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Der Versroman "Heidegger als Postbeamter" nimmt seinen Anfang bei Heideggers Zeit, als er während des Ersten Weltkriegs Feldpost zensierte, und lässt den Philosophen eine Reise durch Zeit und Raum, durch Himmel und Hölle unternehmen und dabei sein zukünftiges Werk und Leben imaginieren. Gemeinsam mit seinem Vergil Hölderlin und seiner Beatrice Hannah Arendt gerät er in Situationen, die zunehmend surrealer werden. Wie in einem Fiebertraum stellen sich ihm und seinem Denken von Station zu Station neue unerwartete Hindernisse entgegen. Begegnungen mit Ratten, Kriegen, Sümpfen und auch der…mehr

Produktbeschreibung
Der Versroman "Heidegger als Postbeamter" nimmt seinen Anfang bei Heideggers Zeit, als er während des Ersten Weltkriegs Feldpost zensierte, und lässt den Philosophen eine Reise durch Zeit und Raum, durch Himmel und Hölle unternehmen und dabei sein zukünftiges Werk und Leben imaginieren. Gemeinsam mit seinem Vergil Hölderlin und seiner Beatrice Hannah Arendt gerät er in Situationen, die zunehmend surrealer werden. Wie in einem Fiebertraum stellen sich ihm und seinem Denken von Station zu Station neue unerwartete Hindernisse entgegen. Begegnungen mit Ratten, Kriegen, Sümpfen und auch der Geliebten wirbeln seine Thesen und Gedanken wild durcheinander. Wirklichkeit und Wahn, Sein und Nicht-Sein sind nicht mehr auseinanderzuhalten. Doch Heideggers Himmlische Vision lässt sich nicht aufhalten."Heidegger als Postbeamter" ist ein modernes, verwitzt existenzialistisches Epos, eine archaisch-märchenhafte Jenseitsfahrt, die in 15 Gesängen mit Prolog und Zwischenspiel durch die Höhen und Tiefen von der menschlichen Existenz und von Heideggers Philosophie führt.
Autorenporträt
István Vörös, geb. 1964, lebt als freier Autor, Übersetzer aus dem Tschechischen und Universitätsdozent in Budapest. Sein umfangreiches literarisches Werk wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Vilenica-Preis (2000), dem Attila-József-Preis (2003), dem Hubert-Burda-Preis (2003) und 2006 war er zu Gast beim Berliner Künstlerprogramm des DAAD. Auf Deutsch liegt bei der Edition Korrespondenzen in der Übersetzung von Zsuzsanna Gahse der zweisprachige Auswahlband "Die leere Grapefruit" (2004) vor.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.02.2009

