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Das Buch gibt einen Überblick über Zwangserkrankungen und verwandte Krankheitsbilder und informiert über psychologische, verhaltenstheoretische und neurobiologische Erklärungsmodelle. Der Erfolg neuerer Therapieverfahren zieht eine veränderte Einschätzung der Zwangskrankheit nach sich. Die Erfolgsaussichten bei der Behandlung der Zwangskrankheiten können sich inzwischen mit denen auf anderen Gebieten der Medizin messen lassen. Die Erkenntnisse, die mit Hilfe der modernen Pharmakotherapie gewonnen werden konnten, haben dazu beigetragen, daß man dem Verständnis der veränderten neurobiologischen…mehr

Produktbeschreibung
Das Buch gibt einen Überblick über Zwangserkrankungen und verwandte Krankheitsbilder und informiert über psychologische, verhaltenstheoretische und neurobiologische Erklärungsmodelle. Der Erfolg neuerer Therapieverfahren zieht eine veränderte Einschätzung der Zwangskrankheit nach sich. Die Erfolgsaussichten bei der Behandlung der Zwangskrankheiten können sich inzwischen mit denen auf anderen Gebieten der Medizin messen lassen. Die Erkenntnisse, die mit Hilfe der modernen Pharmakotherapie gewonnen werden konnten, haben dazu beigetragen, daß man dem Verständnis der veränderten neurobiologischen Vorgänge näher gekommen ist. Die Beobachtungen über die biologischen Veränderungen bei Zwangskranken haben zu einem besseren Verständnis der Zwangskrankheiten geführt.
Was sind Zwangskrankheiten? Wie unterscheiden sie sich von anderen Krankheitsbildern, zum Beispiel von Angsterkrankungen, und was haben Zwangskrankheiten mit Tics, Kleptomanie und Spielsucht gemeinsam? Dieses Buch informiert kurz und knapp über psychologische, verhaltenstheoretische und neurobiologische Erklärungsmodelle und diskutiert die Chancen der verschiedenen Therapien.
Autorenporträt
Dr. med. Martina Lenzen ist Ärztin und arbeitet als Medizinjournalistin u.a. für die FAZ, Spektrum der Wissenschaft u.v.a. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt in der Nähe von Mainz.

Prof. Dr. med. Otto Benkert, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ehem. Direktor der Psychiatrischen Klinik der Universität Mainz, hat besonders auf dem Gebiet der Depressions- und Angsterkrankungen geforscht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.08.1997

Hunderttausend heulende Höllenhunde
Wer pausenlos schimpft, meint es nicht böse: Die inneren Dämonen der Zwangskranken

Als ein junger Franzose in der Kirche plötzlich unter Zuckungen aufsprang und zwanghaft Fäkalausdrücke wiederholte, wurde das zum Anlaß, das Krankheitsbild des "Jumping Frenchman of Maine" zu beschreiben. Heute wird die sich wiederholende Bewegung verschiedener Muskelgruppen bis hin zum Luftsprung gesundheitspolitisch korrekt zumeist unter dem Gilles-de-la-Tourette-Syndrom subsummiert. Die Krankheit des "springenden Franzosen" kann sich der Laie als ein Syndrom vorstellen, das mit dem Drang zu obszön-blasphemischen Ausbrüchen einhergeht.

Neben diesem schillernden Krankheitsbild stellen Otto Benkert, Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik Mainz, und die Medizinjournalistin Martina Lenzen-Schulte weitere Störungen aus dem Formenkreis der Zwangserkrankungen dar. Dabei wird deutlich, wie fließend die Übergänge von den Alltagshandlungen Gesunder zu den Ritualen Zwangskranker sind. Denn die meisten Menschen kontrollieren, ob Wohnung oder Auto verriegelt sind, auch wenn sie gerade abgeschlossen haben. Zwangskranke fühlen sich jedoch gedrängt, derartige Handlungen hundertmal oder öfter zu vollziehen. Sinnvolles Arbeiten und ausgeglichenes Privatleben werden durch den Zwang zumeist unmöglich.

Auch der Zwang, Zeitungen über Jahrzehnte zu sammeln, wird manchem Leser bekannt sein. Wenige bringen es zu der krankhaften "Perfektion", durch ihren Sammelzwang dazu gedrängt zu werden, eine zusätzliche Wohnung zu mieten. Die Zwangserkrankung eines Chirurgen, von dem berichtet wird, erfordert hingegen einschlägige Vorbildung: Aus Angst vor einer Leistenhernie untersuchte der Arzt mehrere hundert Male am Tag seine Leistenregion, so daß sich ein Geschwür bildete.

Zwangskrankheiten im Kindesalter werden ebenso vorgestellt wie Impulskontrollstörungen (Spielsucht, Kaufsucht, Kleptomanie und die Trichotillomanie - der Zwang, sich Haare ausreißen zu müssen), Eßstörungen und die Hypochondrie. Neurobiologische, lerntheoretische, ethologische und psychoanalytische Modelle geben Einblick in das gegenwärtige Verständnis von Zwangskrankheiten. Gezeigt wird auch, daß die beiden erfolgversprechendsten Therapieansätze, die Verhaltenstherapie und die medikamentöse Behandlung, noch keine Ideallösungen darstellen.

Die Autoren bedauern, daß ihr Thema unter den psychiatrischen Erkrankungen wenig Beachtung findet. Anders als die Schizophrenie etwa, die aus der engen Verbindung, in der Genie und Wahnsinn traditionell gedacht wurden, eine beständige Faszination bezog, oder die Depression, deren Nimbus des melancholischen Zweifels gesellschaftliches Interesse hervorrief. Der umgangssprachlich negativ bewertete Begriff "zwanghaft" und die fehlende Abgrenzung von Zwangskrankheit und zwanghafter Persönlichkeit haben zusätzlich zu dem fehlenden Verständnis für das Leiden Zwangskranker beigetragen. Dabei ist ein Zwangskranker gerade nicht ein übermäßig penibler Mensch, sondern jemand, dem die Ordnung seines Alltags wegen der alles dominierenden Zwänge nicht mehr gelingt.

Auch der amerikanische Milliardär Howard Hughes, vielleicht der berühmteste Zwangskranke, taugte wenig zum Sympathieträger, denn er tyrannisierte seine Mitmenschen mit sinnlosen Detailanweisungen, um das Einschleppen von Keimen in seine Umgebung zu verhindern. Die unendlichen Rituale zur Keimvermeidung machten es Hughes unmöglich, eine normale Hygiene durchzuführen, so daß sich seine Fingernägel aufrollten. Unzählige Leidensgeschichten bleiben unbekannt - die Zwangskrankheit gilt als "heimliche Krankheit", denn Patienten offenbaren ihr Leiden nur selten. In Deutschland vermuten neuere Untersuchungen etwa eine Million Zwangskranke. WERNER BARTENS

Otto Benkert, Martina Lenzen-Schulte: "Zwangskrankheiten". Ursachen, Symptome, Therapien. Beck'sche Reihe Wissen. C. H. Beck Verlag, München 1997. 125 S., br., 14,80 DM.

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