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David Schah, geb. 1964 ist Übersetzer, Journalist, Ghostwriter und Leiter einer privaten Sprachschule. Im Jahre 2003 erschien sein Roman "Die Säulenhalle", der in der deutschsprachigen Popliteratur als Geheimtipp gilt. Ayn Rand (1905-1982) wurde nicht nur durch ihre philosophische Radikalität, sondern auch durch ihr exzentrisches Privatleben zur kapitalistischen Kultfigur, was Schah dazu inspirierte, ihre Biographie auch dem deutschen Publikum bekannt zu machen. Dieses Buch bietet einen anregenden Einblick in den spannenden Lebenslauf der Philosophin Ayn Rand.

Produktbeschreibung
David Schah, geb. 1964 ist Übersetzer, Journalist, Ghostwriter und Leiter einer privaten Sprachschule. Im Jahre 2003 erschien sein Roman "Die Säulenhalle", der in der deutschsprachigen Popliteratur als Geheimtipp gilt. Ayn Rand (1905-1982) wurde nicht nur durch ihre philosophische Radikalität, sondern auch durch ihr exzentrisches Privatleben zur kapitalistischen Kultfigur, was Schah dazu inspirierte, ihre Biographie auch dem deutschen Publikum bekannt zu machen. Dieses Buch bietet einen anregenden Einblick in den spannenden Lebenslauf der Philosophin Ayn Rand.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.03.2009

Kapitalismus für Kluge
Eigennutz ist eine Tugend: Leben und Werk der Ayn Rand
Freiheit und Egoismus, Sex und Briefmarken: Das Leben der Ayn Rand, geboren als Alissa Rosenbaum 1905 in St. Petersburg, gestorben 1982 in New York, kann ohne diese Zutaten nicht erzählt werden. Freiheit bedeutete ihr alles, Egoismus hielt sie für die Basis jeder friedlichen Gesellschaft, Liebhaber empfing sie gerne nackt im Pelzmantel, ihre Leidenschaft für Briefmarken war legendär. Vor allem aber gilt die Schriftstellerin und Philosophin, deren Werke in den Vereinigten Staaten ein Millionenpublikum faszinieren, als Hohepriesterin des Kapitalismus. Heute, da ein derber Antikapitalismus chic geworden ist, lässt sich bei Ayn Rand nachlesen, welch gigantische Verheißung einmal vom Prinzip des unbeschränkten Wettbewerbs ausging.
Der rührige „Lichtschlag Buchverlag” hat das antizyklische Projekt gestemmt und eine Einführung in Ayn Rands Leben und eine zweite in ihr Denken vorgelegt. Die biographische Skizze, verfasst von dem Journalist David Schah, lässt trotz ihres fragmentarischen Stils und manch allzu schlichter Formulierung die Umrisse eines Daseins entstehen, wie es für die Vereinigten Staaten nicht typischer gedacht werden kann – gerade deshalb, weil die 21-jährige Rosenbaum sich 1926 mit ihrer Ankunft in New York neu beheimatete, sich als Ayn Rand neu erfand. Zarenreich und Sowjetunion hatten ihr eine Aversion gegen Bevormundungen und einen autokratisch aufgerüsteten Staat eingeimpft. Zum Film zog es sie, er schien ihr das zeitgemäße Ausdrucksmittel künstlerischer Freiheit zu sein. Wie aber wurde aus der Requisiteurin eine, so der kalifornische Philosoph Tibor R. Machan, „einzigartig systematische zeitgenössische Philosophin”?
Kindheit und Jugend verbrachte das Mädchen, das Ayn Rand werden sollte, in St. Petersburg und auf der Krim. Schriftstellerin war ihr Berufswunsch. Mit der Schwester von Vladimir Nabokov freundete sie sich an; Dostojewski und Victor Hugo verschlang sie. Sechzehnjährig begann sie Philosophie und mittelalterliche Geschichte zu studieren. Für Operetten begeisterte sie sich ebenso wie für Spielfilme. Kaum war sie in den USA angekommen, sprach sie bei Hollywood-Tycoon Cecil B. DeMille vor, der ihr eine Stelle als Komparsin verschaffte bei der Verfilmung des Lebens Jesu, „König der Könige”. So kam es, dass die jüdische Atheistin Rand ihre beginnende Karriere indirekt dem Evangelium verdankte.
