert als "Geheimwaffe" einsetzt, um sich über die Mitleidstour "Mösen ohne Ende" zu verschaffen, entzieht sich solchen Kategorien ebenso wie der im foucaultschen Sound schwafelnde Fachmann für "Chicken-Sexing", der sich damit brüstet, stets im voraus zu ahnen, welche Frauen sich von ihm ans Bett fesseln lassen würden, um schließlich eine Beichte der eigenen Neurosen anzuhören.

Programmatisch wird das in der Erzählung "Oktett" entwickelt, einem höchst vertrackten Vexierbild in Form eines absurden "Pop-Quiz", in dem Klischees metafiktionaler Spielerei durch die düstere Schwere der Thematik von innen aufgebrochen werden. In nuce ist hier eine Poetik enthalten, die in der angloamerikanischen Kritik inzwischen als Fanal eines Abschieds von postmoderner Unverbindlichkeit und selbstbezüglichem Formalismus gilt. So wird etwa gespielt umständlich begründet, warum einzelne Episoden um menschliches Glück und Elend nicht in den Zyklus aufgenommen werden konnten (aber gerade in dieser ausführlichen Begründung eben doch vorkommen): "Außerdem wirkt das ganze Szenario derart comichaft, als wäre das Witzige daran der einzige Witz der Sache und als gebe es nicht auch diesen unheimlichen Ernst, wodurch wiederum die psychologische Notwendigkeit der ,Quiz'-Frage nicht mehr zu erkennen ist." Auch wenn es nicht in allen Stücken dieses Bands gleich deutlich wird: Foster Wallace gelingt es durch die obsessive Kraft seiner Sprache und seines karnevalesken, also im Kern tief ernsten Humors, die Sackgasse selbstreflexiven Schreibens zu überwinden. Mit den Mitteln der Ironie wird einer ironischen Unverbindlichkeit der Garaus gemacht: Hinter der Maske der Lustigkeit tritt das Medusenhaupt unserer Triebe hervor.

David Foster Wallace verkörpert exemplarisch das unglückliche Bewußtsein des modernen Intellektuellen an Bord des Vergnügungsdampfers namens Mediengesellschaft. Man durchschaut die Inszenierung, nutzt die Angebote lediglich, um die eigenen Aversionen mit Anschauung zu unterfüttern, gelangt jedoch nie an die wirklich neuralgischen Punkte der Bewußtseinsindustrie, deren Antrieb im unzugänglichen Maschinenraum verborgen bleibt. Dennoch wird man unweigerlich zugleich Konsument, übernimmt die absurd feinskaligen Maßstäbe moderner Warenforschung und Befriedigungsmessung und wundert sich darüber, wie die Kritikfähigkeit langsam über Bord geht.

Als der kritische Berichterstatter auf der "Nadir" einmal wegen seiner Agoraphobie auf den Landgang verzichtet und statt dessen das daneben anlegende Kreuzschiff "Dreamward" mustert, kommt eine überraschende Wende: Der zuvor als perfid-überwältigend geschilderte Luxus verblaßt gegenüber dem imaginierten Komfort hinter der fremden Reling. Die Struktur dieses nie zu befriedigenden Drangs nach Steigerung und Überbietung, nach der absolut makellosen Fülle, die Sehnsucht als krankmachender Motor hinter all unseren Lüsten - das beschreibt kein anderer Schriftsteller so human und so unversöhnlich zugleich wie David Foster Wallace.

David Foster Wallace: "Kurze Interviews mit fiesen Männern". Storys. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Marcus Ingendaay, Clara Drechsler, Bernhard Robben und Christa Schuenke. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2002. 384 S., geb., 22,90 [Euro].

David Foster Wallace: "Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Marcus Ingendaay. Mare Buchverlag, Hamburg 2002. 184 S., geb., 18,- [Euro].

