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Vom langen Schatten der Vergangenheit.
Ein glanzvolles literarisches Debüt über eine Frau, die sich in den Schatten eines Mannes begibt und sich nach seinem Tod nicht wiederfindet.
Falk Margraf ist berühmt, er ist der rebellische Spross einer alten Bayreuther Großbürgerfamilie, der Wagner gegen die Rockmusik eingetauscht hat, vor allem aber hat er das Lied geschrieben, das das Lebensgefühl einer aufsässigen Generation traf und gleichzeitig prägte. Wen wundert es, dass die aus einfachen Verhältnissen stammende junge Sängerin Alex es Anfang der Achtziger für den Glücksfall ihres Lebens…mehr

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Produktbeschreibung
Vom langen Schatten der Vergangenheit.

Ein glanzvolles literarisches Debüt über eine Frau, die sich in den Schatten eines Mannes begibt und sich nach seinem Tod nicht wiederfindet.

Falk Margraf ist berühmt, er ist der rebellische Spross einer alten Bayreuther Großbürgerfamilie, der Wagner gegen die Rockmusik eingetauscht hat, vor allem aber hat er das Lied geschrieben, das das Lebensgefühl einer aufsässigen Generation traf und gleichzeitig prägte. Wen wundert es, dass die aus einfachen Verhältnissen stammende junge Sängerin Alex es Anfang der Achtziger für den Glücksfall ihres Lebens hielt, ihn getroffen und ihm offensichtlich ziemlich gut gefallen zu haben. Und wenn auch Falks machtbewusste Schwester Isolde, nach deren Seminar es zu dem Treffen kam, gerade ihren Elevinnen geraten hatte, lieber Intendantinnen zu werden statt Sängerinnen - Alex entschließt sich, den mühsamen Weg der eigenen Karriere gegen ein erheblich unanstrengenderes Leben mit Falk einzutauschen.Siebzehn Jahre später ist sie klüger: Sieben Jahre ist Falk da schon tot und sie sitzt mit zwei unehelichen Kindern und einem handfesten Trauma vereinsamt und ohne wirkliches Ziel in Berlin, Isolde Margraf gibt ihr die Schuld an Falks Tod und schneidet sie, und nur die Mutter Falks, das erratische Oberhaupt des inzwischen stark dezimierten Margraf-Clans, hält noch den Kontakt zu ihr; schließlich ist Alex' Tochter Wanda ihre einzige Enkelin.

Katharina Döbler gelingt in ihrem Debütroman Die Stille nach dem Gesang ein kleines Mirakel: Sie erzählt in einem raffiniert gebauten Roman nicht nur das Leben einer Frau, die sich in den Schatten eines Mannes begeben hat, aus dem sie nicht herausfindet, sondern zeichnet auch das Portrait einer ganzen Generation, die unangepasst und rebellisch startete, sich aber in unendlich vielen pragmatischen Kompromissen verlor, und vom Niedergang dessen, was einst unter dem Namen Bildungsbürgertum den kulturellen Ersatzadel Deutschlands darstellte.

Die Stille nach dem Gesang wurde vom Deutschen Literaturfonds in Darmstadt gefördert.
Autorenporträt
Döbler, KatharinaKatharina Döbler, geboren in Gunzenhausen, studierte Theaterwissenschaften. Ihr Debüt Die Stille nach dem Gesang (2010) wurde vom Deutschen Literaturfonds in Darmstadt gefördert. https://www.katharinadoebler.de
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2011

Vom Abstrusen der Musen
Katharina Döbler führt Kulturbürger vor

Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes", heißt es bei Homer. Denn dieser ist in der Odyssee weit geirrt, hat viel gelitten. Irgendwie muss Alexandra Zelinski das gerochen haben. Die Hauptfigur in Katharina Döblers Debüt wird buchstäblich von den Stufen des Parnass gelesen. Und zwar von Falk Margraf, dem Spross einer Bayreuther Großbürgerfamilie, der seiner Gesangsprofessorinnen-Schwester Isolde in Berlin einen Besuch abstattet. Und ehe die scheue Studentin Alexandra Zelinski noch richtig nachdenken kann, ist sie schon die Lebenspartnerin eines alternden Popstars. Denn auratisch ist er, der saubere Graf. Wagnerianer qua Geburt und als ehemaliger Frontmann einer Avantgarde-Popband namens "Eckstein" auch Wagner-Zertrümmerer - was ex negativo aufs Gleiche herauskommt.

