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Das junge slowakische Bauernmädchen Antschurka verschlägt es nach dem Tod ihrer Mutter in das verschlafene Städtchen Podolin, wo sie in dem Haushalt des schwerreichen Junggesellen Riminszky Unterschlupf findet. Den grimmigen Hausherrn scheint eine geheimnisvolle Beziehung mit dem neuen Besitzer der halb verfallenen Burg Nizsder zu verbinden, den noch nie jemand gesehen hat. Die Spuren führen zurück in die Studentenstadt Heidelberg, zur zarten Liebe einer Uhrmacherstochter und zu einer tragisch ausgegangenen Dreiecksgeschichte. Antschurka und ihre geliebte Katze finden sich bald in der düsteren…mehr

Produktbeschreibung
Das junge slowakische Bauernmädchen Antschurka verschlägt es nach dem Tod ihrer Mutter in das verschlafene Städtchen Podolin, wo sie in dem Haushalt des schwerreichen Junggesellen Riminszky Unterschlupf findet. Den grimmigen Hausherrn scheint eine geheimnisvolle Beziehung mit dem neuen Besitzer der halb verfallenen Burg Nizsder zu verbinden, den noch nie jemand gesehen hat. Die Spuren führen zurück in die Studentenstadt Heidelberg, zur zarten Liebe einer Uhrmacherstochter und zu einer tragisch ausgegangenen Dreiecksgeschichte. Antschurka und ihre geliebte Katze finden sich bald in der düsteren Burg wieder - und die Ereignisse nehmen eine dramatische Wendung ...
Autorenporträt
Gyula Krúdy (1878 - 1933) war einer der bedeutendsten ungarischen Prosaautoren. Der Sohn eines kleinadeligen Anwalts und einer Bauerstochter konnte wie kaum einer Romantik und Realismus, den nostalgischen Impressionismus des Fin de siècle und feine Ironie verbinden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2009

Der beste Eintopf der Welt
Ironische Schauerromantik: Gyula Krúdys Frühwerk

Wer es unfreundlich meint mit Gyula Krúdys Roman "Das Gespenst von Podolin" von 1906, der nun zum ersten Mal auf Deutsch erschienen ist, wer außerdem zur oberflächlichen Lektüre neigt und gern von seinesgleichen liest, der wird das Buch rasch aus der Hand legen. Immerhin begegnen ihm hier schon rasch ein wunderlicher Alter in einem verwunschenen Städtchen im slowakisch-ungarischen Grenzgebiet, ferner ein Burgherr, der sich in seinem bröckelnden Gemäuer mit dem Leibhaftigen ein tagelanges Saufduell liefert und schließlich verliert; die Runde wird komplettiert durch eine züchtige blonde Uhrmachertochter aus Heidelberg, die jeden Abend die Harfe schlägt, von einem ungarischen Untermieter geheiratet werden soll und am Tag der Hochzeit mit dem anderen davonläuft - dass in diesem Rahmen glühend geliebt und mächtig gehasst wird, dass es Duelle und vorzeitige Begräbnisse gibt, dass Waisenmädchen gequältwerden und alte Sünder vor Schreck tot zu Boden fallen, versteht sich in diesem Rahmen von selbst.

Was die hier zusammengerührten Motive angeht, haben wir es also mit Kolportage aus dem Arsenal des Schauerromans zu tun, der freilich, als "Das Gespenst von Podolin" erschien, schon ein knappes Jahrhundert aus der Mode war. Und natürlich war der 1878 geborene Gyula Krúdy, der sich schon früh mit dem Schreiben von Feuilletons und Fortsetzungsromanen über Wasser hielt, sich dessen vollkommen bewusst: Er verdichtet sein Material derart, dass es im Ergebnis zur Groteske wird, und wenn sich die Dinge bis zum offenen Widerspruch steigern, fühlt er sich zweifellos am wohlsten - so lässt er das blonde Fräulein erleben, wie ihr Liebster im Duell getötet wird, woraufhin sie eine Karriere als Kunstreiterin einschlägt und unzählige Männerherzen bricht. Dann kehrt sie in die Burg des Verlobten zurück, errichtet dort nach dessen Tod ein klandestines Matriarchat und trauert um den einstigen Verführer, ihre einzige große Liebe, wie sie sagt, nur dass sie am Ende alles in Schutt und Asche legt, als ein anderer Verehrer ein junges Mädchen heiraten will, was Krúdy wiederum in eine prächtige Don-Giovanni-Szene gießt, in der das rachsüchtige Fräulein den steinernen Gast gibt.

