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Zu recht gilt sie als "moderne Madame de Balzac", die ihren Blick genau und kritisch - und humorvoll! - auf unsere Gegenwart richtet. VON LIEBE, REICHTUM, TOD UND SCHMINKE sammelt die großen Essays, Erzählungen und Feuilletons Eva Demskis und liefert ein großartiges Kompendium ihrer Weltsicht.
Eva Demski erzählt von erfüllter und unerfüllter Liebe; von alten Männern und jungen Frauen; von Geist und Geld; vom Erben und seinen Folgen und vom lebenslangen Versuch des weiblichen Geschlechts, mit "Tonnen von Salben und Ölen" dem eigenen (Wunsch-)Bild näher zu kommen - Geschichten von Liebe, Reichtum, Tod und Schminke.
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Produktbeschreibung
Zu recht gilt sie als "moderne Madame de Balzac", die ihren Blick genau und kritisch - und humorvoll! - auf unsere Gegenwart richtet. VON LIEBE, REICHTUM, TOD UND SCHMINKE sammelt die großen Essays, Erzählungen und Feuilletons Eva Demskis und liefert ein großartiges Kompendium ihrer Weltsicht.

Eva Demski erzählt von erfüllter und unerfüllter Liebe; von alten Männern und jungen Frauen; von Geist und Geld; vom Erben und seinen Folgen und vom lebenslangen Versuch des weiblichen Geschlechts, mit "Tonnen von Salben und Ölen" dem eigenen (Wunsch-)Bild näher zu kommen - Geschichten von Liebe, Reichtum, Tod und Schminke.
Autorenporträt
Eva Demski ist gebürtige Regensburgerin. Ihre Kindheit verbrachte sie in Regensburg, Wiesbaden und Frankfurt am Main. Später studierte sie Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie und arbeitete anschließend als Dramaturgieassistentin, Lektorin, Übersetzerin und Journalistin. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in Frankfurt, wo sie 1998/99 an der Universität die Frankfurter Poetik-Vorlesungen hielt. Ihr erster Roman Goldkind erschien 1979, gefolgt von zahlreichen weiteren Romanen, Essay-Sammlungen, Reiseführern und Bildbänden. Ihre Werke wurden vielfach ausgezeichnet. 2008 erhielt Eva Demski den "Preis der Frankfurter Anthologie".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2004

Liebevolle Rebellin
Mit Überzeugungskraft: Neue Prosa von Eva Demski

Wann habe ich sie kennengelernt? Seit wann sind wir befreundet? Genau weiß ich es nicht mehr, aber es ist schon lange her. Sie, Eva Demski, lebte in jenen Tagen, wenn ich mich recht entsinne, im Banne einer großen Liebe: Es war der politische Kampf, der es ihr angetan hatte.

Rannte sie durch Frankfurt mit einem Schwert in der Hand? Wir wollen nicht zu sehr übertreiben. Es war wohl eher eine im Winde flatternde Fahne. Eine rote oder eine grüne? Jedenfalls eine ziemlich grelle. Und sicher ist: Sie wollte, es war 1968 und in den folgenden Jahren, die Welt oder doch zumindest Deutschland verändern. So eilte sie von Demonstration, nein, von Demo zu Demo.

Diese Revolte, in der sich die außerparlamentarische Opposition am deutlichsten manifestierte und in der der Protest der Studenten geradezu Triumphe feierte, wenn auch bisweilen fragwürdige, war nur zu einem Teil eine politische Bewegung. Gewiß, politische Begriffe und Parolen wurden unentwegt und mit großem Gepolter verkündet: Die Theoretiker und Führer der Meuterei beteuerten täglich, was sie anstrebten - eben politische Ziele von nationaler Bedeutung. Gleichwohl hatte dieser ganze Aufruhr einen vornehmlich emotionalen, einen intuitiven Untergrund: Es war für die meisten, die sich an ihm beteiligten, zunächst einmal eine vage und längst fällige Erhebung gegen das, was man das "Establishment" nannte.

Da also machte Eva Demski mit, kräftig und sogar stürmisch. Daß aber ihr Blick auf die bunte Fahne, schwärmerisch, also unkritisch war - das kann ich mir nicht recht vorstellen. Denn ich war mal - es ist schon über ein halbes Jahrhundert her - eine Weile Kommunist und kenne die Situation nur zu gut: Man zweifelt an diesem und jenem, man zweifelt fortwährend, hält es aber, um der großen Sache willen, für richtig, diesen Zweifel nicht zu zeigen und die Skepsis für sich zu behalten.

