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Das gab es noch nie: Ein ehemaliger Senderchef erklärt, wie Fernsehen funktioniert. Ein faszinierender Einblick in die Welt von Topstars, TV-Bossen, Medienverflechtungen und Werbemillionen. Drei Jahre war er Chef von Sat.1, führte den "Bällchensender" über einen radikalen Imagewechsel ("Sat.1 zeigt's allen") zum wirtschaftlich größten Erfolg der Sendergeschichte. Unterhaltsam und durchaus selbstkritisch schildert Roger Schawinski den spannenden Alltag eines Senderchefs und spart nicht mit interessanten Details: Wie wird ein erfolgreiches Fernsehprogramm gemacht? Wirkt sich der Kampf um die…mehr

Produktbeschreibung
Das gab es noch nie: Ein ehemaliger Senderchef erklärt, wie Fernsehen funktioniert. Ein faszinierender Einblick in die Welt von Topstars, TV-Bossen, Medienverflechtungen und Werbemillionen.
Drei Jahre war er Chef von Sat.1, führte den "Bällchensender" über einen radikalen Imagewechsel ("Sat.1 zeigt's allen") zum wirtschaftlich größten Erfolg der Sendergeschichte. Unterhaltsam und durchaus selbstkritisch schildert Roger Schawinski den spannenden Alltag eines Senderchefs und spart nicht mit interessanten Details: Wie wird ein erfolgreiches Fernsehprogramm gemacht? Wirkt sich der Kampf um die Quote auf die Qualität aus? Was wissen die Macher über die Zuschauer? Wie kam das Sendeformat der Telenovela nach Deutschland? Wer entschied, welcher Mann Lisa Plenske in der letzten Folge von "Verliebt in Berlin" an den Traualtar führen durfte?

Nicht zuletzt kommt der erfolgreiche Medienpionier auf die Verbindungen zwischen Politik, Produktionsgesellschaften, Printmedien und Fernsehen zu sprechen und regt dazu an, Fernsehkultur und rechtliche Rahmenbedingungen für das einflussreichste Mediums der Gegenwart neu zu diskutieren
Autorenporträt
Roger Schawinski ist Journalist und Medienunternehmer. 1979 revolutionierte er die Schweizer Medienlandschaft, indem er den ersten Privatsender ins Leben rief, der vom italienischen Tessin aus seine Sendung in die Schweiz aufnahm. Später gründete er den ersten Schweizer Fernseh-Regionalsender und baute ein kleines Imperium auf, ds er im jahr 2001 verkaufte. Er ist bekannt für seine abendliche Talkshow mit prominenten Gästen und seine offenen und streitbaren Aussagen zu wichtigen Themen in der Medienszene.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.08.2007

Die Zicken der Neldel und andere Sorgen
Der ehemalige Sat.1-Chef Roger Schawinski plaudert in einem Buch Betriebsgeheimnisse des Privatfernsehens aus

Die Liste der Getroffenen ist, wenn man das Buch gelesen hat, noch länger, als man sich beim ersten Aufschlagen denkt: Alexandra Neldel, Ottfried Fischer, Anke Engelke, Guillaume de Posch, Stefan Aust, Alexander Kluge, Kurt Beck, der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Mann und Maus, diverse Produzenten und Regisseure, Haim Saban, Harald Schmidt. Sie alle spielen kleine und große Rollen in dem Buch "Die TV-Falle. Vom Sendungsbewusstsein zum Fernsehgeschäft", das der ehemalige Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski geschrieben hat. Schawinski plaudert aus, was man im Medienbetrieb sonst gerne unter der Decke hält.

Er erzählt vom beschwerlichen Leben eines Geschäftsführers, der die Quoten retten, die Rendite steigern, die Konkurrenten bekämpfen und seine Stars bei Laune halten muss. Die nette Alexandra Neldel zum Beispiel erkannte irgendwann, dass sie in der Rolle des Aschenputtels Lisa in der Telenovela "Verliebt in Berlin" zwar bis zum bittersüßen Ende eine Menge Linsen lesen muss, nicht aber im wirklichen Leben. "Sie hatte begriffen, dass sie nun die Macht besaß, und niemand sonst. Durch harte Arbeit und großartige Leistungen war sie an einem Punkt angelangt, wo sie sich wie eine Diva benehmen konnte." Und was wollte die Diva? Sie wollte dem Sender vorschreiben, wen ihre Lisa am Ende heiraten sollte. Nicht den schnöseligen David, sondern seinen Rivalen Rokko, und das wohl, wie Schawinski schreibt, weil es zwischen ihr und dem Schauspielerkollegen Mathis Künzler am Dreh nicht gerade funkte. Was tun? Der Geschäftsführer kam auf eine salomonische Lösung: Die Marktforschung sollte entscheiden, beziehungsweise die Zuschauer: Wen sie kurz vor Schluss als Lisas Traummann wünschten, der sollte es sein. Und so kam es, dass Alexandra Neldels persönlicher Favorit Rokko doch das Nachsehen hatte.

