Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 5,00 €
  • Gebundenes Buch

Mit der Demokratisierung und dem zunehmenden Wohlstand in den 90er Jahren in Korea kehrten sich die Schriftsteller immer mehr von politischen und gesellschaftlichen Themen ab und stellten die Welt zunehmend aus privater Sicht dar. Das Private wurde zum Gegenstand dieser jüngsten Richtung. Den in dieser Anthologie enthaltenen Erzählungen koreanischer Autorinnen ist die Darstellung des Überlebenskampfes und der Kontaktschwierigkeiten zwischen den Geschlechtern gemeinsam. Die Frauen müssen sich damit auseinandersetzen, dass ihre romantische Vorstellung von der Liebe an der Realität zerbrochen…mehr

Produktbeschreibung
Mit der Demokratisierung und dem zunehmenden Wohlstand in den 90er Jahren in Korea kehrten sich die Schriftsteller immer mehr von politischen und gesellschaftlichen Themen ab und stellten die Welt zunehmend aus privater Sicht dar. Das Private wurde zum Gegenstand dieser jüngsten Richtung. Den in dieser Anthologie enthaltenen Erzählungen koreanischer Autorinnen ist die Darstellung des Überlebenskampfes und der Kontaktschwierigkeiten zwischen den Geschlechtern gemeinsam. Die Frauen müssen sich damit auseinandersetzen, dass ihre romantische Vorstellung von der Liebe an der Realität zerbrochen ist, dass die Gesellschaft ihnen traditionelle Normen aufzuzwingen versucht, gegen die sie ihren individuellen Weg verteidigen müssen. Noch ist auch die Stellung einer Autorin in Korea nicht unangefochten, denn als Frau hat sie in einer vom konfuzianischen Wertesystem immer stark beherrschten Gesellschaft über bestimmte Themenbereiche zu schweigen. Aus diesem Grund publizieren einige Frauen auch heute noch unter einem Pseudonym. Die in diesem Band vorgestellten Autorinnen und Erzählungen geben dem deutschsprachigen Leser Einblick in das facettenreiche Umfeld, in dem sich das Leben jüngerer Frauen in Korea abspielt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.09.2004

Liebe in den Satellitenstädten
Streng privat: Die Themen moderner koreanischer Erzählerinnen

Ein Sammelband stellt die hierzulande noch wenig beachtete neue Generation koreanischer Gegenwartsautorinnen vor. Nicht mehr die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit oder sozialer Ungerechtigkeit, nicht der Korea-Krieg oder die Realität des geteilten Landes, sondern die Zerrissenheit der eigenen Psyche, der Kampf der Geschlechter und die Emanzipation von konfuzianischen Idealen bilden den Stoff ihrer Geschichten.

Die Erzählerinnen, fast sämtlich in den sechziger Jahren geboren, sind denn auch weniger Revolutionärinnen als kritische Wohlstandskinder, ihre Heldinnen weniger radikalfeministische als zerbrechliche, innerlich starke Personen, die der Macht der Konformität und dem immanent männlichen Blick der Gesellschaft auf intelligente, tragische oder selbstzerstörerische Weise trotzen.

Die ostasiatischen Liebesreigen kreisen um arrangierte Hochzeiten und flüchtige Bekanntschaften, um Lust, Verlust und Beziehungsunfähigkeit: "Aber manchmal verschwammen die Gesichter der Männer zu einem Gesicht, dem des in einem brennenden Haus eingesperrten Mannes, der mich aufriß wie einen Notausgang und ins Freie stürzte", heißt es in Jon Kyongnins Eingangserzählung "Ein ganz einfaches gepunktetes Kleid". Prosaische Sittengemälde skizzieren die Liebe in den Satellitenstädten, wobei einige Autorinnen über die Verödung des Zwischenmenschlichen zu einer eigenen Ästhetik gelangen, die Anonymität und Sterilität zu Stilmitteln erhebt.

Anders als die traditionelle, Einklang und Harmonie verkörpernde schöne Literatur verfassen zeitgenössische Autorinnen wie Un Hikyong psychologisch geschärfte, feinziselierte Chroniken des Scheiterns einer Ehe. In "Die Schachteln meiner Frau" nimmt sie vordergründig die Sicht des Mannes an, um dessen gutmeinende Absichten und den Habitus des verständnisvollen Ehemanns als leere Rhetorik zu entlarven. Auch "Ein Rudel schwarzer Wölfe", eine experimentelle Kurzgeschichte der Pop-Autorin Bae Su-Ah, die in grellen Bilderbögen das Liebesleben junger Leute einfängt, arbeitet mit doppelbödigen Metaphern und logischen Brüchen, die die trügerischen Idyllen stilistisch untergraben.

Karriere, Konformismus und Konfuzianismus im Spannungsfeld der Gesellschaft und Geschlechter sind wiederkehrende Themen in einer mit Bedacht zusammengetragenen Anthologie. Aber entgegen der kämpferischen feministischen Literatur der achtziger Jahre bieten die hier vorgestellten Autorinnen eher Rückzüge ins Private. Die auf introspektive Weise gesellschaftskritischen Geschichten, die im kreativen Konflikt mit der Tradition Fluchtmöglichkeiten entwerfen, entwickeln dabei eine nicht minder ausdrucksstarke Eigendynamik.

STEFFEN GNAM

AHN Sohyun/Heidi Kang (Hrsg.): "Ein ganz einfaches gepunktetes Kleid". Moderne Erzählungen koreanischer Frauen. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Heidi Kang und AHN Sohyun. Pendragon Verlag, Bielefeld 2004. 248 S., geb., 18,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht die traditionellen Harmonieideale koreanischer Literatur, auch nicht den kämpferischen Feminismus der siebziger Jahre hat Steffen Gnam in dieser "mit Bedacht zusammengetragenen Anthologie" gefunden. Sondern die Introspektive. Junge koreanische Autorinnen, so sein Befund, erzählen über das Private und aus der Perspektive des Privaten; koloniale Vergangenheit und Gegenwart der Teilung treten als Themen hinter psychologischen Selbstbespiegelungen, "Emanzipation von konfuzianischen Idealen" und dem Geschlechterkampf zurück, dessen Protagonistinnen aber eher "kritische Wohlstandskinder" als radikale Kriegerinnen für die Sache der Frauen sind - "zerbrechliche, innerlich starke Personen, die der Macht der Konformität und dem immanent männlichen Blick der Gesellschaft auf intelligente, tragische oder selbstzerstörerische Weise trotzen". Es geht um Karriere, es geht um arrangierte Hochzeiten, es geht um "Liebe in den Satellitenstädten", und dem Rezensenten zufolge gelingt es den jungen Erzählerinnen, diesen Themen entsprechende sprachliche Gewänder zu stricken; so hebt er hervor, dass "einige Autorinnen über die Verödung des Zwischenmenschlichen zu einer eigenen Ästhetik gelangen, die Anonymität und Sterilität zu Stilmitteln erhebt".

© Perlentaucher Medien GmbH