Mit 37 Jahren schloss sie ihren ersten Roman ab, dessen Verfilmung sie berühmt machen sollte: „The Fountainhead”, auf Deutsch „Der Ursprung”, als Film „Ein Mann wie Dynamit”. Am Beispiel ihres Helden, des Architekten Howard Roark, wollte Rand das Ego als „Quell des menschlichen Fortschritts” darstellen. Von der bis heute anhaltenden Popularität des ebenso genialischen wie rücksichtslosen Einzelkämpfers zeugt die Serie „Desperate Housewives”, in der ein Architekt auf diesen Namen hört. Unter der Regie King Vidors verkörperte Gary Cooper 1949 Rands idealen Heros, der laut eigener Aussage „nicht für andere da ist”.
Insofern scheint Howard Roark das Vorurteil vom kalten Kapitalisten, das Rand philosophisch widerlegen wollte, zu bestätigen. Auch der 1200-Seiten-Roman „Atlas shrugged” von 1957 läuft auf eine nicht eben kuschelige Pointe zu. In einem darbenden Amerika der Zukunft ist die Politik kollektivistisch ausgerichtet, sodass die Verwendung des Wörtchens „Ich” unter Strafe steht. Die Leistungsträger der Gesellschaft haben sich unter der Leitung des Erfinders John Galt in ein Tal in den Rocky Mountains zurückgezogen, wo sie ein ideales, ein antipolitisches, individualistisches Gemeinwesen aufbauen. Galt spricht aus, was Roark antrieb: „Ich schwöre, dass ich niemals für jemand anderen leben werde und dass ich niemals jemand anderen bitten werde, für mich zu leben.” Für Galt ist der Mensch jenes Wesen, das „nach eigenem freien Ermessen handelt” und das als einziges moralisches Gebot den Imperativ „Du sollst denken” akzeptiert.
Nicht erschöpfend, aber doch grundlegend ist damit Ayn Rands Objektivismus genannte Philosophie eingeführt. Deren Annahmen, niedergelegt etwa 1964 in „Die Tugend des Eigennutzes” oder 1967 in „Einführung in die objektivistische Epistemologie”, summieren sich zu einem ethischen Egoismus. Laut Rand kann eine Gesellschaft nur auf Prinzipien errichtet werden, die in der menschlichen Natur verankert sind. Das Ziel eines jeden Menschenlebens aber, fasst Machan zusammen, ist das eigene Glück, der „Zustand der widerspruchslosen Freude”, und Moral bezeichnet „ein System von Richtlinien, denen zur Erlangung des Glücks zu folgen ist”. Insofern argumentiert Rand, obwohl sie am freien Willen und der absoluten Gültigkeit moralischer Normen festhält, naturalistisch. Das allgemeine Telos einer guten Gesellschaft sei nur denkbar als Konsequenz eines individuellen Glücksstrebens. „Die für Individuen richtigen Dinge”, heißt es bei Machan, „sind auch die für Gesellschaften richtigen Dinge.”
Welche Haltung, welche Handlung verdienen die Prädikate „gut” und „richtig”? Ist Rands ethischer Egoismus mehr als der philosophische Zuckerguss auf dem Recht des Stärkeren? Gut sei, was das Leben eines Organismus voranbringe, böse, was es bedrohe – so Rand. In ihrem Tagebuch schrieb sie das Axiom nieder, „der Mensch existiert und muss als Mensch überleben.” Nur das Leben sei ein Selbstzweck, und dieses je individuelle Leben werde gut gelebt, wenn das Individuum eine „denkende, überlegende, aufmerksame Person” sei.
Damit auf dieser intellektualistischen Basis keine rohen, gewalttätigen, destruktiven Gedanken gedeihen, bedarf es eines regulierenden Systems. An dieser Stelle kommt der Kapitalismus ins Spiel, wie Rand ihn sah. Er und nur er – und zwar in seiner entriegelten Laissez-Faire-Variante – stellt die normativen Elemente bereit. Einerseits verbannt er durch das Prinzip des freiwilligen Waren- und Geldverkehrs die Gewalt aus den menschlichen Beziehungen und ermöglicht so die „vollständige Verantwortung für die eigenen moralischen Leistungen und Fehler”. Außerdem belohnt er die „vorausschauende Klugheit” und ein nachhaltiges Denken. Auf diese Weise erfordert der Kapitalismus ein moralisches Leben. Nur in einer absolut freien Marktwirtschaft können Menschen einander mit „grundlegendem Vertrauen” begegnen. Dem Staat, an dem Rand festhält, bleibt einzig die Aufgabe, sein Gewaltmonopol auszuüben, Straftaten zu ahnden und das Eigentum zu schützen.
