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Die neuere Altertumsforschung hat deutlich gemacht, dass Politik sich nicht nur in Bezug auf Staat und Institutionen definieren lässt.Unter der Voraussetzung, dass ein verändertes Verständnis des Politischen auch ein Nachdenken über das Recht notwendig macht, geht der Autor der Korrelation zwischen Recht und Gesellschaft in der römischen Republik nach und macht sich dabei Methoden und Erkenntnisse aus der soziologischen und anthropologischen Theorie zunutze. Er begibt sich als Althistoriker auf ein fremdes Terrain - in dem Bewusstsein, dass Recht nicht allein juristisch analysiert werden kann,…mehr

Produktbeschreibung
Die neuere Altertumsforschung hat deutlich gemacht, dass Politik sich nicht nur in Bezug auf Staat und Institutionen definieren lässt.Unter der Voraussetzung, dass ein verändertes Verständnis des Politischen auch ein Nachdenken über das Recht notwendig macht, geht der Autor der Korrelation zwischen Recht und Gesellschaft in der römischen Republik nach und macht sich dabei Methoden und Erkenntnisse aus der soziologischen und anthropologischen Theorie zunutze. Er begibt sich als Althistoriker auf ein fremdes Terrain - in dem Bewusstsein, dass Recht nicht allein juristisch analysiert werden kann, ja dass ein juristischer Blick auf das Recht mehr zu dessen Legitimation als zu dessen Analyse beiträgt. Der Autor setzt sich mit der Gesetzgebung, der Jurisprudenz und der Rechtsprechung des praetor urbanus auseinander. Anschließend untersucht er anhand von Ciceros Rede für P. Quinctius die zivile Gerichtspraxis.Er kommt zu dem Ergebnis, dass das Recht auf sozial-politischen Strukturen aufbaute, sie ermöglichte und durch sie ermöglicht wurde.
Autorenporträt
Dr. Jani Kirov hat Alte Geschichte und Germanistik in Freiburg studiert, wo er 2004 promoviert wurde.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.2006

In letzter Instanz stimmt alles
Jani Kirov sucht die sozialen Grundlagen des römischen Rechts

Daß das Recht der römischen Republik kaum Gesetzesrecht und zumeist Juristenrecht war, daß die Juristen der Aristokratie entstammten, daß die Gesetze auf aktuelle Situationen reagierten und nicht aus einer Planung stammten, daß die Gesetzessprache wenig begrifflich und zumeist wortreich umschreibend war, daß das Juristenrecht kasuistisch war und erst später zur Bildung von Begriffen kam, daß die römische Republik und ihr Rechtsdenken nicht liberal dachten, keine Freiheitsrechte und in diesem Sinne keine subjektiven Rechte kannten - diese und weitere bekannten Sachverhalte, die das Recht der Republik vom neuzeitlichen Recht unterschieden, werden in dem Buch in einer Ausführlichkeit dargelegt, als müßten sie erst erarbeitet werden.

Vielleicht liegt diese Eigenart daran, daß Kirov der rechtshistorischen Literatur in einem antijuristischen Affekt deshalb mißtraut, weil er bestrebt ist, bereits in die Herausarbeitung der Sachverhalte seine Grundthese einfließen zu lassen. Diese Grundthese besteht darin, daß das Recht der römischen Republik durch die römische Sozialstruktur bedingt war - aber wenn er sie nur so gemeint hätte, wäre sie partiell richtig bis zur Banalität. Es kommt bei ihm aber noch etwas hinzu: Er meint, das Recht sei wenn nicht ausschließlich, so doch vorwiegend dadurch bedingt.

So ist der Titel des Buches gemeint, der sagen will, eine andere als die soziale Logik des Rechts gebe es nicht, geschweige denn eine innerrechtliche. Sätze wie: es sei "das Warum der juristischen Praxis nicht anderswo zu suchen als in einem sozialen Mechanismus der Machtakkumulation und -legitimiation", sind nicht selten, sie verkürzen komplexe Sachverhalte und schließen die historische und soziale Wirklichkeit gerade nicht mehr auf.

Friedrich Engels hatte sich gegen die Vulgarisierer des Marxismus gewandt, die alles unmittelbar auf die Produktionsverhältnisse zurückführen wollten: Zwar sei das so, aber nur "in letzter Instanz". Dazwischen gibt es noch weitere Instanzen, und es ist nur sehr selten der Fall, daß etwas wirklich bis zur letzten Instanz getrieben werden muß. Kirov steuert zu unmittelbar seine letzte Instanz der Stabilisierung der aristokratischen Herrschaftsordnung an - wenn sie denn die wirklich letzte Instanz sein sollte und nicht nur eine unter anderen ist. Die dann allerdings gewiß.

Das leider ohne Register erschienene Buch enthält zahlreiche kluge Einsichten und Beobachtungen, die allerdings meist in einer derart umständlichen Sprache vorgebracht werden (muß man statt "mehrdeutig" "polysem" sagen?). Die stilistische Eleganz der römischen Rechtstexte und des dankenswerterweise oft wörtlich zitierten Cicero haben nicht als Vorbild gewirkt.

Daß das römische Rechtsleben auf Konsens und weniger auf strafbewehrter Durchsetzungsmacht beruhte, zeigt sich auch im Fehlen einer spezifischen Zwangsvollstreckung; die Rechtspraxis in Gestalt des römischen Zivilprozesses ist eines der besten Beispiele dafür, wie ausschließlich aristokratisch die römische Gesellschaft verfaßt war; auch die Rechtssprache der athenischen demokratischen Gesetze war nicht begrifflich, sondern aufzählend-umschreibend. Kirovs Interpretation von Ciceros Rede für Quinctius ist vorzüglich und eröffnet neue Gesichtspunkte; insbesondere ist es gut, wie intensiv er dargelegt hat, daß in einem Zivilprozeß der Rhetorik des Anwalts anscheinend eine sehr große Rolle zukam, so daß er damit ausgiebig nachweisen konnte, wie wesentlich auch im juristischen Alltag außerrechtliche Kategorien eine entscheidende Funktion hatten.

Jeder erstmalige Leser der Rede hatte das gleich beim ersten Satz gemerkt. Die Rede setzt nämlich damit ein, daß im Staat - auch im Rechtsleben - zwei Dinge am meisten wirken: persönlicher Einfluß (gratia) und Beredsamkeit (eloquentia). Quod Kirov über viele Seiten dann more Bourdieuano demonstravit.

WOLFGANG SCHULLER.

Jani Kirov: "Die soziale Logik des Rechts". Recht und Gesellschaft der römischen Republik. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005. 223 S., geb., 38,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wolfgang Schuller wundert sich, dass Jani Kirov in seinem Buch über die "Soziale Logik des Rechts" die Grundlagen des Rechtsverständnisses in der Römischen Republik so ausführlich darstellt, da es sich doch im Wesentlichen um bekannte Tatsachen handelt, wie der Rezensent anmerkt. Die Hauptthese, dass das römische Recht grundsätzlich durch die soziale Ordnung determiniert war, findet Schuller dann auch ein bisschen banal und letztlich den komplexen Sachverhalten nicht unbedingt angemessen. Er beklagt das fehlende Register und die unnötig schwer verständliche Sprache, um dann Kirov aber doch noch etwas Lob angedeihen zu lassen. So manche interessante Erkenntnis lasse sich doch gewinnen, meint Schuller, der als Beispiel die gewinnbringende Auslegung von Ciceros Rede für Quinticus anführt.

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