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Mit Volldampf ins Verwöhnprogramm
Auf eine Luxus-Kreuzfahrt zu gehen ist der Wunschtraum (fast) eines jeden Amerikaners der weißen Mittelschicht, der die 50 hinter sich hat. Als der amerikanische Journalist David Foster Wallace vom 11. bis zum 18. März 1995 auf einer solchen Kreuzfahrt war, um darüber ein "Feature" für eine Edelgazette zu schreiben, war er erst 33 Jahre alt und - natürlich - nicht ganz freiwillig an Bord des Ozeanriesen. Kein Wunder also, dass er sich dem Treiben sehr skeptisch und mit dem Blick eines Menschen nähert, der alles und jeden gnadenlos-frech analysiert.
Gute Laune garantiert
"Verwöhnen" - das ist das Stichwort, um das sich alles an Bord der Nadir dreht. Der Service wird von dem Personal so umfassend und perfekt dargeboten, dass er kaum zu überbieten ist. Luxus, wohin man sieht - jeder ist davon überwältigt, doch zugleich regt sich ein Gefühl der Unzufriedenheit. Könnte das Fleisch nicht noch einen kleinen Tick weicher sein? Die Menü-Auswahl ein wenig reichhaltiger? Allen Gästen wird jeder Wunsch immer und überall von den Lippen abgelesen. Diese Kreuzfahrt wird Spaß machen, der Gast wird, er muss ganz zwangsläufig begeistert sein - das verspricht nicht zuletzt der Werbe-Katalog!
Die Kehrseite des Konsums
In seinem Reisebericht wechselt David Foster Wallace mehrmals die Perspektive. Er versetzt sich in die Rolle der Gäste und analysiert ihr Verhalten; zugleich berichtet er, wie er sich als Teilnehmer dieser Kreuzfahrt fühlt. Ehe er sich versieht, ertappt er sich dabei, wie er selbst in der Konsum-Falle landet: Als er einmal auf einen Landgang verzichtet und das Luxus-Schiff "Dreamward" am Pier sieht, überkommt ihn der Neid. Was ist, wenn dieses Schiff noch mehr Annehmlichkeiten bietet?
Schrecklich amüsant und hintergründig
Trotz dieser sehr engagierten und kritischen Innensicht auf die amerikanische Gesellschaft, die ein wenig an Barbara Ehrenreichs Arbeit poor erinnert, ist Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich auch ein Buch zum Lachen. Detailgenau erzählt David Foster Wallace von seinen bisweilen skurillen Erlebnissen an Bord, angefangen mit der Einschiffung, dem Koffer-Service, dem Personal, den unzähligen Vergnügungen, der Kleiderordnung, der Technik eines Kreuzfahrtschiffes und natürlich von den Gästen. Es ist beißend-komische Satire, die nicht Halt macht vor der eigenen Person und gerade deshalb so glaubwürdig ist. (Birgit Kuhn)

»Der Hammer in diesem Herbst: Davic Foster Wallace!« (Harald Schmidt)

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.02.2016

NEUE TASCHENBÜCHER
Auf dem
Baccardi-Tümpel
Vom Ufer des Meeres eines jener engelsgleichen Gefährte vorbeigleiten und im blauweißen Dunst verschwinden zu sehen, weckt Sehnsucht. Am unschuldigen Bild haftet freilich ein leiser Todeswunsch, der spätestens dann in vorläufige Erfüllung geht, wenn der in die Fantasie ausschweifende Kreuzfahrer wirklich ein Kreuzfahrtschiff bestiegen hat, um alle Selbstverantwortung an ein Management abzugeben, das unter dem verschwiegenen Motto „Rückkehr in den Uterus“ ein Wunschprogramm exekutiert, aus dem es kein Entrinnen gibt. In der geschlossenen Welt eines jener stählernen Ungetüme, die über mehr Decks verfügen als Dantes Welt über Höllenkreise, ist nicht einmal mehr das große weiße Schiff zu sehen, auf dem man doch fährt. Der amerikanische Schriftsteller David Foster Wallace hat sich eine Kreuzfahrt durch die Karibik angetan und darüber eine meisterhafte literarische Reportage verfasst, die ganze soziologische Abhandlungen ersetzt: Darüber, warum aller Aufklärung zum Trotz Menschen sich weiterhin – und sei es auch nur spaßeshalber – in freiwillige Abhängigkeit und unter die Knechtschaft fremder Diktate begeben.  VOLKER BREIDECKER
David Foster Wallace: Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich. Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay. Kiepenheuer
& Witsch, Köln 2015.
171 Seiten, 7,99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Als "Glücksfall" feiert Richard Kämmerlings diesen zuerst 1996 im "Harper's Magazine" erschienenen Essay von David Foster Wallace. Der Autor wurde damals von der Redaktion eingeladen, an einer siebentägigen Karibik-Kreuzfahrt teilzunehmen, berichtet der Rezensent. "Entstanden ist", jubelt er begeistert, "ein Meisterstück der literarischen Reportage". Wie er ausführt, protokolliert Wallace seinen Selbstversuch mit äußerster Präzision - von der Einschiffung bis zum letzten Dinner an Bord, wobei sich sein analytischer Blick und seine überscharfe Selbstwahrnehmung auf virtuose Weise verbinden. Man erfahre alles, was man je über eine Kreuzfahrt wissen wollte (und noch viel mehr). Die genaue Abbildung des Mikrokosmos auf dem Schiff versteht Kämmerlings als Parabel auf den Western way of life. Der "Seven-Night-Caribbean"-Cruise ist für ihn eine "Höllenfahrt der Luxusklasse", deren Qual in der unendlichen Wiederholung des Vergnügens besteht. Wallace zeigt seines Erachtens die "subtilen Abhängigkeiten und Fremdsteuerungen" des Subjekts, dessen Bewusstsein im "Klammergriff von Konsum und Medien" tödlich erstarrt. Dabei erweist sich Wallace für Kämmerlings nicht als Moralist oder Griesgram, sondern als "unbestechlicher Diagnostiker menschlichen Leidensdrucks gerade unter der Fassade grenzenloser Lustbefriedigung".

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