Ein wenig später galt es für Schawinski noch anderes zu ergründen - als Alexandra Neldel in der ARD bei "Beckmann" sagte, für kein Geld der Welt wolle sie bei der Verlängerung von "Verliebt in Berlin" mitmachen. Nach ein paar Tagen wusste Schawinski, was zu tun sei: "Ich musste herausfinden, wie viel Geld ,kein Geld der Welt' im Falle von Alexandra Neldel sein würde." Er fand es heraus.

Bei Ottfried Fischer und dessen Frau Renate gestaltete sich das, was Schawinski als eine der "Kernaufgaben" eines Senderchefs schildert - die Pflege der "Sendergesichter" -, nicht ganz so einfach. Um den Rosenkrieg zu schlichten, der sich um die Fortsetzung des "Bullen von Tölz" entspann, musste Schawinski, wie er schreibt, selbst dann nach München fahren und bei einer Bier-Sause auf den Bänken tanzen, als er tags zuvor am Knie operiert worden war. Und bei Anke Engelke ging für den quirligen Schweizer genauso wenig wie bei Harald Schmidt: Als ihr "Ladyland" krachend scheiterte, endete es in Wut und Tränen.

Mit Anekdoten und Geschichten, die manchen Bildschirmstar entzaubern, beginnt Schawinskis Buch. Doch erst dann wartet er mit dem wirklich harten Stoff auf. Er verrät, was eine Stunde Realityshow kostet (100 000 Euro). Sitcoms schlagen mit 200 000 Euro pro Stunde zu Buche, deutsche Serien mit 600 000, zweistündige Filme mit 1,5 bis 2 Millionen, Richter- und Talkshows sind mit 40 000 bis 50 000 Euro echte Billigheimer. Und Schawinski gibt preis, wie man als Geschäftsführer vollbringt, was die Eigentümer - zumal die Finanzinvestoren, ob sie nun Saban oder Permira heißen - erwarten: Kosten drücken. Das geht so: Eine deutsche Serie für die Prime Time kostet in der Produktion rund 600 000 Euro pro Folge, bestellt man davon die üblichen dreizehn, kommt man auf 7,8 Millionen Euro. Und hat das Risiko, dass es ein Flop ist. Kauft man hingegen eine amerikanische Serie ein, die in den Vereinigten Staaten schon ein Renner ist, geht man auf Nummer sicher und spart obendrein - bei Kosten von 100 000 Euro plus 20 000 für die Synchronisation. Am Ende aber führt eine solche Rechnerei zum Tod des Mediums oder zum Sieg des, wie Schawinski es nennt, "Controller-Fernsehens" - es rechnet sich, ist aber öde, öde, öde.

Und es ist das Gegenteil dessen, was sich der bis dato nur Insidern bekannte Schweizer Fernsehmanager Schawinski vorgenommen hatte, als er Ende 2003 als Geschäftsführer von Sat.1 in Berlin landete. Sein Job begann mit einem Eklat: Harald Schmidt hatte den Verlängerungsvertrag für seine Show doch nicht unterschrieben - angeblich aus Solidarität mit dem geschassten Geschäftsführer und persönlichen Freund Martin Hoffmann - und zog in seinen letzten Shows fröhlich über den Neuen her. Der saß in einem Berliner Hotelzimmer und mochte nicht fassen, dass er von Beginn an als Hassfigur gelten sollte. Dabei hatte Schmidt, wie Schawinski schreibt, einfach die Nase voll und erkannt, dass dies die beste Gelegenheit für den Ausstieg wäre. Später, viel später habe ihm der Entertainer gesagt: Du hast es halt abbekommen.

Solches zu lesen ist für viele lehrreich, Medienjournalisten inklusive, zeigt Schawinski doch, welche Rolle die Presse bei derlei Geschichten spielt und wie sie sich an der Nase herumführen lässt. Schawinski beschreibt es ohne Larmoyanz, seine eigenen Fehler werden offenbar, wenngleich er von diesen immer im Pluralis Majestatis schreibt: Wir haben dieses und jenes unterschätzt, hier lagen wir falsch, da hatten wir Erfolg.

