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GEORGE ORWELLS REPORTAGEN AUS DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH 1945
Zwischen März und November 1945 folgte George Orwell als Kriegsberichterstatter den alliierten Streitkräften durch Deutschland und Österreich. Seine Reportagen schildern frei von Triumph oder Hass, welche Zerstörung der Krieg über Städte, Länder und Menschen gebracht hat. Hier erscheinen sie erstmals geschlossen in deutscher Übersetzung.
George Orwell in den Ruinen von Hitler-Deutschland Erstmals auf Deutsch in einem Band Beobachtungen aus nächster Nähe und weitsichtige Reflexionen Vom Autor des Bestsellers "1984" Mit einem Nachwort von Volker Ullrich
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Produktbeschreibung
GEORGE ORWELLS REPORTAGEN AUS DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH 1945

Zwischen März und November 1945 folgte George Orwell als Kriegsberichterstatter den alliierten Streitkräften durch Deutschland und Österreich. Seine Reportagen schildern frei von Triumph oder Hass, welche Zerstörung der Krieg über Städte, Länder und Menschen gebracht hat. Hier erscheinen sie erstmals geschlossen in deutscher Übersetzung.

George Orwell in den Ruinen von Hitler-Deutschland Erstmals auf Deutsch in einem Band Beobachtungen aus nächster Nähe und weitsichtige Reflexionen Vom Autor des Bestsellers "1984" Mit einem Nachwort von Volker Ullrich
Autorenporträt
George Orwell (1903 - 1950), geboren als Eric Arthur Blair, war ein britischer Schriftsteller, Essayist und Journalist. In Indien geboren, kam er als Kind nach England, lebte später eine Zeit lang in Myanmar und Frankreich und kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg. Heute ist er besonders für seine Dystopien "Farm der Tiere" und "1984" bekannt. Volker Ullrich ist Historiker und leitete von 1990 bis 2009 das Ressort "Politisches Buch" der Wochenzeitung Die ZEIT.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Heute, in einem Moment neuer ideologisierter Debatten, würde man sich einen teilnehmenden Beobachter wie George Orwell wieder wünschen, schreibt Rezensentin Juliane Liebert in ihrer sehr beeindruckten Kritik über Orwells Reportagen. Sie lobt vor allem seinen klaren, losgelösten Blick, etwa auf eine Szene, wo ein junger Jude direkt nach dem Krieg an einem SS-Offizier Rache nimmt, indem er ihm gegen den verletzten Fußknöchel tritt. Die Reflexionen über die unmögliche Rache, die wahrscheinlich auch dem jungen Juden keine Genugtuung brachte, leuchten der Rezensentin ein, obwohl sie Orwells Schlussfolgerungen nicht in jedem Punkt nachvollzieht. Eine erstaunliche Tatsache an dem Band liegt für sie übrigens darin, dass die Judenvernichtung bis auf diese kleine Nachkriegsepisode in Orwells Reportagen überhaupt keine Rolle spielt. Hier hätte sich die Rezensentin ein instruktiveres Nachwort gewünscht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.12.2021

