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Wir alle wollen in einer Gesellschaft leben, in der es gerecht zugeht. Gerechtigkeit gilt in der westlichen Welt als das zentrale Kriterium der moralischen Legitimation politischer und sozialer Verfahrensweisen und Institutionen. Für alle Regelungsbereiche der Politik, für alle Institutionen, Instrumente und Verfahrensweisen politischen Handelns gilt, dass sie dem Anspruch nach gerecht sein müssen, um gerechtfertigt werden zu können. Soweit es den zentralen Stellenwert der Gerechtigkeit im Zusammenhang der Rechtfertigung politischen Handelns und gesellschaftlicher Institutionen betrifft,…mehr

Produktbeschreibung
Wir alle wollen in einer Gesellschaft leben, in der es gerecht zugeht. Gerechtigkeit gilt in der westlichen Welt als das zentrale Kriterium der moralischen Legitimation politischer und sozialer Verfahrensweisen und Institutionen. Für alle Regelungsbereiche der Politik, für alle Institutionen, Instrumente und Verfahrensweisen politischen Handelns gilt, dass sie dem Anspruch nach gerecht sein müssen, um gerechtfertigt werden zu können. Soweit es den zentralen Stellenwert der Gerechtigkeit im Zusammenhang der Rechtfertigung politischen Handelns und gesellschaftlicher Institutionen betrifft, herrscht also Einigkeit, doch diese endet bald, wenn es um die Frage geht, wie eine gerechte Gesellschaft konkret aussehen soll: Dass Gerechtigkeit gefordert ist, ist völlig unstrittig - was Gerechtigkeit erfordert, ist dagegen höchst umstritten, und dies gilt in besonderer Weise für die Frage der gerechten Verteilung von Gütern, das heißt: das Problem der sozialen Gerechtigkeit.Mit diesem Problem haben sich im Rahmen des Projekts 'Wissenschaft trifft Politik - Politik trifft Wissenschaft' in den Hannah-Arendt-Lectures und den Hannah-Arendt-Tagen 2004 auseinandergesetzt: Gert Schäfer (Politikwissenschaftler). Angelika Krebs (Philosophin), Susanne Boshammer (Philosophin), Heiner Geißler (Politiker), Michael Sommer (Gewerkschafter), Gerhard Kruip (Sozialethiker), Ingrid Hofmann (Unternehmerin), Oskar Negt (Soziologe).Hannah Arendt wurde am 14. Oktober 1906 in Hannover geboren. Sie hat als deutsch-jüdische Denkerin die Erfahrungen ihres Jahrhunderts, die Zusammenhänge und das Spannungsfeld von Theorie und Praxis, politischem Urteilsvermögen und philosophischer Reflexion wie kaum andere miteinander verbunden. In unvergleichlicher Weise hat sie es verstanden, Politik und Wissenschaft in komplementärer Weise miteinander zu verbinden. Sie hat aus der Wissenschaft Impulse aufgenommen, und daraus eine politologische Semantik geformt, die soziale Veränderungen berücksichtigt. In Anlehnung an ihr Werk und ihr zu Ehren werden in den HANNAH-ARENDT-LECTURES und bei den HANNAH-ARENDT-TAGEN, die in ihrer Geburtsstadt alljährlich stattfinden, Zukunftsfragen der Gesellschaft erörtert. Beide Veranstaltungen finden im Rahmen des Projekts 'Wissenschaft trifft Politik - Politik trifft Wissenschaft' statt. Das Projekt wird durch die Volkswagen-Stiftung gefördert.Die HANNAH-ARENDT-LECTURES fanden erstmals im Jahre 2004 statt. Im Eröffnungsvortrag zu dem Generalthema 