Regelrecht in Rage schreibt er sich, wenn es um die Öffentlich-Rechtlichen geht. Bei ARD und ZDF gehen ihm die Selbstgefälligkeit und das Geldgehuber auf die Nerven. Sarkastisch notiert er, wie Sat.1 für 750 000 Euro zwei Fußballspiele kaufte, sich im Vertrag aber eine merkwürdige Klausel befand, die dem Anbieter gegen eine Zahlung von 250 000 Euro den Rückkauf der Rechte ermöglichte. Sie wurde fällig, weil die Firma die Rechte dann doch lieber an die ARD verkaufte - für 1,5 Millionen Euro (die Strafzahlung an Sat.1 einbegriffen). Noch mehr ärgert sich Schawinski über die Programme sogenannter Drittanbieter, zu deren Ausstrahlung die Landesmedienanstalten die Privatsender verpflichten. Kein Wunder: Die Quotenkiller wie Alexander Kluges "News & Stories" oder Stefan Austs "Spiegel-TV" nämlich muss der Sender nicht nur widerwillig senden, sondern auch noch selbst bezahlen - enorm überteuert, wie Schawinski meint.

Neben den Abrechnungen und den Erklärungen des subtilen Kriegs im Programm, den Kniffen, mit denen man selbst gut dasteht oder Konkurrenten den Audience Flow versaut, hat Schawinski einen Blick für die tektonischen Verschiebungen im Fernsehen: für die Machtübernahme durch Finanzinvestoren, für die technische Revolution durch Festplattendecoder und das Internet, das die Werbefinanzierung torpediert, und für das Programm. Dort ist es die "CSIisierung" - die Vorherrschaft aufwendig produzierter amerikanischer Serien, die Schawinski auch auf die Defekte der hiesigen Produktionsverhältnisse zurückführt: Die Amerikaner produzieren hochwertiger, schneller und besser. So hochwertig, schnell und gut, dass die Zuschauer auf die deutschen Serien, die in der Entwicklung viel zu lange dauern und oft am Geschmack des Publikums vorbeizielen, allergisch reagieren. Von diesem Effekt und seinen hausgemachten Ursachen aber, meint Schawinski, wollten deutsche Produzenten und Regisseure, denen Kunst vor Quote geht, nichts hören. Dass sie mit dem Problem von den Sendern alleingelassen werden, schreibt Schawinski allerdings nicht.

Dafür benennt er die Verhältnisse bei ProSiebenSat.1. Ohne Umschweife bekennt er, dass er drei Anläufe machte, um Sat.1-Chef zu werden - der damalige Sendergruppenchef Urs Rohner wollte seinen Protegé schon früher holen, zweimal stand er ante portas, wurde aber zurückgepfiffen.

Und dann, zum Schluss, das Kapitel "Haim": Haim Saban, der amerikanisch-israelische Medieninvestor, von dem man dachte, dass er mit Schawinski ganz eng sei. Saban kommt nicht gut weg, wird er doch als jemand geschildert, dem das Programm null, das Geld aber alles bedeutet. Er schaute kein Fernsehen, "es war unmöglich, mit ihm inhaltliche Diskussionen zu führen", bei Präsentationen "langweilt er sich innerhalb von Minuten": "Die direkte Konfrontation mit dem Gegenstand der Begierde weckte bei ihm beinahe körperlich spürbare Abwehrreflexe." Und zum Abschied gab es kein Farewell, keine Zeremonie, sondern Geld für die Renditehasen: 23 Millionen Euro fürs Management. Davon, behauptet Schawinski, seien 95 Prozent an vier Personen gegangen - den Vorstand der Gruppe, die Hälfte wiederum an den Vorstandsboss Guillaume de Posch. Und für alle anderen 2996 Mitarbeiter Peanuts: 1,2 Millionen Euro im Ganzen, pro Person 400 Euro.

Dies, schreibt Schawinski in seinem spannenden Buch, in dem er sich in der Kunst übt, viele zu kritisieren, die er zugleich ob ihrer persönlichen Züge im Zuckerbrot-und-Peitsche-Stil lobt, verbittert, sei wohl Sabans "Verständnis von Großzügigkeit. Und von Fairness."

MICHAEL HANFELD

"Die TV-Falle. Vom Sendungsbewusstsein zum Fernsehgeschäft". Kein-&-Aber-Verlag. 192 Seiten, 16,90 Euro

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