Es richtete sich ja diese Rebellion vor allem gegen die Welt der Väter: "Der Vaterkampf war damals unabdingbar" - erinnert sich Eva Demski jetzt -, "ohne ihn gehörte man nicht dazu." Aber verschiedene Gründe machten es ihr schwer, die Väter in Bausch und Bogen zu verurteilen, auch rein literarische: Es ist nicht so leicht, die Väter lauthals zum Teufel zu wünschen, wenn man bewundert, was sie geschrieben haben - von Thomas Mann bis Joseph Roth und Gottfried Benn. Es gibt da auch sehr persönliche, beinahe intime Gründe: Wenn ich mich nicht ganz irre, hat sich Eva Demski von niemandem in ihrem Leben mehr faszinieren lassen als von jenem, über den sie, dem Zeitgeist folgend, den Stab hätte brechen müssen: von ihrem Vater.

Ihn porträtiert sie in einem Aufsatz, den sie - die programmatische Absicht ist unverkennbar - an die Spitze ihres neuen Buches "Von Liebe, Reichtum, Tod und Schminke" gestellt und "Liebeserklärung" betitelt hat. Er war ein Mann des Theaters und des Fernsehens, ein Bühnenbildner und Regisseur, ein Maler und Musiker, er war ein charismatisches Junggenie mit Weib und kleinem Kind und mit dem "unerfüllbaren Wunsch nach Alleinsein und völliger Ungebundenheit". Auf seinem Totenbett hat er gesagt: "Ich hätte gern die Akropolis gesehen." Daß er sich nie aufraffen konnte, nach Athen zu reisen, wird zum Symbol seines Scheiterns.

Für mich ist dieses Porträt eines "In-sich-Gekehrten" die rührendste und die am meisten enthüllende von den hier vereinten Arbeiten. Enthüllt wird der Vater und seine Zeit und zugleich noch eine Person: die Autorin. Sie spricht klar und offen, aber nie exhibitionistisch - und verrät mehr über sich selbst, als sie sich dessen, möglicherweise, bewußt sein möchte.

Das neue Buch ist Eva Demskis sechzehntes oder siebzehntes. Über keines habe ich auch nur eine einzige Zeile geschrieben. Wird man mich jetzt, da ich nun dieses Buch bespreche und rühme, nicht der Gefälligkeit verdächtigen? Mag sein. Aber wollte ich auf diese Kritik verzichten, dann wäre es Feigheit. Was immer man mir in meiner langen Kritikerlaufbahn vorgeworfen hat, die Feigheit gehörte nie dazu. Und dabei soll es bleiben.

Auf der Titelseite dieses Bandes fällt auf, was fehlt: Eva Demski vermeidet es (und das mit gutem Grund), die Gattung der von ihr zwischen zwei Buchdeckeln vereinten Stücke zu bezeichnen. Man könnte von Aufsätzen sprechen, nur wäre damit kaum mehr gesagt, als daß Lyrik hier nicht zu finden ist. Der Begriff "Essay" wiederum trifft die Sache bloß teilweise, zumal er bei uns seit beinahe hundert Jahren leichtsinnig auf nichtfiktionale Prosa jeglicher Art bezogen wird. Es gibt in jeder dieser Arbeiten auch essayistische Passagen und bemerkenswerte, mal ausführlichere, mal knappere. Aber sie dominieren nicht.

Ihre Lieblingsbeschäftigung, schreibt Eva Demski, sei das Beobachten, sie sei eine Voyeurin. Was sie hier dem Leser bietet, besteht aus Berichten, Schilderungen und Momentbildern, aus Reminiszenzen, Impressionen und Reflexionen. Die Chronistin behilft sich mit Erzählerischem, die Erzählerin mit Bekenntnissen. Doch die Aneinanderreihung dieser Elemente ist immer ganz locker und zwanglos und nähert sich nie der Montage oder der Collage. Keine Methode ist erkennbar, kein System, keine vorgefaßte Absicht. Dennoch wirkt nichts zufällig oder willkürlich oder gar chaotisch. Das hat vor allem mit Eva Demskis Stil zu tun.

