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Sizilien: Die Insel am Rande Europas steht bis heute im Bann einer mythischen, fabelhaften Vorzeit. Fast kein Wunder also, daß sich die Sizilien-Rundreise eines scheinbar gewöhnlichen Rucksacktouristen bald in ein fantastisches Abenteuer verwandelt. Er muß entdecken, daß er, ohne es zu wissen, im Auftrag eines unbekannten Auftraggebers reist. Er soll einen Gegenstand überbringen, dessen Bedeutung er nicht kennt. Er wird zum Spielball höchst merkwürdiger Gestalten, wie etwa eines Pragers, der Uhren in einer Aktentasche spazierenträgt, und einer Dame, deren Alter in steter Fluktuation begriffen…mehr

Produktbeschreibung
Sizilien: Die Insel am Rande Europas steht bis heute im Bann einer mythischen, fabelhaften Vorzeit. Fast kein Wunder also, daß sich die Sizilien-Rundreise eines scheinbar gewöhnlichen Rucksacktouristen bald in ein fantastisches Abenteuer verwandelt. Er muß entdecken, daß er, ohne es zu wissen, im Auftrag eines unbekannten Auftraggebers reist. Er soll einen Gegenstand überbringen, dessen Bedeutung er nicht kennt. Er wird zum Spielball höchst merkwürdiger Gestalten, wie etwa eines Pragers, der Uhren in einer Aktentasche spazierenträgt, und einer Dame, deren Alter in steter Fluktuation begriffen ist. Schließlich zwingt ihn sogar noch eine Zufallsbekanntschaft, ein arroganter, schwitzender Herr namens Herbst dazu, an der eigenen Existenz zu zweifeln.
Dieser etwas andere Roman und "Reiseführer" führt durch zwei unvereinbare und doch nebeneinander existierende Welten: Durch ein Sizilien gesicherter moderner Realität einerseits, durch ein fantastisches Sizilien andererseits, ein Land, in dem Mythen und Träume nie aufgehört haben, lebendig zu sein.

Autorenporträt
Alban Nikolai Herbst, geboren 1955 in Refrath, studierte Philosophie und arbeitete als Broker. Er erhielt den Grimmelshausen-Preis, 1998 einen Jahresaufenthaltin der Deutschen Akademie Villa Massimo Rom, 1999 den Phantastik-Preis. 2007 wurde Herbst auf die Poetik-Dozentur der Universität Heidelberg berufen.
Rezensionen
"Zur spannenden LiteraTour quer durch Sizilien lädt Alban Nikolai Herbst die Leser seines Romans "Eine sizilianische Reise" - eine fesselnde Zeitreise über die Grenzen verschiedenster Genres hinweg: vom Reisebericht bis zum Krimi. Selten wird die Magie der Phantasie derart eindringlich beschworen. " Lennengauer Nachrichten

"Der Autor Herbst kennt sich aus auf der Insel und in ihren Zeitaltern, er schöpft sozusagen überall aus dem vollen." Sabine Brandt in 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'

(Im) Erzählvorgang, der immer wieder Farben, Formen, Gerüche und Geräusche in vibrierender Sensibilität einfängt, gewinnen diie historischen und mythischen Vorstellungsdimensionen Siziliens magische Anziehungskraft. (...) (Eine) Mixtur aus Sprachmagie und semantischer Artistik (...) macht dieses Sizilienbuch zu einem Lesegenuß ersten Ranges. Wilhelm Kühlmann in 'Neue Zürcher Zeitung'

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.1995

Mumie mit Nasenbluten
Reiseleitung auf sizilianisch: Unterwegs mit Alban Nikolai Herbst

Der Schriftsteller Alban Nikolai Herbst liebt es, seine Figuren im Mehrdeutigen zu bewegen und der Phantasie seiner Leser Labyrinthe zu bauen. Davon zeugen sowohl seine Kurzprosa wie auch seine Romane, unter ihnen "Die Verwirrung des Gemüts" (1983) und der Tausend-Seiten-Koloß "Wolpertinger oder das Blau" (1993). Und nun, 1995, die Neuerscheinung "Eine Sizilische Reise", die gleich im Untertitel zugibt, ein "Fantastischer Bericht", also nicht ganz von der herkömmlichen Welt zu sein.

Wie in den Vorläufern, arbeitet Herbst auch in diesem Buch mit dem Puppe-in-der-Puppe-Spiel. Das heißt hier, er erfindet für seine Geschichte einen Autor, der einen Autor erfindet, der die Personen erfindet, die alle nicht sind, was sie scheinen, und in einer Kette von Metamorphosen diverse Nachtmahre aus sich gebären. Die wabernde Ungewißheit im Ambiente der Romanfiguren nimmt sich aus, als habe Kafka - nein, nicht Pate gestanden, das nun doch nicht, aber dem Kollegen Herbst über die Schulter geschaut und ihn dabei mit der kafkaesken Aura ein wenig eingenebelt.

Und nicht nur der geniale Prager drängt sich auf, sondern auch Captain Kirk vom Raumschiff Enterprise, der uns demonstrierte, daß unsere Welt von parallelen Universen flankiert und penetriert wird und der Mensch sich, wer weiß wie, unversehens in abgelebten Säkula wiederfinden kann. Schließlich gibt es da noch ein gehöriges Maß Reisebüro-Prosa, aus der man bis ins kleinste erfährt, was sich auf Sizilien erschauen und bestaunen läßt.

