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Was für ein Bild kann man sich von der Vorstellungskraft machen? Diese Frage beschäftigt die Philosophen bis heute. Von Platon und Aristoteles bis Wittgenstein und Sartre hat die Philosophie versucht, sich mit dieser schwer fassbaren Materie auseinander zu setzen.Einen Gegenstand zu sehen ist in verschiedener Hinsicht ähnlich wie ein geistiges Bild vor Augen zu haben und doch wieder etwas ganz anderes. Mc Ginn zeigt, worin die Unterschiede zwischen Wahrnehmung und Vorstellungskraft liegen. Dabei diskutiert er auch die Natur von Träumen und geistigen Krankheiten.Außerdem spielt die…mehr

Produktbeschreibung
Was für ein Bild kann man sich von der Vorstellungskraft machen? Diese Frage beschäftigt die Philosophen bis heute. Von Platon und Aristoteles bis Wittgenstein und Sartre hat die Philosophie versucht, sich mit dieser schwer fassbaren Materie auseinander zu setzen.Einen Gegenstand zu sehen ist in verschiedener Hinsicht ähnlich wie ein geistiges Bild vor Augen zu haben und doch wieder etwas ganz anderes. Mc Ginn zeigt, worin die Unterschiede zwischen Wahrnehmung und Vorstellungskraft liegen. Dabei diskutiert er auch die Natur von Träumen und geistigen Krankheiten.Außerdem spielt die Einbildungskraft eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der logischen Argumentation. Ohne sie wäre weder Erinnern noch Planen, in die Zukunft denken, möglich. Wir nutzen sie, wenn wir Entscheidungen treffen oder uns fragen, was möglich sein könnte.Colin Mc Ginn versucht dem Phänomen »Vorstellungskraft« auf die Spur zu kommen, über das wir bei Lichte betrachtet erstaunlich wenig wissen.
Autorenporträt
Colin McGinn hat eine Professur für Philosophie an der Rutgers University, USA. Zahlreiche Veröffentlichungen, u. a.: Wie kommt der Geist in die Materie? Das Rätsel des Bewusstseins.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.08.2007

Das dritte Auge
Colin McGinn hat das Imaginäre wiederentdeckt
Für Wissenschaftler und Philosophen, die von der prinzipiellen Lösbarkeit all ihrer Probleme überzeugt sind, ist der britische, in den USA lebende und arbeitende Denker Colin McGinn ein „New Mysterian”. Zwar kann man ihm gedankliche Schärfe nicht absprechen. Denn ausgebildet im Rahmen der analytischen Philosophie und spezialisiert auf die Funktionsweise des Bewusstseins beherrscht McGinn die Regeln begrifflicher Analyse und subtiler Argumentation. Aber seit er in seiner 1999 erschienenen Untersuchung „The Mysterious Flame”, die 2001 unter dem skeptisch fragenden Titel „Wie kommt der Geist in die Materie?” in deutscher Übersetzung erschien, das Verhältnis zwischen Bewusstsein und Gehirn als ein unlösbares Rätsel darstellte, gilt er nicht mehr als verlässlicher Problemlöser analytischer Provenienz.
Sein 2004 in der Harvard University Press veröffentlichtes Buch „Mindsight” scheint diesen Vorwurf zu bestätigen. Denn jetzt geht es ihm um ein „Geistessehen”, das leicht als „Geisterseherei” kritisiert und verworfen werden könnte. Doch mit dem „geistigen Sehen” meint McGinn keine übernatürliche oder spiritistische Fähigkeit. Das Sehen mit dem Auge des Geistes umfasst alltäglich vertraute Eigenarten des Menschen, die traditionell unter dem Begriff der „Einbildungskraft” zusammengefasst worden sind. Sie reichen von den sinnlichen Vorstellungen eines Abwesenden oder Nichtexistenten über Träume und Wahnvorstellungen bis zu kognitiv ausgefeilten Entwürfen von Möglichkeiten, die dem „Wunderland der Kreativität” entspringen. Sie alle unterscheiden sich qualitativ von optischen Wahrnehmungen und können nicht bruchlos mit den Augen des Körpers verknüpft werden. McGinn hat das breite Spektrum der Einbildungskraft Schritt für Schritt entfaltet. Mysteriöses wird man dabei vergeblich suchen. Aber dass er am Ende hofft, seiner Einbildungskraft möge endlich eine „verspätete Anerkennung” zuteil werden, ist zumindest verwunderlich. Denn es gibt doch kaum ein anderes Thema, das seit Platons Ideenschau die europäische Philosophie so stark und ausdauernd herausgefordert hat wie die Kraft der Vorstellung und Einbildung. MANFRED GEIER
COLIN MCGINN: Das geistige Auge. Von der Macht der Vorstellungskraft. Aus dem Englischen von Klaus Laermann. Primus Verlag, Darmstadt 2007. 224 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2007

Vor meinem geistigen Auge spielen sich gespenstische Dinge ab
Das Abenteuer des Denkens: Colin McGinn antwortet als Philosoph auf die Frage, wie es im Gehirn zu Vorstellungen kommt / Von Joseph Hanimann