An Brillanz der Sprache ist ihr nicht sonderlich gelegen, an deren Eleganz ebenfalls nicht. Gelegentlich entschlüpft ihr sogar ein so schmerzhaft-scheußliches Wort wie "Quadratischkeit". Doch man verzeiht ihr derartige lässige Sünden. Denn ihre auf die Umgangssprache zurückgreifende und dem Ungeschliffenen nicht unbedingt aus dem Weg gehende Diktion ist außerordentlich kommunikativ und anschaulich. Eva Demski gibt sich viel Mühe, um den Lesern, die genau verstehen wollen, was sie ihnen sagen und zeigen will, die Mühe abzunehmen - wann immer nur möglich.

Dabei hat diese saftig-ruppige Prosa stets einen ganz natürlichen, einen kräftigen Rhythmus, was heißen soll: Die Autorin drückt sich aus, wie es ihrer Natur entspricht, ihrem Temperament. Ihr gelingt es zu schreiben, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Das ist sehr schwer, es hat in unserer Literatur heutzutage Seltenheitswert - und dies mag einer der Gründe für die Glaubwürdigkeit der Prosa Eva Demskis sein, für deren Überzeugungskraft.

Als eines der Leitmotive des Buches erweist sich die Auseinandersetzung mit dem "magischen Jahr achtundsechzig", dem schon neben anderen größeren Arbeiten ihr wichtigster Roman "Scheintod" (1984) gewidmet war. "Erwachsensein war unter Verdacht und wurde als Zustand so lange wie möglich vermieden, von vielen bis zum heutigen Tag." So verspottet Eva Demski ihre Generationsgenossen, sie zeigt deren Lächerlichkeit. Sie zürnt, doch ohne zu geifern. Sie urteilt oft streng, doch zugleich liebevoll. Sie verachtet nicht selten, doch ist ihre Verachtung frei von Haß. Viel Mitleid ist in diesem Buch, übrigens mit jedweder Kreatur. Aber es ist ein Mitleid ohne Hochmut und ohne Sentimentalität.

Die hier von anderen spricht, weiß sehr wohl, was sie selbst ihrer Sturm-und-Drangzeit zu verdanken hat. Denn sie wäre ohne den Einfluß der Revolte von 1968 mit Sicherheit eine ganz andere Schriftstellerin geworden. Wolfgang Koeppen sagte in seiner Büchnerpreis-Rede von 1962, er habe von der "engagierten Literatur reden hören, und es verblüffte mich dann schier, daß man aus dem Selbstverständlichen, so wie man atmet, eine besondere Richtung oder Mode machen wollte."

Das gilt ähnlich für Eva Demski. Sie war von Anfang an engagiert, das versteht sich; und ihr Engagement geht heute andere Wege als vor dreißig Jahren. Aber es hat keineswegs etwa nachgelassen. Bisweilen hat man den Eindruck, als sei sie jetzt nicht mehr ganz sicher, ob sie noch einmal den Zeitgeist bewußt machen müsse. Nur: er wandelt sich - und wir wandeln uns mit ihm und in ihm.

So ist in diesem Buch oft von Lappalien die Rede und von Nebensächlichkeiten, von geringfügigen Details. Doch wie von selbst, wie unbeabsichtigt, wird, immer wieder, das Symptomatische der Epoche sichtbar, der Zeitgeist beschworen. Er findet sich oft zwischen den Zeilen, er kommt mitunter sehr leise zum Vorschein, doch auf jeder Seite. Er wird verdeutlicht, er wird vergegenwärtigt, doch nicht vergröbert.

Ohne also je den Finger zu heben und ohne je über den Kopf des Lesers hinwegzusehen, geht die liebevolle Rebellin aufs Ganze. Schön schreibt sie über manche ihrer Kollegen: "Wenn die Kultur das Feuilleton ordentlich auf Trab brächte, müßte es sich nicht dauernd selber was ausdenken, um die Wellen auf dem Tümpel in Bewegung zu halten." Eva Demski denkt sich nichts aus, sie hat Arbeit genug, um dem, was ihr zufliegt, gerecht zu werden.

Nicht leicht sei es, bemerkt sie, in unserer Welt ein peinlicheres Thema zu finden als den religiösen Glauben: "Jedwede sexuelle Gewohnheit oder kriminelle Steuer- oder Berufspraxis lassen sich in Gesellschaft behaglicher und offener erörtern als der Glauben." Sie fragt: "Wie wird man Mäzen?" und zeigt, wozu das Erben benutzt werden kann: zur "täglichen Erpressung", zur "emotionalen Geiselnahme und zu allerlei anderen familiären Würgegriffen".