Die Erfolgsautorin mit einer Gesamtauflage von weit über 20 Millionen machte es schon ihren Anhängern der ersten Stunde, darunter Alan Greenspan, nicht leicht. Sie schied die Welt in die Klugen und die Törichten, wurde unduldsam. Um sie bildete sich in den sechziger Jahren, so der Verlagsgründer André Lichtschlag, „eine Politsekte mit skurrilen Zügen”. Heute noch gibt es das „Ayn Rand Institute” und, konkurrierend, „The Atlas Society”. Einige Anhänger, berichtet Schah, ahmen die „erotischen Praktiken von Rand und ihren Romanfiguren nach, beispielsweise ungestümen Sex zwischen einem glattrasierten Idealmann sowie einer pagenköpfigen Frau im Pelzmantel, währenddessen Bach und Ragtime-Lieder laufen sollten und man sich anschließend bei einer Zigarette über das Briefmarkenalbum hermacht.”
Rands Vertrauen in die moralischen Kräfte des Marktes wirkt heute unzeitgemäß. Auch die blinden Flecke ihres allzu pragmatischen Objektivismus liegen offen zutage: Wenn die Fähigkeit zum Erkennen und rationalen Durchdringen der unabhängig von ihrer Wahrnehmung objektiv gegebenen Welt den Menschen ausmacht, wenn die „Ethik des menschlichen Gedeihens” gekoppelt ist an ein stets zu verbesserndes Denkvermögen und nur so Tugenden praktisch werden – dann haben die geistig Eingeschränkten und unverschuldet Bildungsfernen, die Leidenden und die Verfinsterten in dieser Gesellschaftslehre keinen Platz. Sehr zu Recht schreibt Machan: Nächstenliebe ist hier kein Imperativ.
Andererseits ist die Radikalität, mit der Ayn Rand die Saga vom „Vater Staat” entsorgt, nicht nur aus archäologischem Interesse lesenswert. Man sieht hier das fidele Herz eines optimistischen Kapitalismus schlagen, den es so nie gab und der trotz seines antiutopistischen Anspruchs selbst utopisch ist. Man steht staunend, zungenschnalzend und ein wenig beklommen vor den Explosionen der Leidenschaft, die eine kühle, aber nicht menschenfeindliche Philosophie freisetzte. Und man ahnt, dass ein verantworteter Kapitalismus ein Kompliment an den Menschen wäre: Alles wird ihm zugetraut. ALEXANDER KISSLER
DAVID SCHAH: Ayn Rand – Ihr Leben. Lichtschlag Buchverlag, Grevenbroich 2008. 174 Seiten, 19,90 Euro.
TIBOR R. MACHAN: Ayn Rand – Ihr Werk. Aus dem Englischen von Robert Grözinger. Lichtschlag Buchverlag, Grevenbroich 2008. 340 Seiten, 24,90 Euro.
Es gibt nur ein Gebot: Du sollst denken!
Hier schlägt das fidele Herz einer antiutopischen Utopie
Ayn Rand, 1947 vor dem Ausschuss für unamerikanische Aktivitäten. Foto: AP
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erfreut zeigt sich Alexander Kissler über David Schahs Biografie der amerikanischen Philosophin und Schriftstellerin Ayn Rand, zumal die 1905 in  Petersburg geborene und 1982 in New York verstorbene Autorin hierzulande nahezu unbekannt ist. Zwar bescheinigt er dem Buch einen etwas "fragmentarischen Stil" und manch "schlichte Formulierung". Aber gleichwohl gelingt es dem Autor seines Erachtens, das Leben Rands verständlich zu machen, es als ein Dasein zu schildern wie es für die Vereinigten Staaten typischer nicht hatte sein können. Und so folgt Kissler gespannt der Karriere Rands, deren Romane und philosophischen Werke in den USA ein Millionenpublikum faszinieren, vielleicht auch, weil sie eine Lobpreisung von Freiheit, Egoismus, Sex und Kapitalismus darstellen.

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