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In der Renaissance war es der Platonismus, in der Moderne die Maschinenrationalität, heute dagegen ist es die Logik des digitalen Habitats, die nach Aufnahme in den Gehalt der Architektur verlangt. Sie fordert die Architektur als jene Praxis heraus, in der von jeher die kulturelle Logik einer Zeit ihre Übersetzung in die Sinnenhaftigkeit der menschlichen Lebenswelt erfährt.In historischer Vertiefung stellt dieses Buch die Frage nach den theoretischen Grundlagen der Architektur als symbolische Form.

Produktbeschreibung
In der Renaissance war es der Platonismus, in der Moderne die Maschinenrationalität, heute dagegen ist es die Logik des digitalen Habitats, die nach Aufnahme in den Gehalt der Architektur verlangt. Sie fordert die Architektur als jene Praxis heraus, in der von jeher die kulturelle Logik einer Zeit ihre Übersetzung in die Sinnenhaftigkeit der menschlichen Lebenswelt erfährt.In historischer Vertiefung stellt dieses Buch die Frage nach den theoretischen Grundlagen der Architektur als symbolische Form.
Autorenporträt
Jörg H. Gleiter (Prof. Dr.-habil.), geb. 1960, leitet das Fachgebiet Architekturtheorie der Technischen Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Architekturphilosophie und -theorie der Moderne, die Kritische Theorie des Ornaments, sowie Theorien von Nachhaltigkeit und Anthropozän.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.09.2008

