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Produktdetails
  • Verlag: Stroemfeld
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 279
  • Deutsch
  • Abmessung: 205mm
  • Gewicht: 406g
  • ISBN-13: 9783878778707
  • ISBN-10: 3878778708
  • Artikelnr.: 10449402
Autorenporträt
Klaus Theweleit, geboren 1942 in Ebenrode/Ostpreußen, ist Professor für Kunst und Theorie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, Lehrbeauftragter am Institut für Soziologie der Universität Freiburg und Schriftsteller.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Etwas zwiespältig findet Stefan Reinecke diesen "Rezensionsessay" von Klaus Theweleit. Der Autor untersucht darin, was andere Intellektuelle zum 11. September geschrieben haben - und kritisiert die Kritiker, berichtet Reinecke. Für den Rezensenten erweist sich Theweleit dabei als der "(Meta-)Kritiker schlechthin". Am Ende stellt sich für ihn die Frage, "was er in einem erneuten Diskursrundgang dann über 'Der Knall' geschrieben hätte". Zwar weist der Autor laut Reinecke den Verdacht, als Oberkritiker aufzutreten, zu gewichten und kategorisieren, weit von sich. Doch genau das tut er, hält ihm Reinecke vor, "mal scharfsinnig, mal schlecht gelaunt". Ärgerlich wird das für Reinecke immer dann, wenn Theweleit mit Verachtung auf das "Diskursgetümmel" des Kulturbetriebs herabblickt. Trotzdem lohnt sich nach Ansicht der Rezensent die Lektüre. Gegen die postmoderne Rhetorik etwa eines Baudrillard, eines Zizek und eines Boris Groys plädiere Theweleit für ein Zurück zur Politik. Entstanden ist ein "merkwürdiges Buch", resümiert Reinecke: Über weite Strecken "klug und scharfsichtig" geschrieben, könne es "mit seinem besserwisserischen Ton auch ganz schön nerven".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2002

Ein Knaller für uns alle
Klaus Theweleit und die Intelligenz um Ground Zero

Die Anschläge vom 11. September 2001 waren nicht das erste, sondern - nach dem zweiten Golfkrieg und dem jugoslawischen Desaster - schon das dritte Ereignis von weltweiter Folgenreichweite seit Ende des Kalten Krieges, bei dem die darauf Bezug nehmenden Äußerungen westlicher Intellektueller nicht mehr, wie noch während des Systemwettstreits, politisch bedeutsame Interventionen von Stellvertretern und Mundstücken gesellschaftlicher und militärischer Großmächte waren. Wenn vor 1991 eine "Linke" oder ein "Reaktionär", eine Wissenschaftlerin oder ein Theaterintendant neueste Nachrichten kommentierten, stellten sie sich mit jedem Satz zugleich auf die Seite der Roten Armee oder der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc, auf die Seite tapferer bis wahnsinniger Befreiungsnationalisten oder Metropolen-Guerrilleros, die mit der Sowjetunion verbündet waren oder sein wollten, beziehungsweise ihrer Feinde von Ronald Reagan bis André Glucksman. Ob die Gewerkschaften in den reichen Ländern, angestachelt von neuen Parolen, auch noch mal aus anderen Gründen als denen der Tariflage streiken würden und wie gefährlich das gegebenenfalls werden konnte, war damals noch nicht ausgemacht.

Das alles ist nun gegessen. Seit es niemanden mehr zu geben scheint, dessen streikender oder bewaffneter (Gegen-)Machtausübung Intellektuelle noch Stichwörter liefern könnten, spielt das, was sie sagen und schreiben, eigentlich keine Rolle mehr. Das ist der Grund dafür, daß sie sich allerorten über den "Verlust der Realität" beklagen; und da es nun einmal so schnell nicht anders wird, haben sie drei Möglichkeiten: Sie können durch rechtschaffenen Furor ausgleichen, was ihre Stimme an Gewicht eingebüßt hat - das wäre die "Option Oriana Fallaci" -, sie können sich neue soziale Mächte einfach ausdenken, für die sie dann stellvertretend öffentlich herumspinnen - "Modell Negri/Hardt" -, oder sie nehmen die neue Ohnmacht an und schauen sich bei anderen Realitätsverlierern um, ob man mit ihnen noch reden kann, in Anerkennung der gemeinsamen Notlage - das ist die neueste "Methode Klaus Theweleit".

