Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 12,60 €
  • Broschiertes Buch

Cultural Studies haben sich nach ihren Anfängen in Birmingham zu einem transnationalen und transdisziplinären Projekt entwickelt. Auch im deutschsprachigen Raum fand eine breite Rezeption statt. Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen ließen und lassen sich von Cultural Studies inspirieren und bedienen sich aus deren theoretischer und methodologischer "Werkzeugkiste", um diese Anstöße produktiv umzusetzen. Dieser Band dokumentiert sowohl den Einfluss der Cultural Studies als auch ihre engagierte Fortführung im deutschsprachigen Raum. Dabei wird deutlich, welche Bereicherung sie für die…mehr

Produktbeschreibung
Cultural Studies haben sich nach ihren Anfängen in Birmingham zu einem transnationalen und transdisziplinären Projekt entwickelt. Auch im deutschsprachigen Raum fand eine breite Rezeption statt. Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen ließen und lassen sich von Cultural Studies inspirieren und bedienen sich aus deren theoretischer und methodologischer "Werkzeugkiste", um diese Anstöße produktiv umzusetzen. Dieser Band dokumentiert sowohl den Einfluss der Cultural Studies als auch ihre engagierte Fortführung im deutschsprachigen Raum. Dabei wird deutlich, welche Bereicherung sie für die hiesigen Sozial- und Kulturwissenschaften darstellen. Zugleich zeigt sich die Anschlussfähigkeit der Cultural Studies in Deutschland und Österreich an die internationale Diskussion."Die wichtige Bedeutung des vorliegenden Buches liegt darin, dass es Perspektiven für die deutschsprachigen Cultural Studies eröffnet, die sich noch vor wenigen Jahren niemand hat vorstellen können." (Larry Grossberg, Universität von North-Carolina, Chapel Hill)
Autorenporträt
Lothar Mikos ist Professor an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg und lehrt im Fachgebiet Medien- und Kommunikationswissenschaft.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.03.2002

Ethnologik
Falsche Fremde, echte Fremde
Wir alle kennen das: Sobald etwas verstopft ist, werden Handwerker gebraucht, die sich der Sache annehmen und aus ihrer Werkzeugkiste die entsprechenden Gerätschaften ziehen. In ähnlicher Weise ertönt jetzt der Ruf nach mehr Fremdheitskompetenz. Es bedurfte wohl erst des terroristischen Schreckens, um aller Welt klar zu machen, dass der „Dialog der Kulturen” notwendiger ist denn je. Deshalb sollen jetzt schnell neue Leitungen und Kanäle gelegt werden, die aber nur die technische Seite des Problems darstellen.
Gleichzeitig ist ein bestimmtes Personal aufgerufen, sich an der Befähigung zum Dialog zu beteiligen. Die Ethnologie schickt dazu ihre Helden ins Feld, die in malinowskischer Selbstkasteiung Grenzerfahrungen durchleben. Doch die übliche Emphase eines stationären Langzeitaufenthalts, um andere Lebensformen zu verstehen, klingt verhaltener, seit die Methode der teilnehmenden Beobachtung in Verruf geraten ist. Sybille Niekisch zufolge adelt der Ethnologe, indem er das Exotische privilegiert, das Fremde „zu einer sublimierten Form von Hochkultur”.
Es geht also um die Daseinsberechtigung eines Faches, das seine eigenen territorialen Raumgewinne in Zeiten gegenseitiger und medialer Durchdringung nicht unwidersprochen fortsetzen kann. Wie tauglich ist die Ethnologie noch, seit sich ihr Einzugsbereich auf „global cultural flows” (Arjun Appadurai) erstreckt?
Die Ethnologen scheinen hart daran zu knabbern, dass die Cultural Studies in ihrem angestammten Revier wildern. Also mokieren sie sich lauthals über jene Schreibtischtäter, die doch nur das Terrain ihrer Stammkneipe erkundeten. Doch diese Abwehrhaltung, so zeigen es einige Autoren im vorliegenden Band, ist fehl am Platz. Denn die Angst vor der Kolonisierung der eigenen Disziplin verstellt den Blick darauf, dass auch die rein textuellen Streifzüge der Cultural Studies im Grunde die gleichen Forschertypen voraussetzen: Informanten, Konvertiten und Übersetzer, die ihr Dazwischensein gewinnbringend einsetzen.
Birgit Wagner sieht die Schreibweisen von drei so unterschiedlichen Autoren wie Antonio Gramsci, Walter Benjamin oder Antonio Machado als geradezu paradigmatisch dafür an. Die Gefängnishefte, das Passagen-Werk sowie die Essaysammlung „Juan de Mairena” müssten als transdisziplinäre Unternehmungen avant la lettre begriffen werden. Sie alle eint ein Denken, das aus einer randständigen Position heraus den Kulturbegriff erweitert und insbesondere die Grenzen und Möglichkeiten der dabei genutzten Medien thematisiert.
Auch die Cultural Studies können auf solche marginal men verweisen, schließlich waren ihre Gründerfiguren scholarship boys aus der Arbeiterklasse. Ihr Bekenntnis zur subjektiven Erfahrung prägt das Projekt noch heute: so sind es oftmals Migranten, die wertvolles Wissen über den inneren Kampf der Kulturen mitbringen. Sollte man diese Bindestrich- Existenzen nicht verstärkt konsultieren, als Experten einer chronischen Heimatlosigkeit? Die Handwerker kommen ohnehin meist später als angekündigt.
JAN ENGELMANN
UDO GÖTTLICH, LOTHAR MIKOS, RAINER WINTER (Hrsg.): Die Werkzeugkiste der Cultural Studies. Perspektiven, Anschlüsse und Interventionen. Transcript Verlag, Bielefeld 2001. 348 Seiten, 25,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Rezensent Jan Engelmann hat einen Blick in die "Werkzeugkiste der Cultural Studies" geworfen. Was hat er da gefunden? Die "Fremdheitskompetenz", die Kompetenz also, den in Zeiten terroristischen Schreckens so notwendigen "Dialog der Kulturen" produktiv zu führen. Nicht mehr allein der von einigen Autorinnen und Autoren in diesem Band scharf kritisierten Ethnologie kommt Engelmann zufolge diese Kompetenz zu, sondern zunehmend den Cultural Studies. Er verweist auf einen Aufsatz von Birgit Wagner über Antonio Gramsci, Walter Benjamin und Antonio Machado, die "aus einer randständigen Position heraus den Kulturbegriff erweitert und insbesondere die Grenzen und Möglichkeiten der dabei genutzten Medien thematisiert" hätten. Auch die Cultural Studies können nach Engelmann auf solche "marginal men" - oftmals handelt es sich um Migranten - verweisen. Gerade diese, so Engelmann bringen "wertvolles Wissen über den inneren Kampf der Kulturen" mit und sollten deshalb konsultiert werden.

© Perlentaucher Medien GmbH