Sie richtet ihre nachdenkliche Aufmerksamkeit auf die Tänze - vom Walzer und der Sarabande bis zum Tango und Blues. Und skizziert stets und zugleich das soziale Umfeld und wiederum den Zeitgeist. Sie macht sich Gedanken über die Liebe, die erfüllte und die unerfüllte, und versucht, der, wie sie meint, von der Weltliteratur vernachlässigten unerfüllten Liebe ein wenig Glanz zu verschaffen. Ob der Vollzug der Liebe, wagt sie zu fragen, tatsächlich immer die Erfüllung sei und nicht eher eine Kapitulation. Sie erinnert an den beliebten Spruch, man solle sich hüten, die Liebe mit der Sexualität zu verwechseln: Das wüßte freilich, meint sie, jeder, doch jedem unterlaufe genau diese Verwechslung - vor allem in glücklichen Momenten. Erfüllte Liebe? Das sei jene, in der die Liebenden zusammenarbeiten. Und sie befindet lapidar: "Glück schämt sich oft seiner selbst."

Eva Demski beobachtet alte Männer mit jungen Partnerinnen. Sie plaudert in munterem Tonfall über das Altern, über den "Letzten Auftritt" der Frauen, über jene also, die verblühen: "Sie spüren es schon seit einiger Zeit, nicht wahr Madame?...Wenn Sie einen Raum betreten, ist er keine Bühne mehr. An männerreichen Baustellen kommen Sie unbeachtet vorbei." Was so flott beginnt, wird rasch zum düsteren Bild großer Vergeblichkeit.

Das ergreifende Porträt einer alten Putzfrau, wiederum eine Liebeserklärung, scheint mir, etwas überraschend, an einem großen Vorbild aus der französischen Prosa des neunzehnten Jahrhunderts orientiert. Denn der Bericht ist zugleich eine Erzählung über ein schlichtes Herz, dem nie eine richtige Liebesgeschichte zuteil wurde und dem es doch nie im Leben an Liebe gefehlt hat. Schließlich: Eva Demski riskiert es, auch über den Tod zu schreiben - und es gelingt ihr, sich über dieses schwierigste aller Themen ganz unpreziös zu äußern und ohne Banalitäten zu wiederholen.

Ich habe aus diesem Buch, in dem Lebenserfahrung, Intelligenz und eine elementare Ausdruckskraft eine selbstverständliche Einheit bilden, viel gelernt - über die Liebe, die so schön und so furchtbar sein kann, über den Reichtum, der Glück und Last ist, über den Tod, der uns mit allerlei Waffen naht, über die Schminke, die hier für den Kampf des Menschen gegen die Vergänglichkeit steht.

Eva Demski, die gerade ihren sechzigsten Geburtstag feiert, sei herzlichst gratuliert und gedankt.

Eva Demski: "Von Liebe, Reichtum, Tod und Schminke". Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2004. 274 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Marcel Reich-Ranicki verbindet seine Lobpreisung des neuen Buchs von Eva Demski mit herzlichen Glückwünschen zu ihrem sechzigsten Geburtstag. Besonders schätzt er an Texten dieser Sammlung, für deren Gattungsbezeichnung er den Begriff "Essays" unzureichend findet, die darin zum Ausdruck kommende Lebenserfahrung, Intelligenz und elementare Ausdruckskraft der Autorin. Die Texte des Bandes bestehen seiner Beschreibung nach aus "Berichten, Schilderungen und Momentbildern, aus Reminiszenzen, Impressionen und Reflexionen". Eine große Rollen sieht Reich-Ranicki darin die Generation von Eva Demskis Vater spielen, von der sie sich einerseits lösen musste, die sie andererseits aber auch bewundert habe. Als eines der Leitmotive des Buches erweist sich für ihn deshalb "die Auseinandersetzung mit dem magischen Jahr achtundsechzig" und der Rezensent sieht Eva Demski dabei manchmal auch ihre Generationsgenossen verspotten. Viel Mitleid hat er außerdem in Demskis "sanft-ruppiger Prosa" gefunden. Das ergreifende Porträt einer alten Putzfrau hat ihn sogar an einem großen französischen Vorbild des 19. Jahrhunderts orientiert gefunden.

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