Theweleits soeben erschienenes Buch zum 11. September, das mehr ist als nur dies, heißt "Der Knall". Darin liest er Stellungnahmen zum WTC-Schrecken, Texte einiger Weltendeuter also, von Peter Sloterdijk über Diedrich Diederichsen - dessen Nachname durchgängig falsch geschrieben wird - bis Slavoij Zizek und liefert treffende Schattenrisse von "Intellektuellen in Aktion". Vieles daran ist wertvoll; Theweleits zärtlich-entsetztes Porträt des slowenischen Lacanisten und Quasselkaisers Zizek etwa gehört zu den ergreifendsten Schilderungen des "uns alle", die wir schreiben, angehenden Elends der Rechthaberei, die man je hat lesen dürfen.

Wenn er so die Gesichter der ihn mit Texten behexenden anderen zeichnet, weiß er jedoch auch, daß deren Flächigkeit ihn dabei spiegelt, und zeigt sich uns daher gern selbst - mit allen Irrtümern und einer der allgemeinen Besserwisserei mutig entgegentretenden Schlechterwisserei, die, während der Autor glaubhaft versichert, daß er das auftrumpfende Rechthaben verabscheut, manchmal dann eben wirklich nicht recht hat. Vorangestellt ist dieser Darlegung des Theweleitschen Realitätsverständnisses unter CNN-Bedingungen ein an sein "Pocahontas"-Werk anklingender Essay über die Gewalt des Kulturalismus, ausgehend von einem Film des Ägypters Youssef Chahine.

Wer gegen Theweleits in der Tat häufig schlingerndes und schlängelndes Schreiben je eingewandt hat, der Mann wisse wohl nicht auf den Punkt zu kommen, der lese das "Postscriptum 3: Palästina" zu diesem Essay, in dem es Theweleit auf sage und schreibe nicht mehr als drei knappen Seiten gelingt, ein gescheiteres und einleuchtenderes Bild einer möglichen gerechten Sicht auf den Horror von Nahost zu skizzieren als, zum schlechteren Beispiel, die ganze hochgelobte, mehrere Hallen in Anspruch nehmende, sterbenslangweilige und visuell wie konzeptionell grauenhaft gestopft-feiste Arbeit zum selben Thema, mit der Fareed Armaly und Rashid Mashariwi auf der kürzlich zu Ende gegangenen Documenta 11 herumprotzen durften.

DIETMAR DATH

Klaus Theweleit: "Der Knall". 11. September, das Verschwinden der Realität und ein Kriegsmodell. Verlag Stroemfeld, Frankfurt am Main 2002. 279 S., Abb., br., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2002