'Sozialstaat und Gerechtigkeit' legte Gert Schäfer dar, dass aufgrund der Veränderungen im Sozialsystem das Vertrauen der Menschen in die Politik drastisch abnimmt. Auf den Abstiegsplätzen der gesellschaftlichen Wertschätzung finde sich vor allem die Bundesregierung. Ihr vertrauen noch gerade 18 Prozent, den Parteien sogar nur noch 12 Prozent der Menschen hierzulande. Wenig besser stehen die beiden großen Lager des wirtschaftlichen Lebens da - Arbeitgeberverbände 22, Wirtschaft 23, Gewerkschaften 24 Prozent. Das ist die Stimmung, die sich auch in den Demonstrationen zu Hartz IV widerspiegelt.Was sind die Ursachen dieses Unmuts? Und was sind die Ursachen für die Notwendigkeit des Umbaus des Sozialsystems? Diesen Fragen wollten auch die Referenten der HANNAH-ARENDT-TAGE nachgehen und möglichst auch Antworten finden. Zunächst eine Antwort aus kompetentem Munde. Einer der es wissen muss, Norbert Blüm, der jahrzehntelang entscheidend für Sozialpolitik in der CDU zuständig war, sagte kürzlich wörtlich, und so wird er von Gert Schäfer zitiert: 'Solange der Ost-West-Gegensatz noch am Leben war, da hatte es die Sozialpolitik ein bisschen leichter, weil der Sozialstaat auch eine Legitimationsgrundlage unseres Systems war, mit dem wir unsere Überlegenheit bewiesen haben.'War das tatsächlich die Ursache für die Wende in der Sozialpolitik? Lassen wir das einmal dahingestellt. Jedenfalls drehen sich neuerdings die Diskussionen darum, ob Gerechtigkeit mit Gleichheit identisch ist. Wird eine gerechteGesells
Autorenporträt
Detlef Horster
Er lehrte in verschiedenen Funktionen an den Universitäten Utrecht (Niederlande), Kassel, Berlin (Humboldt-Universität), Port Elizabeth (Südafrika) und Zürich. Er war Visiting Fellow am "Institut für die Wissenschaft vom Menschen" in Wien und ist derzeit Professor für Sozialphilosophie an der Universität Hannover. Jüngste Buchveröffentlichungen: Weibliche Moral - ein Mythos? (Hg., 1998) Postchristliche Moral. Eine sozialphilosophische Begründung (1999); Rechtsphilosophie zur Einführung (2002); Was soll ich tun? Moral im 21. Jahrhundert (2004); Pädagogik und Ethik (Mitherausgeber, 2005).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.09.2005

Ungleichheit in Würde?
Die Hannoveraner Sicht: Ein Band über „Sozialstaat und Gerechtigkeit”
Der Tagungsband „Sozialstaat und Gerechtigkeit” diskutiert das Grundproblem der gerechten Verteilung des Wohlstands aus Hannoveraner Sicht. In Hannover werden zu Ehren der 1906 dort geborenen Hannah Arendt seit letztem Jahr die „Hannah-Arendt-Lectures” veranstaltet. Aber trotz der aktuell brennenden Thematik äußert sich der in Hannover ansässige Bundeskanzler nicht, sondern solide philosophische Reflexionen stehen im Mittelpunkt des Buches, zu dem Heiner Geißler ein wenig Polemik beisteuert.
Geschrieben ist dieses philosophische Buch für Nicht-Fachleute, die wenig Zeit haben. Da ist der geringe Umfang erfreulich, zumal man sich die Einleitung, das erste und letzte Kapitel getrost schenken kann; das eine im Seminarstil geschrieben, das andere als Tonbandprotokoll eines Vortrags zusammengeflickt. Netto verbleiben weniger als 50 lesenswerte Seiten.
