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Produktdetails
  • Verlag: Manutius
  • Seitenzahl: 111
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 214g
  • ISBN-13: 9783934877580
  • ISBN-10: 3934877583
  • Artikelnr.: 23089300
Autorenporträt
Michael Rumpf, Dr. phil., Schriftsteller, Lehrer, stellv. Schulleiter, lebt und arbeitet in Grünstadt/Pfalz. Herausgeber der Zeitschrift ZENO - Zeitschrift für Literatur und Sophistik; Arbeitsgebiete u.a.: Gedicht, Erzählung, Aphorismus, Essay, Übersetzung, Kritik, Unterrichtsmaterialien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2008

Fröhlicher Moralist

Den fröhlichsten Mann seiner Zeit hat Goethe ihn genannt. Charles Joseph Prince de Ligne verkörperte die Verhaltensideale der aristokratischen Gesellschaft, deren Untergang in der Revolution und deren misslingende Wiederbelebung er noch erlebte. Der Wiener Kongress sieht ihn noch als Achtzigjährigen bei ihren Festlichkeiten. Doch hätte er nur getanzt, sein Ruhm wäre mit der alten Gesellschaft untergegangen. Ein leidenschaftlicher Soldat, ein Abenteurer, ein Diplomat, der mit der Zarin Katharina in der Kutsche durch Rußland fuhr, ein leidenschaftlicher Gartenliebhaber und ein Moralist von höchstem Rang. Man wird dies alles selten beieinander finden. In den letzten Jahren des Jahrhunderts verbindet ihn aber auch eine enge Freundschaft mit Casanova, dessen Memoiren seinen Ratschlägen vieles verdanken. Die Klammer der Aktivitäten des Prince de Ligne ist ein schriftstellerisches Werk von ungewöhnlichen Ausmaßen. Fünfundzwanzig Bände stellte er noch selbst zusammen. Sind die Themen auch reich wie der Lebenszuschnitt, so werden sie zusammengehalten durch eine strenge und dichte Prosa in der moralistischen Tradition von Montaigne bis Vauvenargues: kurze geistreiche Betrachtungen, geschrieben in grenzenlosem Vertrauen auf den gesellschaftlich bewährten Esprit. Dabei täuscht die Anschmiegsamkeit der Causerie. Was am Ende herausspringt, ist Desillusion. Weniges ist so charakteristisch dafür wie die Anweisung für seinen Gutsverwalter aus Anlass eines Duells: "Bereiten Sie ein Frühstück für vier Personen vor und ein Diner für drei." (Charles Joseph Fürst de Ligne: "Gedanken und Fragmente". Herausgegeben und übersetzt von Michael Rumpf. Manutius Verlag, Heidelberg 2007. 112 S., geb., 19,80 [Euro].) Ri.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.02.2008

Atemzüge der Freude
Der Fürst de Ligne in seinen Gedanken und Fragmenten
Er wollte wohl immer zwanzig sein und schätzte es nicht, wenn man ihn nach seinem Alter fragte. Sein Taufschein sei verloren gegangen, behauptete dann Charles Joseph Fürst de Ligne, geboren 1735. Doch darf man ihn sich nicht als einen Gecken vorstellen. Auch führt vom verkrampften Jung-Sein-Wollen der Gegenwart kein Weg in die glücklichen Tage des 18. Jahrhunderts, dessen Lebenskunst der Fürst vollendet verkörperte. Jung zu sein hieß für ihn, zu gefallen, das „Verlangen des Wiedersehens” wecken zu können. Großzügigkeit, vor allem des Herzens, gehörte dazu, daneben Unterhaltsamkeit, Takt, innerer Reichtum. Wer einen Freund durch ein Bonmot verliere, schrieb er einmal, sei ein Dummkopf; „denn, daß er sein Bonmot nicht für sich behalten kann, beweist, daß ihm selten eines einfällt”.
Seit im Jahr 2006 Philip Mansels Biographie „Der Prinz Europas” erschien, sind wir gut über das Leben de Lignes informiert, über seine Dienste als Offizier, seine amourösen Abenteuer – er war ein begnadeter Liebhaber –, seine Gespräche mit den Großen Europas. Eine kleine Sammlung seiner „Gedanken und Fragmente” ist nun im Manutius-Verlag erschienen, ergänzt um die Schilderung eines Besuchs bei Voltaire und ein Porträt, das der Kritiker Sainte-Beuve dem Prinzen gewidmet hat. Man lernt seinen Charakter in diesem Band rascher und leichter kennen als durch jede Lebensbeschreibung. Er gehöre, meint er, zu jenen Schriftstellern, die „schreiben ohne groß nachzudenken”. Als wahrer philosophe brauchte er kein System. Er zehrte vom Schatz seiner Erfahrungen, zu denen die Kenntnis fremder Sprachen und Literaturen selbstverständlich gehörten.
Manches ist konventionell paradox: Nur wer große Verdienste aufweise, dürfe bescheiden sein. Auch eine tugendhafte Frau liebe Komplimente ihrer Tugend wegen nicht. Bezaubernd wird dieser Mann durch die Leichtigkeit, mit der er unverträgliche Wahrheiten nebeneinander stellte. So warnte er vor der Reflexion: Wer sich richtig verhalten wolle, solle lieber „einer instinktiven Regung” augenblicklich gehorchen. Zugleich verteidigte de Ligne die Aufklärung, die doch die Überlegung vor der Tat zu ihren Maximen zählte.
Man findet hier auch jene Momente erfasst, die dem Dasein im Vergnügen ein endgültiges Ende bereitet haben. Der Royalist wollte eine Königin unbedingt vom Thron stoßen: „die öffentliche Meinung”. „Geschieht dies nicht, werden die anderen Königinnen entthront werden.” Den Krieg pries er als „angenehmstes Unglück”, in dem lediglich manche getötet werden, „die einige Jahre später weniger ruhmreich sterben würden”. Nach den Rasereien der napoleonischen Feldzüge konnte dies nicht mehr gelten. Mochte die öffentliche Meinung auch glauben, es wäre da etwas zu restaurieren – als de Ligne 1814 auf dem Wiener Kongress starb, war sein Zeitalter unwiederbringlich versunken. Aber was Glück sein könne, hatte es schöner, eindringlicher als andere Zeiten demonstriert. JENS BISKY
CHARLES JOSEPH FÜRST DE LIGNE: Gedanken und Fragmente. Herausgegeben und übersetzt von Michael Rumpf. Manutius Verlag, Heidelberg 2007. 111 Seiten, 19,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit diesem Band mit gesammelten "Gedanken und Fragmenten" lässt sich der 1735 geborene Charles Joseph Fürst vielleicht besser und müheloser kennen lernen als durch so manche Biografie, meint Jens Bisky sehr eingenommen. Denn die Standpunkte und Beobachtungen Lignes, der den Ruf eines großartigen Liebhabers hatte und mit den wichtigsten Protagonisten der Epoche Umgang pflegte, zeigen einen liebenswürdigen und dabei scharfsinnigen Charakter, so der Rezensent, dem insbesondere die "Leichtigkeit", mit der Ligne auch Widersprüchliches und unangenehme Wahrheiten äußern konnte, gefallen hat.

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