Rache ist eine Fantasie der Machtlosen
George Orwell reiste als Kriegsreporter 1945 durch das besiegte Deutschland.
Seine Beobachtungen sind erstaunlich weitsichtig
Der Band „Reisen durch Ruinen“ sammelt Orwells Reportagen von März bis November 1945. Er war als Kriegsberichterstatter der Alliierten in Deutschland und dokumentierte die Niederlage der Nationalsozialisten aus größter Nähe. Zudem finden sich in dem bei Beck erschienenen Band drei seiner Artikel zu Deutschland von 1940, 1943 und 1945.
Diese Texte sind auch heute noch hochspannend, beschreiben sie doch vorurteilslos und hellsichtlich die Lage am Ende des zweiten Weltkriegs.
Viele von George Orwells Prognosen haben sich als zutreffend erwiesen — etwa, dass Sowjetunion und USA die Weltpolitik als Großmächte dominieren werden. Schon 1940 erkennt er in seiner Rezension von „Mein Kampf“, dass man Hitler beim Wort nehmen muss und er Krieg gegen Russland führen wird. Außerdem arbeitet er, Thomas Mann rezipierend, eindrücklich heraus, was die Nazis so anziehend machte: Das totale Commitment, der ewige Urlaub vom Ich, für den man auch zur Selbstzerstörung bereit ist.
Heute übt der Islamismus auf manche junge Leute eine ähnliche Faszination aus. Eine weitere sehr treffende Bemerkung macht George Orwell, die man auch heute manchen Progressiven ins Stammbuch schreiben möchte: „Ein Sozialist, der seine Kinder mit Zinnsoldaten erwischt, ist meistens empört, aber er ist auch unfähig, sich einen Ersatz für das Spielzeug auszudenken: Zinnpazifisten funktionieren irgendwie nicht.“
In „Rache ist sauer“ beschreibt er eine Begegnung mit einem jungen jüdischen Offizier. Der „junge Jude“ führte Orwell Anfang 1945 durch einen Hangar voller inhaftierter SS-Offiziere. Einen der Gefangenen tritt er gegen den bereits „deformierten“, „scheußlich geschwollenen“ Knöchel. Beschimpft ihn als Schwein: „Ich fragte mich, ob der junge Jude eigentlich wirkliche Befriedigung aus der Tatsache zog, dass er hier Macht genoss,“ schreibt George Orwell. „Ich kam zu dem Ergebnis, dass er sie nicht wirklich genoss, sondern sich nur – wie ein Freier in einem Bordell, ein Junge mit seiner ersten Zigarre oder ein Tourist in einer Gemäldegalerie – einzureden versuchte, dass er die Situation genoss, und sich so benahm, wie er sich das vorgenommen hatte, als er noch hilflos war.“
Er fährt fort: „Es ist absurd, einem deutschen oder österreichischen Juden Vorwürfe zu machen, wenn er es den Nazis heimzahlen will. Nur der Himmel weiß, was der junge Mann für Rechnungen zu begleichen hatte. Wahrscheinlich war seine ganze Familie ausgelöscht worden. Und selbst wenn sein Fußtritt bloße Willkür war, blieb er gemessen an den Verbrechen des Hitler-Regimes eine Kleinigkeit. Aber was diese Szene und manches andere, was ich in Deutschland gesehen habe, mir klarmachte, war die Tatsache, dass die ganze Vorstellung von Rache und Bestrafung nur ein kindischer Tagtraum ist. Genau genommen gibt es gar keine Rache. Rache ist etwas, das man sich vorstellt, solange man ohnmächtig ist und weil man ohnmächtig ist. Sobald das Gefühl der Ohnmacht vorbei ist, verschwindet auch dieser Wunsch.“
Es ist eine der interessantesten Beobachtungen des Bandes – ob seine Schlüsse stimmen, hängt wohl stark von der Disposition des Opfers ab. Wer im Grunde ein friedliebender Mensch ist, wird in dem Moment, in dem er über die totale Macht zur Rache verfügt, keine Befriedigung mehr daraus ziehen können. Wer seinerseits ein kriegerisches Weltverständnis hat, möglicherweise schon.
Richtig lag George Orwell indes mit seiner Einschätzung, dass der Rachegedanke auch auf nationaler Ebene nicht funktioniert. Ein deindustrialisiertes, maximal geschwächtes Deutschland, wie es teilweise aus den Reihen der Alliierten – vor allem in Frankreich – gefordert wurde, wäre kein zukunftsfähiges Modell für Europa gewesen.
Weil er in der Serie von Artikeln für den Observer die letzten Kriegstage begleitet, kommt es zu Redundanzen, die manchmal etwas ermüden, wenn man die Texte in Buchform am Stück liest – wofür sie ja ursprünglich nicht gedacht waren. Etwa seine Ausführungen zu den sogenannten „displaced persons“, also den Millionen ehemaligen Zwangsarbeitern, die zu der Zeit durch Europa irrten.
Er erwähnt übrigens in diesem Zusammenhang nie die KZ-Häftlinge. Wie überhaupt die Vernichtung der europäischen Juden, abgesehen von der Rache-Passage, ausgespart bleibt. Das Nachwort erzählt dann ein bisschen zuviel nach, was vorher schon in den Artikeln stand. Da hätte man sich mehr Verdichtung, Hintergrundinformation und Reflexion gewünscht. Aber eine lohnende Lektüre sind Orwells Berichte vom Kriegsende vor allem deshalb, weil aus ihnen unverkennbar ein Ideologieskeptiker spricht.
George Orwell hatte sich nach seinen Erfahrungen im spanischen Bürgerkrieg von der kommunistischen Orthodoxie losgesagt, in der Endphase des Zweiten Weltkriegs erlebte er nun die Verheerungen des faschistischen Totalitarismus. Hier schreibt jemand, der unverkennbar noch mit bestimmten sozialistischen Ideen sympathisiert und an den Wert des individuellen Lebens glaubt, aber erstere missbraucht und letzteren millionenfach verachtet gefunden hat.
„Animal Farm“, damals schon fertiggestellt, aber noch unpubliziert, hat ihm ja gelegentlich den Ruf des Kommunistenhassers eingetragen. Aber wenn man seine Artikel für den Observer liest, hat man nicht den Eindruck, einem Renegaten zu begegnen, der auf dem rechten Auge blind ist. Sein Tonfall ist viel mehr illusionslos, ohne Hass, aber nicht ohne Mitgefühl. Erst aus dieser Perspektive konnte ein Roman wie „1984“ entstehen.
Die im vorliegenden Band versammelten Reportagen und Essays legen nahe, dass die Erfahrungen als Kriegskorrespondent prägend dafür waren. Heute, umgeben von den ideologischen Schlachten des einundzwanzigsten Jahrhunderts, wünscht man sich manchmal mehr teilnehmende Beobachter wie George Orwell.
JULIANE LIEBERT
Aus dem Autor spricht
ganz unverkennbar
ein Ideologieskeptiker
Zinnpazifisten funktionieren nicht: die Münchner Schellingstraße nach der Befreiung durch die US Army.
Foto: SZ Photo
George Orwell: Reise durch Ruinen. Reportagen durch Deutschland und Österreich 1945.
Mit einem Nachwort von Volker Ullrich. Aus dem Englischen übersetzt von Lutz-W. Wolff. C. H. Beck-Verlag, München 2021. 111 Seiten, 16 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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"eine lohnende Lektüre sind Orwells Berichte vom Kriegsende vor allem deshalb, weil aus ihnen unverkennbar ein Ideologieskeptiker spricht (...) Heute, umgeben von den ideologischen Schlachten des einundzwanzigsten Jahrhunderts, wünscht man sich manchmal mehr teilnehmende Beobachter wie George Orwell." SZ, Juliane Liebert
"immer wieder finden wir Orwell an den Frontschauplätzen sozialer Missstände oder politischer Kämpfe." NZZ, Renate Wiggershaus
"Die kurzen, sachlichen Reportagen (...) lassen das erzählerische Talent des Autors auch in diesem kurzen Genre aufscheinen."
WELT am Sonntag, Dirk Schümer

