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Klaus Kreiser hat unter einer Vielzahl von Texten solche ausgewählt, die sich durch ihre literarische Qualität und einen besonders präzisen Bezug auf die Stadt und ihre Menschen von der türkischen Eroberung im Jahre 1453 bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts auszeichnen. Neben der Beschreibung von Monumenten und herausragenden Bauwerken stehen Texte, die vom städtischen Alltag und Wirtschaftsleben erzählen. Insbesondere finden die Orte Erwähnung, die für das Leben der Bewohner eine wichtige Rolle spielen: Bäder, Küchen, Derwischkonvente, Mausoleen und Friedhöfe. Auch Kurioses und Frivoles wird…mehr

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Produktbeschreibung
Klaus Kreiser hat unter einer Vielzahl von Texten solche ausgewählt, die sich durch ihre literarische Qualität und einen besonders präzisen Bezug auf die Stadt und ihre Menschen von der türkischen Eroberung im Jahre 1453 bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts auszeichnen.
Neben der Beschreibung von Monumenten und herausragenden Bauwerken stehen Texte, die vom städtischen Alltag und Wirtschaftsleben erzählen. Insbesondere finden die Orte Erwähnung, die für das Leben der Bewohner eine wichtige Rolle spielen: Bäder, Küchen, Derwischkonvente, Mausoleen und Friedhöfe. Auch Kurioses und Frivoles wird nicht ausgespart.
Der Autor hat vor allem türkische Quellen herangezogen und zum Teil erstmals für dieses Buch übersetzt, interpretiert und mit Zusatzinformationen versehen, so daß dem Leser nicht nur eine unterhaltsame Lektüre, sondern ein informativer Reisebegleiter durch die Kulturgeschichte der Metropole am Bosporus geboten wird.
Autorenporträt
Klaus Kreiser, geb. 1945, ist Professor em. für Turkologie an der Universität Bamberg. Er war mehrere Jahre als Referent für Osmanistik in der Abteilung Istanbul des Deutschen Archäologischen Instituts beschäftigt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.12.2009