Grashüpfer-Schrecken
István Vörös’ Langgedicht „Heidegger als Postbeamter”
Martin Heidegger war, wie Rüdiger Safranski schön gezeigt hat, im Ersten Weltkrieg keiner der unzähligen nationalistischen Hetzer, die, vor allem zu Beginn, auf allen Seiten zum Kampf riefen. Etwas weniger bekannt ist, dass Heidegger, der unter einem schwachen Herzen litt, keinen Kriegsdienst leisten musste und im Frühjahr 1915 seine Habilitationsschrift abgab, dann doch drei Jahre lang als Zensor bei der Militärpost in Freiburg verpflichtet wurde. Er hatte Briefe aus dem feindlichen Ausland zu öffnen, eine Tätigkeit, die bis Anfang 1918 dauerte: Heidegger als Briefsäuberer, der die Zeit daneben nutzte, sich um Professuren zu bewerben.
Der Titel „Heidegger als Postbeamter” über dem immerhin 210 Seiten langen Gedicht des Ungarn István Vörös ist demnach nur ein halber Scherz. Aber natürlich ist der Text auch keine biografische Forschungarbeit, eher eine Kombination aus spielerischem Biographismus und lyrischen Phantasien zu möglichen Gedanken Heideggers. Wobei Vöros sich alle Freiheiten nimmt: Heideggers liebster Kollege im Postamt ist Hölderlin, als Verwalter, als „Sorge” oder auch „kleiner Bruder” des Postinspektors. Zusammen mit Hannah Arendt lenkt Martin gegen Ende ein Postflugzeug. Vörös’ beste Idee, was die Figuren betrifft, ist jedoch, all den Ernsthaften um Heidegger im Gefreiten Schwejk einen Bier trinkenden Kontrapunkt hinzustellen, der Hölderlin und den Denker an der tschechischen Grenze begrüßt und ihnen erst mal ihr gemeingefährliches Messer abnimmt.
Doch was Vörös’ Buch lesenswert macht sind nicht seine Gags. Wo er blödelt, ist er öfter mal platt. Dagegen gibt es viele schöne Stellen, in denen sich Ironie und Philosophie eigenständig poetisch die Wage halten: „Während die Geschichte pausierte / und Heidegger, im Jenseits, langsam / in Reglosigkeit überging / wie eine in der Sülze festsitzende Fliege,/ rührte sich Hölderlin, ein bisschen.” In Bildern vermittelt Vörös mehr Philosophie als in Begriffen: „Mir scheint, wir steigen gar / nicht hoch, sagte Heidegger / erschrocken. Hannah nahm / seinen Schrecken, wie einen / Grashüpfer, in die Hand.”
„Wer ist Heidegger?” fragt der dreizehnte Gesang. Er beginnt mit einer raffinierten Mischung aus alltagsnaher Klarheit und ungewohnter Metapher: „Ein Mann, den das heilige Wort / beeindrucken kann. Ein Teppich / in der Hand der Kälte. Sie wickelt ihn / sich um die Hüfte.” In solchen Versen wird möglich, was, wenn auch etwas abgenutzt, die folgenden Zeilen beschreiben: „Die Sprache / ist ohne Ziel, ohne Anfang. Sie strömt // dahin wie das Wasser unter der Brücke. / Wir können darin die Welt waschen, // um sie erkennbarer zu machen.”
Manchmal legt Vörös seinem Helden, dem er in skeptischer Vertrautheit zugewandt bleibt, einen Vers in den Mund, von dem man wünschen würde, dass dieser Held ihn zur rechten Zeit gesagt hätte: „Zum Krieg / taugt der Deutsche nicht. / Erfolgreich bekriegt er nur / sich selbst. Ein zu großes Volk, aus zu vielen kleinen Leuten. - Das sagst Du, Heidegger.” Er hat Anderes gesagt, denn er war, so Vörös, „ein Idiot und ein Weiser” zugleich: „Der Idiot fängt an, am Baum / herumzumachen. Hält sich an der Wurzel / fest, klettert hinauf, guckt ins Nichts / und was da grünt, leuchtet und wirbelt. // Der Weise schließt die Augen und schläft.” Dann wird ein Segelboot gezimmert, auf dem Heidegger träumt: „Hölderlin belud das Boot mit Proviant.” HANS-PETER KUNISCH
ISTVÀN VÖRÖS: Heidegger als Postbeamter. Aus dem Ungarischen übersetzt von Lászlo Kornitzer. Edition Korrespondenzen, Wien 2008, 236 Seiten, Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auch wenn der Titel dieses Langgedichts von Istvan Vörös wie ein Witz anmutet, entbehrt er nicht der biografischen Grundlage, denn Heidegger sei im ersten Weltkrieg mehrere Jahre im Militärdienst als Zensor von Briefpost tätig gewesen, wie uns Hans-Peter Kunisch verrät. Trotzdem bereitet uns der Rezensent darauf vor, kein Kapitel aus Heideggers Lebensgeschichte zu lesen, sondern vielmehr einen mit der Biografie Heideggers spielenden, mit "lyrischer Fantasie" kombinierten Text zu lesen. Vörös lässt Heidegger zusammen mit Hölderlin in der Poststation arbeiten und am Ende gar zusammen mit Hannah Arendt in einem Postflugzeug abheben, erklärt Kunisch. Den gelungensten Einfall aber sieht der Rezensent darin, all diesen Denkern den schalkhaften Schwejk gegenüberzustellen. Dabei lässt sich Kunisch weniger von den komischen Teilen dieses Langgedichts überzeugen - häufig kommen ihm die Witze sogar allzu flach daher. Dafür preist er die Textpassagen, in denen der ungarische Autor Philosophie nicht in Begriffen, sondern in eindrucksvollen Sprachbildern zu fassen vermag und Heidegger die Sätze sagen lässt, die man von ihm zu Lebzeiten gern gehört hätte.

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