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Warschau 1939: Mojsche ist 13, stolz und eigensinnig. Er ist zwar Jude, doch er fühlt sich vor allem als Pole. Als er in das jüdische Waisenhaus von Janusz Korczak kommt, will er mit den jüdischen Bräuchen, die dort gepflegt werden, nichts zu tun haben. Das ändert sich, als er sich in seine "Betreuerin" Rejsele verliebt.

Produktbeschreibung
Warschau 1939: Mojsche ist 13, stolz und eigensinnig. Er ist zwar Jude, doch er fühlt sich vor allem als Pole. Als er in das jüdische Waisenhaus von Janusz Korczak kommt, will er mit den jüdischen Bräuchen, die dort gepflegt werden, nichts zu tun haben. Das ändert sich, als er sich in seine "Betreuerin" Rejsele verliebt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.1998

Das Lied von Rejsele
Eine Liebesgeschichte aus Korczaks Kinderheim

Janusz Korczak ist längst eine Legende geworden. Wie der Warschauer Arzt und Pädagoge seine jüdischen Waisenkinder vergeblich zu retten versuchte und schließlich mit ihnen zusammen in die Gaskammern von Treblinka ging, ist hundertmal beschrieben worden. Die niederländische Jugendbuchautorin Karlijn Stoffels hat den Stoff benutzt und dazu eine wunderbar zarte Liebesgeschichte zwischen zwei Schützlingen des Doktors erfunden. Ihr erster Roman ist zugleich ein Hoheslied auf die Menschlichkeit inmitten von Terror und Vernichtung.

Korczaks Waisenhaus, eine bedrohte Insel, getragen von den pädagogischen Säulen Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Ordnung, ist für den elternlosen Mojsche Zuflucht vor Willkür, Gewalt und Tod. Aber gleichzeitig kritisiert er "König Hänschens Reich" und verstößt gegen dessen Regeln; er hat bereits zu viel Schreckliches gesehen, weiß zu genau, wie es in Kriegszeiten zugeht, um sich widerspruchslos einzuordnen.

Karlijn Stoffels zeichnet das Warschau unter der Schreckensherrschaft der Deutschen, ohne zu beschönigen: Razzien, Plünderungen, Mißhandlungen, Erschießungen sind an der Tagesordnung. Eine halbe Million halbverhungerter Menschen werden schließlich im Ghetto zusammengepfercht, ehe man sie in die Vernichtungslager abtransportiert. Der dreizehn Jahre alte Mojsche macht sich keine Illusionen, aber er hat einen unbändigen Willen zu überleben. Er gehört zu den ältesten Kindern in Korczaks Heim, lernt bereits das Schreinerhandwerk und übernimmt auch schwerere Arbeiten. Im Gegensatz zur gleichaltrigen ausgeglichenen und immer hilfsbereiten Rejsele, seiner großen Liebe, ist er ein Rebell, ein Ungläubiger dazu, der nicht hinnehmen will, was den meisten unausweichlich scheint. Aufs Beten und Hoffen jedenfalls wird er sich auf keinen Fall verlassen.

Als das wohlgeordnete Waisenhaus in das Chaos des Ghettos verlegt wird, flieht er und wird Kurier der polnischen Untergrundbewegung. Doch auch bei den Partisanen begegnet man ihm mit Ablehnung und Mißtrauen; er muß den Antisemitismus der Polen am eigenen Leib erfahren. Seine Aufträge bringen Mojsche immer wieder in große Lebensgefahr; wie er sie besteht und mit Galgenhumor, List und manchmal verzweifeltem Mut seinen Häschern ein ums andere Mal entkommt, gehört zu den aufregendsten Kapiteln dieses von Anfang an höchst spannenden Romans.

Authentisches und Fiktives sind in dieser Geschichte bewundernswert gemischt. Karlijn Stoffels berichtet von den schrecklichen Ereignissen nüchtern und ohne eine Spur von Pathos. Sie beschreibt, wie Menschen sich in Not und Gefahr verändern. Mojsche, der mehr weiß und riskiert als die anderen, verhärtet sich, um zu überleben. Seine Angst übertönt er mit sarkastischem Humor. Rejsele dagegen bleibt wie der Doktor bis zum Ende die gütige und furchtlose Gestalt. Bis zum Ende? Fünfzig Jahre später glaubt Mojsche seiner großen Liebe im Radiostudio von Tel Aviv zu begegnen, wo Überlebende aus Janusz Korczaks Waisenhaus zu einem Treffen zusammenkommen. Ein überraschender Schluß zwischen Traum und Wirklichkeit.

Statt anzugeben, für welche Altersgruppe dieses Buch gedacht ist, hat der Verlag "für alle" geschrieben. Der Appell, möglichst viele Leser für diesen ungewöhnlich dichten und bewegenden Roman zu gewinnen, ist berechtigt: Es gibt nur wenige Werke, die den dunkelsten Abschnitt unserer jüngsten Geschichte so eindringlich beschreiben. MARIA FRISÉ

Karlijn Stoffels: "Mojsche und Rejsele". Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. Beltz & Gelberg, Weinheim und Basel 1998. 199 S., geb., 24,80 DM. Für Jugendliche und Erwachsene

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Siggi Seuss findet, dass das Hörspiel gegenüber dem gleichnamigen Kinderbuch, aus dem es entstanden ist, an Lebensnähe nichts eingebüßt hat. Überhaupt halte die CD dem Vergleich mit dem Buch stand, sie "atmet den gleichen Geist", so der Rezensent anerkennend. Besonders begeistert ist er von dem den alten Mojsche sprechenden Münchner Schauspieler Thomas Holtzmann, dessen Stimme er als "Hörerlebnis" rühmt.

© Perlentaucher Medien GmbH