Atta, Castro, Sie & Ich
11. September, Nachlese: Klaus Theweleits Essay „Der Knall”
Kein Präludium gibt es hier, keine Einstimmung. Nach ein paar Zeilen steht das Thema fest, knapp und streng formuliert, etwas sperrig, denn es ist ein Theorem, zitiert aus einem Veranstaltungs-Flyer für ein wissenschaftliches Symposium: „Die Begriffserfindung der kulturellen Identität hat keine reale Entsprechung, sie ist ein Kontrafaktum, eine Konstruktion zur Erpressung der zu ihr gehörigen und zur ausbeuterischen Ausgrenzung aller nicht zu ihr gehörigen.”
Kulturelle Identität also, und zwar nicht als irgendwie natürlich gegeben, sondern als Konstrukt. Man darf sich nicht erpressen lassen von diesem knallharten Einstieg. Gleich danach beginnt Klaus Theweleit zu reflektieren, das Thema zu modulieren in jenem inneren Monolog, mit dem wir nun seit einem Vierteljahrhundert vertraut sind – seitdem er die „Männerphantasien” veröffentlichte, auf der Buchmesse 1977. Ein Fluss des Denkens und Erläuterns und Erzählens, aber auch eine immer bewusste Montage, Zitate und Bilder aneinander gestellt, auf dass sie sich ergänzen und aneinander reiben, aus dem Gleichgewicht bringen mögen. Der Autor als Pädagoge, als Superman, der mit Bauklötzchen spielt – so ist es visuell in diesem Buch suggeriert. Ein Jahr lässt Theweleit passieren in der Erinnerung, was sich getan hat in den diversen Regionen der Welt und der Weltpolitik, in Mitteleuropa und dann in New York – der 11.September und wie die Reaktion darauf war, die Reflexion in den Medien, emotional und intellektuell, Fernsehen und Print.
Playstations in Afghanistan
Es ist Persönliches, was Theweleit interessiert. Zu Beginn wird das Schicksal des Ibn Ruschd resümiert, des provokativen Philosophen im 12.Jahrhundert im maurischen Cordoba – ein islamischer Pionier der frühen Aufklärung. Am Ende steht die Blinddarmoperation des Autors im Sommer 2001, wo der aus der Narkose Erwachende Stimmen hört, die zu diktieren anfangen – wie weiland Philip K. Dick? Theweleit hat dem vielstrapazierten Begriff „Betroffenheit” eine neue Dichte gegeben. Erkenntnis kommt eruptiv bei ihm, stoßweise. Keiner schreibt so dialogisch, in Theweleits Texten mischt sich das Naive mit dem Prätentiösen – Wucherungen, die dem Autor selbst außer Kontrolle geraten. Er macht sich zur Suchmaschine in der Flut der Fakten und der Texte, das ist ein Akt der Feminisierung – die maskuline Attitüde, das Beharren, einen Standpunkt einzunehmen, bringt nichts mehr.
Kulturelle Identität, Erpressung, regionale Destabilisierung .. . Ibn Ruschd, bei uns bekannter unter dem Namen Averroes, ist der Held im Film „Das Schicksal”(1997) von Youssef Chahine, dem „Altmeister” des ägyptischen Kinos. Der Film liefert das politische Modell der Entmischung, das Theweleit durchspielt: Playstations zwischen Kosovo und Afghanistan. Es geht um die Beseitigung von Mischkulturen, „in ihrem Kern potentiell hedonistisch, mit starker öffentlicher Frauenpräsenz, und damit Entwickler einer tendenziell säkularisierten Religiosität, Entwickler der Philosophie und der Künste” – sie werden durch ein immergleiches Modell von Fundamentalisten-Intrigen, Pogromen, Machtvakuum, Mafiotisierung außer Gefecht gesetzt.
Ein simples Modell, und simpel-naiv auch, wie Theweleit sich dem 11. September widmet. Der Frage, wie wir die Realität verloren haben an diesem Tag. Theweleit befragt Texte, die in den Tagen danach entstanden sind, untersucht die Argumente, die leeren, die verdrängten Momente. Man hat nicht wirklich etwas zu sagen gehabt damals, aber noch unerträglicher war das Schweigen. Es ist dieser therapeutische Effekt, den Theweleit gelten lässt, wenn er bestürzt die Geschwätzigkeit der Texte feststellt. Von durchaus wichtigen Leuten, Susan Sontag und Peter Sloterdijk, Elisabeth Bronfen und Slavo Zizek, Georg Seeßlen und Alexander Kluge, Baudrillard und Luhmann, dem Meister aus Bielefeld, der als Nothelfer posthum angerufen wird. Die Konzepte von Realität und Imagination schienen zu leicht, zu leichtfertig. „Nicht mal das Wort Katastrophe war angemessen auf seine Tauglichkeit geprüft worden.”