Dieser ganze Erfindungsreichtum donnert auf einen namenlosen, etwa dreißigjährigen Ich-Erzähler nieder, der die Buchzeilen mit einem coolen Jargon füllt. Der Autor Herbst hat ihn ausgeschickt, Sizilien mit dem Rucksack auf dem Buckel zu erobern. Doch, so ahnen wir bald, mit der Eroberung wird es wohl nichts, der Bursche ist insgeheim für die Rolle des Opfers vorgesehen. Wessen Opfer? Hier möchte man seufzend bitten, lieber etwas Leichtes zu fragen, eine schlüssige Antwort nämlich läßt sich aus dem Roman nicht keltern.

Eigentlich sind alle hinter unserem Helden her: Zuvörderst ein Mann namens Arndt, der ihm einen rätselhaften Stein sowie eine geheimnisvolle Mission anvertraut. Der Rucksacktourist hätte seinen primären Erfinder Herbst ein bißchen studieren sollen, zumal dessen Kurzgeschichte "Arndt", dann wüßte er um die Fragwürdigkeit dieser Figur. Die freilich nicht fragwürdiger ist als etwa der biedere Tscheche, der ganz unbieder den Rätselstein grapschen will. Oder der Holländer, der beim Observieren unseres Touristen zweimal ermordet wird. Oder die üppige Isländerin, hinter der sich möglicherweise eine Inkarnation der karthagischen Göttin Tanit verbirgt. Oder die Mumie aus der Kapuzinergruft zu Palermo, die ungehörigerweise aus der Nase blutend und später in mancherlei Gegenwartsgestalt schaudern macht. Oder Alban Nikolai Herbst selbst, der gegen Ende seinem malträtierten Helden über den sizilischen Weg läuft und angesichts der Leiden, die er jenem auferlegte, zwar Bedauern, aber keine Reue spürt.

Welche Art Schindluder treiben sie alle mit dem Sizilien-Fahrer? Begreifbar wird so viel, daß ihm ein Splitter von einem Kultstein der Tanit gegeben wurde, der eigentlich nach Rom gebracht werden muß, auf daß der Feind besiegbar werde. Der alte karthagische Feind? Oder der jüngere vatikanische? Irgendein Papst nämlich, so erfahren wir, hat einst den Kultstein zerstört und mit ihm die antike mediterrane Tradition, woraufhin sich im Mittelalter aus den Steintrümmern der heilige Gral formte. Tanit wiederum, trotz allem unverwüstlich im Untergrund fortwirkend, lechzt wie eh und je nach Menschenopfern, und man muß argwöhnen, daß sie Agenten ausgesandt hat, den armen Wanderer zu fangen. Die Verfolgung beeinträchtigt dessen Stein-Mission, der er aber ohnehin nicht gerecht werden kann, weil da noch ein phönizischer Wolfsmythos waltet: Der Unglückliche, unversehens gebissen, mutiert zum Wolf und ist fortan Freund wie Feind verloren.

Was lernen wir aus alldem? Wenn wir wollen, eine Menge über Siziliens Topographie, vielschichtige Überlieferungen, Kulturdenkmäler und gegenwärtige Lebensumstände. Der Autor Herbst kennt sich aus auf der Insel und in ihren Zeitaltern, er schöpft sozusagen überall aus dem vollen. Wir würden ihm freilich bereitwilliger folgen, auch in die Bereiche des Absurden, ließe er uns irgendwo erkennen, worauf er eigentlich hinaus will. Zuweilen ist man versucht, zu vermuten, es handele sich um ein düsteres Gleichnis für menschliches Dasein nach der Vertreibung aus Eden, eine Albtraumversion irdischen Lebens. Aber dann erliegt man der Versuchung doch nicht, denn immer fehlt ein bißchen was: In die Welt hinter den Spiegeln dringt Herbst nicht, seine Geschichte ist breit, nicht tief.

Und schließlich die Sprache: Selbst wenn es wahr sein sollte, daß die Generation unseres Rucksacktouristen, die auch des Autors Generation ist, ein so schlabbriges Deutsch redet - das entschuldigt den Schriftsteller nicht, der solche sprachliche Inkompetenz zum Medium seiner Botschaft macht. Der zum Beispiel zuläßt, daß Gott Sizilien "all seiner Wälder enthäutet" hat; Sätze baut wie: "Was ich hier vor mich hinplappere, hat man soeben für den Versuch geglaubt, eine Bestellung aufzugeben." Oder, wenn der studierte Philosoph in ihm zu Worte drängt: "Brechend vor Kitsch und doch in der Balance eines ausgebildeten, mitunter dekadenten Geschmacks stehen die Gebäude wie architektonische Waben einer zur Monade mumifizierten Vollendung."

Sagen wir's mit Tucholsky: ",An einer Seite Prosa wie an einer Bildsäule arbeiten . . .', schrieb Nietzsche. So siehst du aus." SABINE BRANDT

Alban Nikolai Herbst: "Eine Sizilische Reise". Fantastischer Bericht. Axel Dielmann Verlag, Frankfurt am Main 1995. 202 S., geb., 32,- DM.

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"Der Autor Herbst kennt sich aus auf der Insel und in ihren Zeitaltern, er schöpft sozusagen überall aus dem vollen." (Sabine Brandt in "Frankfurter Allgemeine Zeitung")