Folgt man Krúdy bis hierhin, wird man es aufgeben, hinter dem Geschehen irgendeinen großen Sinn zu suchen, ein Gesellschaftspanorama etwa, ein realistisches Bild von Land und Leuten. Trotzdem entfaltet sich das Geschehen vor einer bestimmten Kulisse, in der Berge und Schafhirten eine Rolle spielen. Die Kultur der Zipser Ungarn am Rande des Habsburgerreiches, die alten Städte wie das titelgebende Podolin (slowakisch Podolínec, deutsch Pudlein, bis heute ein verschlafenes Nest mit dreitausend Einwohnern), die unsicheren Wege, die dicken Stadtmauern und die knarrenden Schlösser (nicht zufällig ist eine besonders liebenswerte Gestalt ein Spezialist für derlei) und das im ungarischen Roman des späten neunzehnten Jahrhundert gern geschilderte Klischeebild des bornierten Landadels werden hier mit kräftigem Pinsel gemalt. Ganz von fern spielen die Auswanderer hinein, die sich in Amerika durchschlagen und als Nachweis, dass sie noch am Leben sind, hin und wieder Geld schicken - bleibt das aus, spielen sie für die Daheimgebliebenen keine Rolle mehr, und diese Intensität des Gedenkens und Vergessens ist das vertuschte Hauptthema des Romans.

Als Krúdy sieben Jahre nach dem "Gespenst von Podolin" einen anderen Roman namens "Die rote Postkutsche" ebenfalls zur Fortsetzung in einer Zeitschrift verfasste, schickte er dem Verleger einen Brief. "Während meiner Laufbahn als Schriftsteller", heißt es da, "haben mich meine Verleger bisher mittelbar oder unmittelbar, aber stets über ihren eigenen Geschmack oder den ihres Publikums unterrichtet." Es folgt eine Aufzählung von Personenskizzen und Motiven, die sich alle mehr oder weniger in dem früheren Roman finden. Schließlich dankt Krúdy dem Verleger ausdrücklich dafür, dass er ihm "bei der Auswahl meiner Helden und Heldinnen freie Hand gelassen hat und dass er nicht darauf besteht, dass die Handlung so glaubhaft und wahrscheinlich sein soll, wie es das Publikum durch das Wirken der Schriftsteller gewohnt ist".

Diesen Stoßseufzer kauft man Krúdy sofort ab, besonders, wenn man sich seine späteren Texte vor Augen hält, die sich fröhlich im Surrealen bewegen und dabei konsequent einer ganz eigenen Ästhetik folgen. Allerdings mit der Einschränkung, dass Krúdy schon im "Gespenst von Podolin" einen Weg findet, das mutmaßlich Geforderte zu liefern und gleichzeitig ad absurdum zu führen - und zwar zum ausgesprochenen Vergnügen jener Leser, die sich vom Spiel des Autors mitreißen lassen. Die sich am Erzählfuror erfreuen, der mühelos die Suche nach dem besten Eintopf der Welt mit einem Zimmer voller Schnürschuhe verbindet. Die gern den Geruch der entkorkten Weinflaschen atmen, der den Roman von Anfang bis Ende durchzieht. Und die Sinn für die grotesken Schicksalsschläge beweisen, die der Autor jenem unglücklichen Waisenmädchen zumutet, das am Ende freilich märchenhaft reich ist, ohne dafür den ihm zugedachten alten Zausel heiraten zu müssen.

Gyula Krúdys Wiederentdeckung steht trotz des enormen Anschubs, den Ungarns Auftritt als Buchmessengastland vor nunmehr zehn Jahren für die Verbreitung seiner Literatur bedeutete, in Deutschland noch immer aus, obwohl es an Angeboten, seine Bekanntschaft zu machen, nicht mangelt: Einige Romane liegen auf Deutsch vor, darunter "Die rote Postkutsche" von 1913 und "Meinerzeit", der meisterliche Abgesang auf die Doppelmonarchie. Vielleicht wird auch diese Edition nichts an Krúdys Schattendasein ändern. Doch den Versuch ist es allemal wert.

TILMAN SPRECKELSEN

Gyula Krúdy: "Das Gespenst von Podolin". Roman. Aus dem Ungarischen von György Buda. Mit einem Nachwort von György Dalos. Kortina Verlag, Budapest 2008. 267 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tilman Spreckelsen kann sich gut vorstellen, dass der 1906 von Gyula Krudy verfasste und nun erstmalig auf Deutsch vorliegende Roman "Das Gespenst von Podolin" nicht unter allen Lesern Freunde finden wird. Die mit allen Motiven des schon Anfang des 20. Jahrhundert aus der Mode gekommenen Schauerromans bestückte Handlung um gequälte Waisenmädchen, mit dem Teufel um die Wette trinkende Burgherren oder Harfe spielende Uhrmachertöchter stellt sich in der Summe als ausgemachte Groteske dar, erklärt der Rezensent. Nach einem fassbaren Sinn dürfe man dabei nicht fragen, so Spreckelsen, der betont, dass der ungarische Autor weder ein Gesellschaftsporträt noch eine wirklichkeitsnahe Schilderung von Land und Leuten verfolgte. Dafür geht es laut Rezensent aber um "Gedenken und Vergessen", das, wie er glaubt, eigentliche "Hauptthema" in diesem turbulenten Roman. Trotz der völlig unglaubwürdigen und im hohen Maße unplausiblen Handlung stellt diese Geschichte ein großartiges Lesevergnügen dar, für diejenigen, die sich auf den spielfreudigen "Erzählfuror" des Autors einlassen können, wie der Rezensent versichert.

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