Der Zauberer von Rom ist, nach dem Urteil Arno Schmidts "die unvergleichlich beste Schilderung der katholischen Welt, die es gibt": sie mündet in die Utopie von der Wahl eines deutschen Papstes, der die Kirche und mit ihr die Menschen aus den historisch gewachsenen Zwängen befreit. Der Roman ist zugleich ein Schlüsselwerk für die enorm dynamische und ideengeschichtlich komplexe Welt des 19. Jahrhunderts. Es ist ein Jahrhundertroman, der von den Alltagswelten bis zur großen Politik eine Vorstellung von Europa als kulturellem Zusammenhang in Geschichte und Gegenwart entwickelt. Die weit gespannte Handlung führt den Leser von der westfälischen Provinz über Hamburg, das Rheinland und Köln, Wien und Rom bis nach Süditalien. Mit seinen nebeneinander verlaufenden und ineinander verflochtenen Handlungssträngen, dem gewaltigen Umfang seines Personals aus allen Schichten der Gesellschaft, ist der Roman ein Höhepunkt in der Geschichte des so genannten "Panoramaromans" und, nach Rolf Vollmann, "eine sinnverwirrend hinreißende Lektüre."
"Der Zauberer von Rom" wurde zuletzt 1911 von H. H. Houben nach der von Gutzkow gekürzten und stark umgearbeiteten letzten Fassung von 1872 veröffentlicht. Erstmals wird nun der vollständige Text der neunbändigen Erstausgabe von 1858-61 in einer textkritischen Edition wieder zugänglich gemacht, erläutert durch einen als work in progress entstehenden digitalen Kommentar.
"Der Zauberer von Rom" wurde zuletzt 1911 von H. H. Houben nach der von Gutzkow gekürzten und stark umgearbeiteten letzten Fassung von 1872 veröffentlicht. Erstmals wird nun der vollständige Text der neunbändigen Erstausgabe von 1858-61 in einer textkritischen Edition wieder zugänglich gemacht, erläutert durch einen als work in progress entstehenden digitalen Kommentar.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Lohnt es, sich durch die 3000 Seiten von Karl Gutzkows 1862 fertig gestellten Roman "Der Zauberer von Rom" zu arbeiten, fragt Jan Süselbeck in seiner umfassenden Kritik rhetorisch und bejaht mit Emphase und Überzeugung. Nachdrücklich lobt der Rezensent die Anstrengungen des Oktober Verlags, der seit 2000 das Gesamtwerk Gutzkows sowohl in Buchform als auch digitalisiert publiziert. Den vorliegenden Roman hält der Rezensent für eines der beiden besten Bücher des Autors und er kann sich der Einschätzung von Gutzkows Wiederentdecker Arno Schmidt von 1965, "Der Zauberer von Rom" sei die beste Darstellung des Katholizismus, nur anschließen. Gutzkow erzählt in seinem vielstimmigen Buch von religiösen Eiferern, von einem deutschen Papst, der am Ende in Rom eine Reform anstößt, er beschreibt psychologisch verblüffend genau (und 40 Jahre vor Freud) paranoiden Wahn und neurotische Störungen, konstatiert Süselbeck beeindruckt. Schon die Schilderung der Misshandlungsgeschichte der aus einem Dorf stammenden 13-jährigen Lucinde zu Anfang des Buches erringt durch ihren beklemmenden Realismus höchstes Lob des Rezensenten. Solche Szenen, sowie schonungslose Darstellungen von Alkoholismus und sexuellen Obsessionen hätten Gutzkow allerdings schwere Angriffe durch den damaligen Literaturpapst Gustav Freytag eingetragen, die ihm die langjährige Arbeit des nach und nach erscheinenden Werkes sehr erschwert hätten, informiert Süselbeck.
© Perlentaucher Medien GmbH
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