Natürlich könnten die Philosophen heute auf ihrer Veranda beim Glas Whisky sitzen bleiben, so, wie Colin McGinn im Vorwort dieses Buchs sich selbst schildert: zufrieden über das bisher Geleistete und darauf vertrauend, dass Neurobiologen, Verhaltensforscher, experimentelle Kognitionswissenschaftler sich fortan der Untersuchung unserer Gehirnkapazitäten bestens annehmen werden. Den Autor, Professor an der Rutgers-Universität in New Jersey, trieb es aber doch an den Schreibtisch zurück. Er hat die Herausforderung erkannt, die die wieder heftig diskutierte Frage nach der Naturalisierung des Menschen für die gegenwärtige Philosophie bedeutet. Sein neues Buch liest sich wie ein philosophischer Wettbewerbsbeitrag im Forschungsstreit darüber, wie es in unserem Gehirn überhaupt zu Vorstellungen kommt.

Obwohl die Einbildungskraft seit Platon in der Philosophie als Thema bekannt ist, gibt es - so kann man sich mit McGinn wundern - doch nur wenige umfassende philosophische Einlassungen dazu. Bei Wittgenstein taucht die Frage des Vorstellungsvermögens auf, Sartre hat ihm ein Buch gewidmet. Das Vorstellen, das im weiten Gebiet zwischen Erkenntnis, Erinnerung, Träumen, Wahnzuständen, Sinndeutung, wissenschaftlicher und künstlerischer Kreativität tätig ist, wurde von den Philosophen gern in ein Zwischenfach der geistigen Kapazitäten abgelegt: weder der objektbezogenen Sinneswahrnehmung noch den eindeutig aus dem Geist entsprungenen Begriffen zugehörig.

Als Ausgangspunkt benutzt McGinn, wie ein vom Bassinrand sich abstoßender Schwimmer, die Auffassung David Humes, Vorstellungen seien im Grund nur abgeschwächte Sinneseindrücke. Ein Ding sehen oder es sich vorstellen, das sind für Hume zwei nur graduell unterschiedliche Erlebnisarten. Mit immer neuen Fußschlägen stößt der Langstreckenschwimmer McGinn sich von diesem empiristischen Beckenrand ab, um einen grundsätzlichen, kategorialen Unterschied zwischen "Vorstellung" und "Wahrnehmung" zu behaupten. Dass er dabei, als Phänomenologe, nicht gleich aus dem Wasser springt und sich der spekulativen Trockenübung hingibt, Wahrnehmung auf äußere Objektivität, Vorstellungen auf bloß innere Phantasiebilder zu beziehen, macht sein Buch schon im Ansatz interessant.

Unser Sehen, so lautet die theoretische Grundthese, gliedert sich nicht in ein abgestuftes Erfassen von eher inneren oder eher äußeren Objekten, sondern stellt ein und dieselbe visuelle Tätigkeit dar, die entweder als Wahrnehmung oder als Vorstellung auftreten kann - ohne Rangordnung. Die Vorstellung ist demnach eine eigenständige Variante unseres visuellen Erfassens. Der Ausdruck "mit dem geistigen Auge sehen" verstünde sich also nicht mehr metaphorisch, sondern es ist laut McGinn "buchstäblich wahr, dass wir mit unserem Geist sehen".

Das klingt nach philosophischer Spitzfindigkeit. In Wirklichkeit öffnet sich ein Horizont. Stellt man diese These in die Perspektive des kategorialen Unterscheidungskatalogs zwischen Vorstellung und Wahrnehmung, die McGinn im Eingangskapitel seines Buchs ausbreitet, ergibt sich eine Reihe konkreter Konsequenzen.

Vorstellung kann, im Unterschied zur absichtslosen Wahrnehmung, gewollt werden, selbst wenn sie manchmal unwillkürlich auftritt. Die Vorstellung ist, wie Wittgenstein und Sartre erkannten, nicht informativ, sie offenbart uns also nichts Neues vom jeweiligen Gegenstand, weist auch kein optisches "Gesichtsfeld" mit Raumtiefe, Wahrnehmungsrändern und blinden Flecken auf, sie ist in ihrer "phänomenalen Fülle" gesättigt, also nicht durch genauere Betrachtung schärfer zu machen, und setzt Aufmerksamkeit voraus: Sobald ich an etwas anderes denke, ist die Vorstellung weg, während in der Wahrnehmung auch das zerstreut Gesehene vor den Augen bleibt. Vorstellungen sind laut McGinn aber so wenig wie Wahrnehmungen auf einen Akt des Denkens reduzierbar. Sie sind "geistige Gebilde sui generis" und sollten "als dritte große Kategorie der Intentionalität neben die Zwillingssäulen von Wahrnehmung und Kognition gestellt" werden.