Ein Kopfschütteln geht durch dieses Buch, das sich abstottert von Satz zu Satz. Theweleit ist immer schon der große Leser unter den Schreibern gewesen, der auf die Echos lauscht in den Sätzen und manchmal die Lektüre abbricht, wenn die Verstörung zu groß wird, die Hilflosigkeit oder das Verdrängungspotential. Angesichts der WTC Crash Reality: „Wir funktionieren längst auf den Schienen verschiedener Parallelrealitäten, zwischen denen wir hin- und hergehen oder auch ,schalten‘ können. Unsere psychischen Apparate und unsere Denkapparate arbeiten längst schon in solcher Multiplität. Keine dieser Realitäten ist prinzipiell realer oder auch irrealer als eine andere. Sie existieren allerdings in Graden verschiedener Intensität; manche sind bedeutender, andere unwichtiger, das differiert von Person zu Person. Was man im Kino sah, liegt in völlig verschiedener Gewichtung vor in den Einzelnen; es ist aber nicht irrealer oder gar ,illusionärer‘ als das, was in New York passierte. Oder als das, was in Attas, des Attentäters, Hamburger Studierzimmer passierte, oder das, was die Einzelnen, Fidel Castro, Sie, ich oder der Freund mit dem inneren Gerüst am Fernseher sahen.”
Theweleit führt uns am Ende zum Ausgangspunkt zurück, in die Phantasie der Jugend, mithilfe von ein paar Sätzen aus „Underworld” von Don DeLillo. „Ein Flugzeug in der Luft war eine allzu starke Provokation , um sie zu ignorieren ... er glaubte, er könnte fühlen, wie das Objekt sich selbst danach sehnte, einfach zu bersten.” Willkommen im Club der Infantilen, die im Alltagswust und -frust den kulturell genehmigten Ausweg wählen, „die ganze Scheiße ,fiktiv‘ rhythmisch in die Luft gehen zu sehen”.
Man kann Bauklötzchen staunen in diesem Buch – auch deshalb weil man nie vergessen mag, dass man selber zum Schreiben sich gedrängt sah damals – und dass auch Theweleit geschrieben hat. In diesem Sinne gibt es vor dem knalligen Einstieg, oben zitiert, ein versöhnliches Motto, das aus einem Godardfilm geborgt ist: „,Wie nennt man das nur, die Unschuldigen da in der einen Ecke und die Schuldigen in der andern?‘ ,Ich weiß es nicht, Mademoiselle. ‘ ,Versuchen Sie’s, Dummkopf. Wenn jeder alles verpfuscht hat, wenn alles verloren ist und der Tag beginnt und man atmet trotzdem.‘ ,Das nennt man die Morgenröte, Mademoiselle.‘”
FRITZ GÖTTLER
KLAUS THEWELEIT: Der Knall. 11.September, das Verschwinden der Realität und ein Kriegsmodell. Stroemfeld / Roter Stern Verlag, Frankfurt am Main 2002. 280 Seiten, 24 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Der Knall und sein Medienecho
Mittlerweile ist eine wahre Flut von Büchern über den 11. September erschienen. Dazu kommen unzählige Zeitungsartikel, Interviews, Reportagen usw.. Klaus Theweleit geht wie gewohnt seinen eigenen Weg und "analysiert die Analysen" anderer Publizisten. So beobachtet er Jean Baudrillard, Susan Sontag, Diedrich Diederichsen, Slavoij Zizek, Peter Sloterdijk, Georg Seeßlen u.a. bei ihrer Suche nach der Realität. „Realitätsbegriffe nach dem 11. September“ - das ist es, worum es Theweleit geht.
Die Meta-Analyse
Vielleicht liegt es einfach an der Fülle der Kommentare, Berichte und Statements, dass Theweleit nun die Zeit einer Meta-Analyse gekommen sieht. Er geht dabei ganz anders vor als beispielsweise Henryk M. Broder in seiner Abrechnung mit den deutschen Intellektuellen, die ihm zu zögerlich-pazifistisch sind. Theweleit schreibt mit weniger Häme, manchmal auch mit weniger Sprachwitz und in einem leicht belehrenden Ton. Die Leitthese, die seinen Analysen und der Auswahl der zitierten Texte zugrunde liegt, lautet: Die Realität scheint durch die Omnipräsenz medialer Konstruktionen zu verschwinden. Theweleit denkt und schreibt assoziativ, er spielt mit Versatzstücken aus Kulturgeschichte und Popkultur. Auf Quellenangaben wird konsequent verzichtet.
Das Kriegsmodell
Neben Theweleits Grundthese ist das Buch vor allem wegen des einleitenden Essays lesenswert. In „Playstation Cordoba/Yogoslavia/Afghanistan etc. - Ein Kriegsmodell“ liefert der Autor eine aufschlussreiche Analyse des „Gegenangriffs“ nach dem "Knall", also des Angriffs der USA auf Afghanistan. Auch im Zusammenhang mit einem möglichen Irak-Krieg lohnt es sich, Theweleits Überlegungen zu folgen. Er spekuliert über Angriffsszenarien, „gesicherte Einflusssphären“ und propagandistische Schachzüge und wirft so einen kritischen Blick auf die Mechanismen der Macht und die Skrupellosigkeit ihrer Vertreter.
(Henrik Flor, literaturtest.de)