"Wirkt nach 75 Jahren noch erstaunlich aktuell, in einer Zeit, als das Konzept des Nationalstaats offenbar neue Anhänger findet."
Tagesspiegel

"Orwell beobachtete nicht nur, er dachte auch über die Zukunft nach." KURIER, Peter Pisa

"Es lohnt sich, die Texte von George Orwell zu lesen!"
Deutschlandfunk Büchermarkt, Henry Bernhard

"Der Ruhm des Romanciers George Orwell ist bis heute nicht verblasst. (...) Dystopien haben von ihrer Aktualität nichts eingebüßt."
SZ Newsletter Prantls Blick, Heribert Prantl

"Das schriftstellerische Feingefühl Orwells zeigt sich am meisten in der Reportage."
Frankfurter Neue Presse, Dieter Sattler

"Diese Chance, sich ein Bild zu machen anhand der erstmals geschlossen in deutscher Übersetzung vorliegenden Reportagen, bietet der schöne Band aus der textura-Reihe des BECK-Verlags. (...) Das Nachwort von Volker Ullrich liefert wichtige Informationen zu dem sehr lesenswerten Band über eine schicksalhafte Zäsur der Weltgeschichte."
Bayern2, Heinz Gorr

"Nun veröffentlichte C.H. Beck seine Reportagen allesamt in einem kleinen Bändchen. Ullrichs feines Vorwort führt uns sanft in die Reportgaben und gibt allen Uneingeweihten ein wenig Rüstzeug mit." kulturexpresso, Frank Willmann

"ein brillantes zeitgeschichtliches Zeugnis"
Aachner Zeitung, Dirk Lengerdorf
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