Nun hat die Konstruktion einer weiblichen Passionsfigur, die an der Seite ihres Herrenmenschenkünstlers das moderne Musenschicksal einer Camille Claudel ereilt, immer etwas Abstoßendes; man fragt sich, wie viel ein Mensch ertragen kann, wenn er in Wahrheit gar nicht muss. Doch auch wenn Katharina Döbler ihre Geschichte fast durchgehend im Modus der erlebten Rede, der Rückschau, des Gedankenberichts entfaltet, geht es ihr am Ende noch um ganz andere Bezugsgrößen.

Das Buch gleicht selbst einem Wettkampf der Musen: Establishment gegen Subkultur, Wagner gegen Pop, West- gegen Ost-Berlin. Doch Falk ist als Künstler und einstiger Wortführer einer ästhetisch-hedonistischen Revolution (Stradivaris in Arbeiterhand!) eine herbe Enttäuschung. "Er brauchte nicht die Kunst und auch nicht immer wieder andere Frauen, ihm reichten Geld, die Erwähnung seines Namens an vielen Orten und eine Frau, die ihm verfügbar war und ihn nicht störte." Ein kindlicher Narziss also, der mit Wagner nicht einmal die Ruhmsucht teilt. Sein Berlin: ein verschwundener Zwergplanet. Die Wende: ein Ärgernis. So erlebt Alexandra an der Seite der einstigen Underground-Ikone Falk Margraf ein Berlin, "bevölkert von Paaren, die ihre Zukunft schon erfolgreich hinter sich hatten, die an langen Tischen in großen Wohnungen saßen, nach Rezepten ihrer italienischen Putzfrau kochten".

Das Schmerzzentrum dieses Romans liegt einerseits im Topographischen, an das sich die West-Berliner Kulturszene auch Jahre nach der Wende nicht gewöhnen kann. Andererseits im plötzlichen Hinscheiden Falks in den Armen seiner Muse. Die Margrafs geben ihr die Schuld am Tod ihres Stammhalters, zumal bis auf ein halbchinesisches Adoptivkind keine Meistersinger-Enkel in Sicht sind. Doch Falk hat Alexandra ein befruchtetes Ei hinterlassen. Wanda mit den leuchtenden Augen. Um ihr Erbe kämpft die Witwe, die keine ist, zumindest nicht auf dem Papier. "Du brauchst kein Publikum, Schwester mein, du brauchst ein Volk", sagt Falk einmal zu Isolde. Aber eigentlich gilt dieser Satz für alle Margrafs. Und "vielleicht stimmt's ja sogar. Die Wanda ist wirklich begabt", räumt Isolde ein.

In Wanda liegt die Hoffnung auf Kontinuität eines schwindenden bürgerlichen Bildungsideals. Doch ihr Erbe ist durch die gescheiterte Revolution ihres Vaters gespalten. Und wenn Wanda mit ihren leuchtenden Augen etwas Parsifalhaftes an den Tag legt, dann vielleicht, weil sie wirklich zur Erlöserin taugt. Ihre Mutter immerhin pfeffert den heiligen Gral in Gestalt einer Kassette von "Eckstein" irgendwann einfach aus dem fahrenden Auto.

"Gleichwohl geht der Prozess der Emanzipation des Weibes nur unter ekstatischen Zuckungen vor sich." Katharina Döbler hat diesen Satz Richard Wagners ihrem Debüt vorangestellt. Er sprach ihn wenige Stunden vor seinem eigenen Tod.

KATHARINA TEUTSCH

Katharina Döbler: "Die Stille nach dem Gesang". Galiani Berlin Verlag, Berlin 2010. 271 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Rezensent Andreas Nentwich reibt sich verblüfft die Augen über diesen Roman, der ihm mal wie ein Melodram vorkommt, mal wie eine Parodie, mal schlicht kitschig - und der ihm trotzdem ziemlich gut gefällt. Denn die Literaturkritikerin Katharina Döbler erzählt mit den Mittel der Soap - junge Frau kämpft darum, dass die bildungsaristokratische Familie ihres verstorbenen Exfreunds das Kind anerkennt - von einer Kulturbetriebselite, zu deren Machtmitteln oder Folterwerkzeugen der intellektuelle Jargon, die Provinzverachtung, und ein generelles Angeekeltsein gehören. Alexandra, die unbedarfte dagegen, hat noch nicht einmal eine "Meinung über Robert Wilson, die Zukunft Russlands, zur Pornografie", wie Nentwich amüsiert zitiert.

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