Mit dem "geistigen Auge", schreibt der Philosoph, sehen wir nicht weniger wirklich als mit dem optischen Informationsumwandler des anatomischen Augenpaars, nur führt es - durch seine Singularität - zu einem zyklopischen Sehen. Insgesamt haben wir also drei Augen. Fragt sich nur, was man mit diesen drei Augen nun philosophisch macht. Colin McGinn will uns mit seiner Untersuchung zur Einbildungskraft das Abenteuer unserer mentalen Entwicklung erzählen, sowohl individualgenealogisch vom Säugling zum Erwachsenen, wie strukturell von der unmittelbaren Objektwahrnehmung zum ausgereiften Bewusstseinshorizont. Ausgehend von den direkten Sinneswahrnehmungen setze, so lehrt er, mit dem Aufkommen von Erinnerungsbildern ein Qualitätssprung ein, der über die vorstellungsbezogenen Sinnesempfindungen, die Vorstellungsbilder, über Tag- und Nachtträume den weiten Raum des Fiktionalen eröffnet und bis in die höchsten Stufen wissenschaftlicher und künstlerischer Kreativität reicht. Ein großer Teil unserer geistigen Tätigkeit spielt sich laut McGinn also im Bereich dieser Vorstellungstätigkeit ab: jenseits der Wahrnehmung, diesseits des Begriffs.

Mit unbeirrbarer didaktischer Geduld und immer neuen Anschauungsbeispielen arbeitet sich der Autor durch seine Argumentation, scheut endgültige Behauptungen, nuanciert früher gemachte Aussagen. Ihm geht es nicht um ein abgezirkeltes Gebäude stimmiger Theorie, sondern um eine analytische Baustelle mit unsicherer Zukunft. Auf der Grundlage der neuen Kognitionswissenschaften versucht er, einen vernachlässigten Modus menschlicher Selbstverständigung zu erhellen. Am überzeugendsten gelingt dies in der Bestandsaufnahme der Unterscheidungsmerkmale visueller Erfahrung, im Nachweis etwa, wie unterschiedlich der Raum sich in Wahrnehmung, im Vorstellen und im Denken konstituiert. "Geistig sehen" - etwa so, wie man "laut" oder "leise" denken kann - erhält dann tatsächlich eine ganz eigene Qualität. Hier gibt es keine Möglichkeit, ein Auge zu schließen und das andere offen zu lassen. Augenzwinkern? Unmöglich. Eine Schwierigkeit schafft der deutsche Übersetzungstitel. Wo der Originaltitel "mindsight" die anatomische Realität geschickt ausklammert, bezieht das "geistige Auge" sich doch sehr direkt auf ein konkretes Organ.

Als problematisch erweist sich, dass die fein analysierten Unterschiede zwischen Wahrnehmen und Vorstellen theoretisch immerfort auseinanderlaufen. Die Studie greift in ihrer demonstrativen Bescheidenheit zugleich zu kurz und zu weit. Wenn Träume etwa unter die Vorstellungen, nicht unter die (halluzinatorischen) Wahrnehmungen eingereiht werden, leuchtet das ein: Sie sind aufmerksamkeitsabhängig, phänomenal "gesättigt", haben meist ein narratives "Design". Die ganze Beschreibung kreist aber seltsam im Leerraum der abstrakten Kognition. Warum "glauben" wir denn an Träume? Freud "und Konsorten" - so der Autor - hätten dies wohl im Einzelnen zu erklären vermocht, nur sei ihre Erklärung falsch. Er selbst könne nicht so detaillierte Gründe dafür angeben, warum wir dem "Traumdesigner" in uns Glauben schenken, wisse aber, dass es nicht aus Angst vor einem Unbewussten kommt: Wir hätten während des Traumes vielmehr einfach "ein Bedürfnis zu glauben".

So viel theoretischer Aufwand für so ein Ergebnis? Ähnlich ernüchternd klingt das, was der Autor über den Zusammenhang von Vorstellung und Sprachkompetenz zu sagen hat. Das von Klaus Laermann sorgfältig übersetzte Buch ist nützlich, solange es um die kognitionstheoretische Durchleuchtung der Vorstellungskraft geht. Das ist ja nicht wenig. Für mehr reicht die Sehkraft des geistigen Auges einstweilen nicht aus.

Colin McGinn: "Das geistige Auge". Von der Macht der Vorstellungskraft. Aus dem Englischen von Klaus Laermann. Primus Verlag, Darmstadt 2007. 224 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Manfred Geier attestiert Colin McGinn, die Vorstellungskraft als philosophisches Thema wiederentdeckt zu haben. Die Einschätzung von Wissenschaftlern und Philosophen, die McGinn für einen "New Mysterian" halten, weil er das Verhältnis zwischen Bewusstsein und Gehirn als unlösbares Rätsel darstellte, teilt er nicht. Zumal der aus der analytischen Philosophie kommende Spezialist für die Funktionsweise des Bewusstseins nach Ansicht Geiers die Regeln "begrifflicher Analyse und subtiler Argumentation" souverän beherrscht. So unterstreicht er, man werde bei McGinns Entfaltung der Vorstellungskraft und all ihrer Spielarten nichts "Mysteriöses" finden. Allerdings verwundert ihn die Aussage des Autors, der Einbildungskraft möge endlich eine "verspätete Anerkennung" zuteil werden, schließlich sieht er darin ein Thema, das die europäische Philosophie schon seit der Antike stark beschäftigt hat.

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