Was man nicht mehr begreift, sieht man staunend als Bild
Von Bytes und Bauten: Jörg H. Gleiter über Architekturtheorie im digitalen Zeitalter
Die Architektur ist nicht nur das älteste, sondern auch das aufdringlichste Massenmedium. So verwundert es nicht, dass sich Städte von spektakulären Neubauten die öffentlichkeitswirksame Aktualisierung ihres Images erhoffen. Zumal es traditionell die Architektur ist, in der „die kulturelle Logik einer Zeit ihre Übersetzung in die Sichtbarkeit und materiell-sinnliche Erfahrbarkeit findet”, wie der Architekturphilosoph Jörg H. Gleiter in seinem Buch „Architekturtheorie heute” schreibt.
Die kulturelle Logik unserer Zeit ist zunehmend von Computerprozessen ge-prägt. Soll die Baukunst ihre Rolle als sinnliche Übersetzerin des Zeitgeists wahren, gibt es deshalb „keine Alternative zur Aufnahme der digitalen Technologien in den Gehalt der Architektur”.
Das stellt Gleiter gleich zu Beginn klar, ebenso aber, dass sie dabei in ihren Grundfesten erschüttert wird. Denn die Computer – die mit immer leistungsfähigeren Bildgebungsverfahren und Programmen zur Berechnung noch der kompliziertesten Raumgebilde längst mitverantwortlich sind für die Entwürfe von Gebäuden –, die Computer verändern das Wesen der Architektur. Viren gleich „drängen die ins Unsichtbare sich verflüchtigenden Technologien allem und jedem ihre digitale Logik auf” und schreiben gleichsam die DNS der Architektur um, wenn man Gleiters Ausführungen folgt. Die komplexen neuen Phänotypen des Bauens, die daraus resultieren, stellen das in Frage, was für Gleiter die „kulturelle Konstante” der Architektur ausmachte: die Verkörperung der „Idee von Standfestigkeit, von Konstruktion und Tektonik”.
Verwischte Unterscheidungen
Deutlich wird das in Gleiters Rückblick auf den ersten radikalen Wandel der Architektur durch die Moderne. Bei aller Abgrenzung vom Historismus repräsentierten die Bauten der Moderne noch tradierte Konstruktionsprinzipien, die für den Betrachter nachvollziehbar waren „aus der eigenen Erfahrung mit dem Tragen und Lasten”. Das 2005 eröffnete Wissenschaftszentrum Phaeno in Wolfsburg, das Zaha Hadid entwarf, erscheint Gleiter dagegen als „unmittelbar vor Ort geformte, schwerelose Masse”.
Ebenso wenig erkennt er im neuen Olympiastadion in Peking von Herzog und de Meuron oder in dem im Bau befindlichen Porsche-Museum in Stuttgart des Büros Delugan Meissl noch Vertreter der „klassischen Tektonik”.
Schon in den neunziger Jahren brachten Architekten mit frühen durch Computer inspirierten Bauten alte architektonische Gewissheiten ins Wanken, wie Gleiter erinnert. Bewusst verunklärten sie die „Unterscheidung des Innen- vom Außenraum, von oben und unten, von Stützen und Lasten”. Doch blieb die digitale Kur, die sie der Architektur verordneten, eine äußerliche Anwendung nach den Rezepten des Dekonstruktivismus. Heute aber hat die materielle Praxis Architektur die immateriellen Bildschirmtechnologien verinnerlicht. Sie ist mit „dem infiziert, was man die schwache Ontologie der digitalen Verfahren nennen kann”, wie Gleiter diagnostiziert.
Konnte die Architektur die kulturelle Logik des Maschinenzeitalters noch in der ihr eigenen Materialsprache wiedergeben, etwa in Form von industriellen Serienprodukten, riskiert sie ihre physische Präsenz, wenn sie das Wesen der flüchtigen Digitaltechnologien unserer Zeit veranschaulicht. Sodass sich für Gleiter die Frage stellt, ob die Architektur heute „mehr materiale Manifestation oder mehr virtuelle Oberflächenerscheinung” ist. Anlass genug für eine Revision ihrer Grundlagen, wie er meint. Dem widmet sich die Reihe „ArchitekturDenken”, deren Auftakt mit Gleiters Band vorliegt.
Den Reiz des schmalen Buchs macht der mitreißende intellektuelle Schwung von Gleiters dichter Darstellung aus. Das gilt für seine hier exemplarisch skizzierte Einführung in die jüngere Architektur und ihre Ideengeschichte, von der frühen Moderne über die Postmoderne bis hin zum Dekonstruktivismus und zum „digital turn”. Aber auch für die Aufsätze, in denen er anschließend Einzelaspekte daraus behandelt. Etwa „Von Loos bis Eisenman. Kritische Theorie des Ornaments” oder „Einfühlungsästhetik. Zur Psychologie der Architektur”.
Schlecht verdrängt
Doch sind „architektonische Gebilde (...) immer in erster Linie reale Baukörper”, wie Gleiter feststellt, also auch dann, wenn sie am Computer entworfen wurden. So bleibt seine Diagnose vom schwachen „ontologischen Status” bezogen auf digital konzipierte Architektur etwas unscharf und theoretisch. Tatsächlich trifft sie aber bisweilen auf Gleiters recht abstrakte Argumentation zu, der Abbildungen der erwähnten Bauten gut getan hätten.
Eher als der Status scheint sich die Wahrnehmung der Architektur verändert zu haben. Weg vom dreidimensional aufgefassten Objekt hin zum Bild. Das mag an der Bildlastigkeit digitaler Verfahren liegen, aber auch an der Komplexität jüngster Architektur. Denn was der Einzelne nicht mehr begreift, sieht er staunend als Bild. So klingt es einleuchtend, wenn Gleiter in der Architektur eine „Verschiebung von den Zeichen zu den Bildern” feststellt, und mit dem Bildhaften etwas zurückgekehrt sieht, das seit dem Bann des Ornaments durch die frühe Moderne „zum schlecht Verdrängten der Architektur” gehört.
Für welche neue „Idee architektonischer Modernität” die gebauten Bilder des Digitalzeitalters stehen, ist noch offen. Umso dringlicher erscheint die Forderung seines berühmten Kollegen Manfredo Tafuri aus den sechziger Jahren, die Gleiter aufgreift: Die Architektur braucht einen kritischen Bilddiskurs. FRANK THINIUS
JÖRG H. GLEITER: Architekturtheorie heute. Transcript Verlag, Bielefeld 2008. 131 Seiten, 13,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Frank Thinius begrüßt Jörg H. Gleiters Band über Architekturtheorie im digitalen Zeitalter, der jetzt als Auftakt der Reihe "ArchitekturDenken" erschienen ist. Er findet in dem Band eine Einführung in die jüngere Architektur von der frühen Moderne über die Postmoderne des "digital turn" sowie einige Aufsätze zu einzelnen Aspekten wie "Von Loos bis Eisenman. Kritische Theorie des Ornaments" oder "Einfühlungsästhetik. Zur Psychologie der Architektur". Besonders gefällt Thinius der intellektuelle Verve, mit dem Gleiter ans Werk geht. Bisweilen scheint ihm die Darstellung allerdings schon ziemlich abstrakt. Besonders die These vom schwachen "ontologischen Status" digital konzipierter Architektur wirkt auf ihn etwas "unscharf und theoretisch". Gut getan hätten dem Band in seinen Augen auf jeden Fall Abbildungen der erwähnten Bauten.

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