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Die Geschichte der Judenverfolgung in Italien wurde Jahrzehnte in der breiten Öffentlichkeit Italiens äußerst lückenhaft wahrgenommen. Das Bild vom "guten Italiener" prägte die gängige Meinung und drängte die Erinnerung an ein individuelles Leiden, an die Verfolgung und Ermordung der Juden in Italien zurück. In dieser von Regine Wagenknecht kommentierten Anthologie berichten die der Verfolgung Entkommenen, darunter die großen Vertreter der italienischen Literatur, die jüdischen Denker eines demokratischen Italiens, die Kämpfer gegenüber Gleichgültigkeit und Unglauben. Ein wichtiges Buch über…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte der Judenverfolgung in Italien wurde Jahrzehnte in der breiten Öffentlichkeit Italiens äußerst lückenhaft wahrgenommen. Das Bild vom "guten Italiener" prägte die gängige Meinung und drängte die Erinnerung an ein individuelles Leiden, an die Verfolgung und Ermordung der Juden in Italien zurück. In dieser von Regine Wagenknecht kommentierten Anthologie berichten die der Verfolgung Entkommenen, darunter die großen Vertreter der italienischen Literatur, die jüdischen Denker eines demokratischen Italiens, die Kämpfer gegenüber Gleichgültigkeit und Unglauben. Ein wichtiges Buch über ein Thema, das auch in der deutschen Öffentlichkeit noch nicht ansatzweise diskutiert wurde.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2005

Bewegend

FASCHISMUS. Bis 1943 war Italien mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündet. Die von Mussolini nach dem Sturz seines Regimes in Norditalien errichtete Republik (bis 1945) war dagegen nur ein Satellitenstaat. Mit der Annäherung an Hitler hatte in Italien auch eine Zeit antijüdischer Maßnahmen begonnen. Der Duce, der sich bis dahin von Antisemitismus ferngehalten hatte, setzte 1938/39 mehrere Gesetze durch, welche Italiens Juden - ausgenommen die Frontkämpfer und die Faschisten unter ihnen - ins Ghetto zurückverwiesen. Ausländischen Juden, die nach Italien geflohen waren, wurde die Ausweisung angedroht, nach Italiens Kriegseintritt (1940) wurden sie interniert. Aber Deportationen begannen erst 1943, als die Nationalsozialisten in das momentane Machtvakuum eindrangen. Zirka 8000 italienische Juden wurden verschleppt, nur etwa 600 sind zurückgekehrt. Immerhin sind viele Juden von Italienern gerettet worden, doch Mussolinis Republik behinderte die Deutschen nicht. Regine Wagenknecht hat um die 30 bewegende Zeugnisse der Ausgrenzung, der Verfolgung und der späteren Reflexion darüber zusammengestellt; darunter von Giorgio Bassani und Primo Levi, Elsa Morante und Natalia Ginzburg. Aber die Kommentierung ist unvollständig. Man erfährt nicht, daß Mussolinis antijüdische Wende auch durch den erstarkenden Zionismus verursacht war und daß die Judendekrete von 1938 mehr nationalistisch als rassistisch begründet waren. Die damalige Ideologisierung des Regimes wäre gründlicher zu erörtern. Daß Pius XII. zur Judenvernichtung geschwiegen habe, ist weniger als die halbe Wahrheit. Der Papst hat Tausende von Juden gerettet, indem er ihnen die Türen der Klöster öffnen ließ. Frau Wagenknecht konstatiert, daß auch in Italien "eine intensive Erinnerungsarbeit" erst um 1990 begonnen habe, und meint, daß bis in die siebziger Jahre nur wenige Italiener über den Faschismus nachgedacht hätten. Aber damals gab es bereits eine heftige Diskussion, in deren Mittelpunkt der Mussolini-Biograph Renzo De Felice standen. Dessen grundlegende Geschichte der Juden unter dem Faschismus, die hier in der allzu knappen Bibliographie erwähnt wird, war zuerst 1961 erschienen und erlebte 1993 ihre fünfte Auflage. Abschließende Befürchtungen wegen der postfaschistischen Alleanza Nazionale in der Regierung Berlusconi verschweigen, daß deren Führer Fini sich vom Antisemitismus eindeutig distanziert und ein gutes Verhältnis zu Israel hergestellt hat. (Regine Wagenknecht [Herausgeberin] Judenverfolgung in Italien 1938-1945. In autobiographischen und literarischen Zeugnissen. Parthas-Verlag, Berlin 2005. 155 Seiten, 14,80 [Euro].)

RUDOLF LILL

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