Taksim heißt Teilung
Klaus Kreiser öffnet die Siegel zu den versunkenen Welten Istanbuls
So sehr verehrt der Dichter seine Stadt, dass er sie zur Person macht. „Ich, die Stadt Istanbul”, schreibt Nazim Hikmet und lässt die Geliebte stöhnen: „Habe die Mobilmachung erlebt: Kaukasus, Galizien, Dardanellen, Palästina, den Schwarzhandel, waggonweise, Typhus, spanische Grippe...” Istanbul, die tausendfach besungene Metropole am Bosporus, was lässt sich noch über die Polis, die Stadt der Städte, sagen, das nicht von Dichtern längst formuliert oder in Reisebüchern zu finden ist? Der Turkologe Klaus Kreiser macht es wie Hikmet, er lässt die Stadt sprechen, vielstimmig, nüchtern, anmutig und kapriziös.
Kreiser hat tief in osmanischen Quellen gegraben, die üblicherweise nicht zur Stoffsammlung von Ratgebern gehören, schon weil die Verfasser gewöhnlicher Reiselektüre kaum das osmanische Alphabet so leichthin beherrschen dürften wie der emeritierte Bamberger Professor. Auch in der Türkei kann seit Atatürks Schriftreform im Jahr 1928 kaum mehr jemand die alten Texte lesen. Kreiser hat aber auch nicht alles neu übertragen, dafür fehlte ihm, wie er zugibt, die „Derwischgeduld”. Zudem wollte er die Fleißarbeiten deutschsprachiger Osmanisten-Generationen der Vergessenheit entreißen. Wohltuend wirkt, dass es Kreiser mehr auf Lesbarkeit als auf wortgetreue Wiedergabe ankommt. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich ohnehin nicht um Schrifterzeugnisse von hoher literarischer Qualität, sondern häufig um Amtliches oder Anekdotisches, aber meist Aufschlussreiches aus dem Alltag der Stadt in der Zeit vom 15. bis zum 20. Jahrhundert.
Zur historischen Wasserversorgung zum Beispiel: Wie soll man die Riesenstadt tränken, mit ihren vielen Bädern und Brunnen, Parks und Palästen? Nicht zu vergessen den Moscheen, schließlich gibt es dort kein Gebet ohne rituelle Waschung. Die Verteilung folgte einem ausgeklügelten System, für Durchflussmengen gab es feste Größen, und die „regelmäßige” oder „gnädige Abgabe” an die Kunden wurde schriftlich festgehalten. Taksim (wörtlich: Teilung) war einst der Ort des großen Wasserverteilers. Heute ist der Taksim-Platz Istanbuls Nabel, die unangefochtene Mitte, wo die Menschenströme zusammenfließen, um sich wieder zu ergießen in Bars und Restaurants, sowie in Bahnen und Busse, die hier so zahlreich entspringen, als gäbe es eine ewig sprudelnde unterirdische Quelle für allerart Transportvehikel.
Wer sich wundert, wie versessen die Stadt heutzutage auf das Amüsement ist, der kann sich aus historischen Quellen belehren lassen, dass dies keinesfalls eine Novität ist. „Montag: Mittagessen im Basar, Einnehmen einer Süßspeise (muhallebi); Wasserpfeife in Direklerarasi; abends Besuch von Nachbarn; Aufführung eines Märchenerzählers (meddah). Dienstag: Mittagessen bei Yani; Raki in Sirkeci”. Und so geht es weiter, die ganze Woche hindurch, wobei der Sonntag im traditionellen Schattentheater ausklingt: „Und abends Karagöz”. Das Notizbuch eines gewissen Said Bey, eines Beamten aus dem Außenministerium, verrät, wie es in bourgeoisen Kreisen zu Anfang des 20. Jahrhunderts zuging.
Hennafarbene Lämmlein
Über das richtige Quantum Raki, das gute Laune, aber eben keinen Rausch erzeugt, wurden tiefschürfende Abhandlungen verfasst. Ihre Maßeinheit nannten die ausgewiesenen Raki-Freunde „Gida”, was so viel wie „Nahrung” heißt; die Bayern nennen das Bier ja auch gern ein Lebensmittel. Besonderes Vergnügen versprachen bestimmte Bäder, wo in Seitenräumen „hennafarbene Lämmlein” warteten. Gemeint waren käufliche Knaben. Auffällig oft tragen die „Hyazinthenlockigen” griechische Namen, wie Yorgaki und Pandeli. Von Liebesdamen ist in der Literatur dagegen vor dem 19. Jahrhundert weniger die Rede. Später aber entstand dann das Bild der Prostituierten, die ebenfalls griechischer, also christlicher Abkunft, zu sein habe, ein Stereotyp, das bis heute nur zu gern fortgeschrieben wird (zuletzt in einem viel beachteten türkischen Spielfilm zu den Nationalisten-Pogromen gegen die Griechen von Istanbul im Jahr 1955).
Die ethnische und religiöse Zusammensetzung der urbanen Bevölkerung der Stadt war über Jahrhunderte äußerst bunt. Davon künden heute noch die vielen großen Friedhöfe. Eine Wanderung über die Gottesacker ist in Istanbul eine besonders aufschlussreiche Zeitreise. Der wichtigste jüdische Friedhof im Stadtteil Balat diente schon der Gemeinde zu Byzanz als Begräbnisort. Auch die „Dönme”, Anhänger einer vielfach denunzierten messianischen Sekte zum Islam konvertierter Juden, haben ihren eigenen Bestattungsort, in Üsküdar, auf der asiatischen Seite des Bosporus. Ein ganzes Buch könnte man über die verwunschenen Ruhestätten der Griechen und der Armenier schreiben.
Kreiser öffnet die Siegel einer versunkenen Welt, die von Sultanen und Paschas beherrscht wurde. Aber er lässt den Leser auch teilnehmen am Alltag der kleinen Leute, „jene biederen, arbeitsamen, elenden Istanbuler”, wie Hikmet sie nannte, die immer die Mehrheit der Städter ausmachten, und es auch heute noch tun. Die einzelnen Buchkapitel bleiben kurz und übersichtlich, sodass dem historisch weniger Kundigen nie der Atem ausgeht. Aber auch der intime Kenner Istanbuls wird reichlich belohnt, wenn er sich im Hier und Heute der Mega-Metropole mit Kreisers Kompendium auf erneute Spurensuche begibt. Bescheiden nennt sich der Band, der nun in zweiter, erweiterter Ausgabe vorliegt, „Historischer Stadtführer”. Aber er ist viel mehr, eine schier unerschöpfliche Fundgrube für Istanbul-Liebhaber und alle, die eine erste Annäherung an die europäische Kulturhauptstadt 2010 suchen.
CHRISTIANE SCHLÖTZER
KLAUS KREISER: Istanbul. Ein Historischer Stadtführer. Verlag C. H. Beck, München 2009. 320 Seiten, 24,90 Euro.
Über die Galata-Brücke, um das Jahr 1895 Foto: Historical Picture Archive/Corbis
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christiane Schlötzer macht auf die zweite, erweiterte Auflage von Klaus Kreisers historischem Istanbul-Stadtführer aufmerksam und lobt ihn in den höchsten Tönen. Sie würdigt den emeritierten Bamberger Turkologen unter anderem als profunden Kenner der osmanischen Quellen, wobei ihr sehr positiv auffällt, dass der Autor seine Kenntnisse sehr gut lesbar darbietet. Und er hat vor allem Schriften über Amtliches und Alltägliches ausgewertet und kann so sehr aufschlussreiche Details über das Alltagsleben in Istanbul zwischen dem 15. und dem 20. Jahrhundert mitteilen, so die Rezensentin. Sie erfährt viel über die historische Wasserversorgung der Metropole, über "hennafarbene" Lustknaben oder das richtige Raki-Maß, hört vom Leben der Paschas und Sultane, aber auch von den einfachen Leuten. Dieses Buch geht über seinen bescheidenen Untertitel weit hinaus, betont Schlötzer, die das Buch sowohl Lesern, die die Stadt nicht genau kennen, als auch denjenigen, die mit Istanbul vertraut sind, sehr ans Herz legt.

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