Im Mittelpunkt des Buches steht die Kontroverse zwischen Egalitarismus und Non-Egalitarismus. Ersterer fordert, dass die „Grundgüter” dieser Welt, die Zugang zum gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben geben, im Eigeninteresse gleich verteilt sein sollten. Vor allem die Zugangschancen zur Bildung und zum Arbeitsmarkt müssen nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich für alle gleich sein. Dies ist selbst für Egoisten eine sinnvolle Forderung - man weiß ja nicht, in welche Situation man selbst kommen könnte. Moderne Egalitaristen sind also weit weg von einer Forderung nach Gleichverteilung des Einkommens und anderer Güter, denn dadurch würden diejenigen bestraft, die sich mehr anstrengen als andere. Gleich verteilt werden soll nur die im Wortsinn unverdiente „Anfangsausstattung”.
Bekannte Namen, die für modernen Egalitarismus stehen, wie John Rawls und Amartya Sen, werden in dem Buch zitiert, auch einige weitere in Fachkreisen bekannte wie Robert Nozick und Ronald Dworkin, während die weiterführenden Überlegungen von John E. Roemer von der Universität Yale unterschlagen werden. Wahrscheinlich deswegen, weil er, wie auch der französische Verteilungstheoretiker Serge Kolm, sehr mathematisch denkt und formuliert.
Die Nonegalitaristen - Michael Walzer ist der bekannteste Name - halten den Anspruch nach Gleichverteilung von Grundgütern für überzogen und nicht praktikabel. Sie plädieren - in der Interpretation von Angelika Krebs - für die Sicherstellung einer Minimalausstattung, die ein Leben in Würde ermöglicht. Ungleichheit, die in Würde stattfindet, sei kein Problem.
Dem Beitrag von Susanne Boshammer zufolge unterscheiden sich beide Positionen faktisch nicht. Denn eine Minimalausstattung ist nicht unabhängig vom Rest der Gesellschaft zu bestimmen. Ein Beispiel: Ein Telefon gehört sicherlich nicht zu den lebenswichtigen Dingen. Man kann auch ohne Telefon in Würde leben. Aber ohne telefonische Erreichbarkeit ist man heutzutage nicht mehr „arbeitsmarktfähig”. Das „Luxusgut” Telefonanschluss gehört also in modernen Gesellschaften zur Minimalausstattung, die der Staat garantieren muss. Diese ethische Überlegung hat unmittelbare Folgen für die Festlegung der Sozialhilfe.
Der Sozialethiker Gerhard Kuip zeigt auf wenigen Seiten, wie man relevante Implikationen aus den modernen Verteilungsethiken ableiten kann. Zum Beispiel eine Relativierung des Leistungsprinzips, da Leistung in arbeitsteiligen Gesellschaften oft schwer persönlich zurechenbar ist (und zum Teil obendrein vom Glück der genetischen „Anfangsausstattung” abhängt). Trotzdem sollten kluge Gesellschaften aber menschlichen Ehrgeiz ausnutzen: Wenn die Gleichverteilung der Basisgüter nicht gelungen ist, kann man am Ende hohe Einkommen ja durchaus massiv besteuern.
GERT G. WAGNER
DETLEF HORSTER (Hrsg.): Sozialstaat und Gerechtigkeit. Velbrück Wissenschaft, Weilerswist 2005. 127 Seiten, 16,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Einleitung, das erste und das letzte Kapitel dieses Buches kann man sich "getrost schenken", befindet Gert G. Wagner. Bleiben also netto 50 Seiten dieses Tagungsbandes der Hannoverschen Hannah-Arendt-Lectures zum Thema "Sozialstaat und Gerechtigkeit". Den Leser erwarten "solide philosophische Reflexionen" und ein bisschen Polemik von Heiner Geißler rund um die Kontroverse von Egalitarismus und Non-Egalitarismus. Während einige Beiträger dafür plädieren, der Staat solle für jeden Bürger eine gewisse "Anfangsausstattung" garantieren - und eine der Fragen lautet: Gehört das Telefon dazu? -, stehen die Non-Egalitaristen auf dem Standpunkt, eine "Gleichverteilung von Grundgütern" sei "überzogen und nicht praktikabel". Autoren sind unter anderen Gerhard Kuip, Susanne Boshammer und Angelika Krebs.

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