"...Theweleit erinnert an die Bildpolitik des Golfkrieges von 1991. Allabendlich zeigten uns grinsende Generäle Bilder von fröhlichen Bombardements, mit denen der böse Irak gemaßregelt wurde. Aber diese Bilder zeigten in Wahrheit nichts, ähnelten aufs genaueste entsprechenden Hollywood-movies, wo die diversen Ziele im grünlichen Licht elektronischer Kameraobjektive explodierten. Und genau diese Funktion hatten die Bilder. Es war zwar Krieg, aber der Krieg war wie Kino: Diese Bilder dienten der Versicherung des Zuschauers, seiner "Immunisierung": "Wer fernsieht, stirbt nicht." Doch den Attentätern vom 11. September ist eine Umpolung gelungen: Aus Immunisierungsbildern sind "Infektionsbilder" geworden. Unsere Medienrealität schützt uns nicht mehr vor der Realität unserer Kriege, sondern wird zum Medium der Kriegserklärung gegen uns...Mit Sicherheit bietet Klaus Theweleits Buch die eindringlichste Beschreibung der Verwundung, die das Attentat (vom 11.9.) in den Hirn- und Schreibströmen hinterlassen hat. Aber über diesen Anlass hinaus bietet es auch eine aufregende Besichtigung des Schauplatzes vervielfältigter Realitäten, auf dem unsere Wahrnehmungsweisen und Beschreibungstechniken seit geraumer Zeit schier durchdrehen." (Walter van Rossum,Deutschlandfunk, Politische Literatur,16.09.02)
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"...Theweleit erinnert an die Bildpolitik des Golfkrieges von 1991. Allabendlich zeigten uns grinsende Generäle Bilder von fröhlichen Bombardements, mit denen der böse Irak gemaßregelt wurde. Aber diese Bilder zeigten in Wahrheit nichts, ähnelten aufs genaueste entsprechenden Hollywood-movies, wo die diversen Ziele im grünlichen Licht elektronischer Kameraobjektive explodierten. Und genau diese Funktion hatten die Bilder. Es war zwar Krieg, aber der Krieg war wie Kino: Diese Bilder dienten der Versicherung des Zuschauers, seiner "Immunisierung": "Wer fernsieht, stirbt nicht." Doch den Attentätern vom 11. September ist eine Umpolung gelungen: Aus Immunisierungsbildern sind "Infektionsbilder" geworden. Unsere Medienrealität schützt uns nicht mehr vor der Realität unserer Kriege, sondern wird zum Medium der Kriegserklärung gegen uns... Mit Sicherheit bietet Klaus Theweleits Buch die eindringlichste Beschreibung der Verwundung, die das Attentat (vom 11.9.) in den Hirn- und Schreibströmen hinterlassen hat. Aber über diesen Anlass hinaus bietet es auch eine aufregende Besichtigung des Schauplatzes vervielfältigter Realitäten, auf dem unsere Wahrnehmungsweisen und Beschreibungstechniken seit geraumer Zeit schier durchdrehen." (Walter van Rossum,Deutschlandfunk, Politische Literatur,16.09.02)