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Hausfrau, Mitte 40, geschieden: Florence Aubenas hat am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, in Zeiten der Krise einen Job zu suchen. Sechs Monate lang hat sie sich als Putzfrau verdingt für einen Lohn von nicht einmal 700 Euro. Ein aufrüttelnder Bericht über das Leben am Rande des Existenzminimums. Anfang 2009 meldet sich die Journalistin Florence Aubenas unter ihrem richtigen Namen, aber mit gefärbten Haaren und Brille, in einer fremden Stadt Arbeit suchend als Qualifikation hat sie allein ihr Abitur vorzuweisen. Sechs Wochen später findet sie einen Job als Putzfrau auf einer Fähre…mehr

Produktbeschreibung
Hausfrau, Mitte 40, geschieden: Florence Aubenas hat am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, in Zeiten der Krise einen Job zu suchen. Sechs Monate lang hat sie sich als Putzfrau verdingt für einen Lohn von nicht einmal 700 Euro. Ein aufrüttelnder Bericht über das Leben am Rande des Existenzminimums.
Anfang 2009 meldet sich die Journalistin Florence Aubenas unter ihrem richtigen Namen, aber mit gefärbten Haaren und Brille, in einer fremden Stadt Arbeit suchend als Qualifikation hat sie allein ihr Abitur vorzuweisen. Sechs Wochen später findet sie einen Job als Putzfrau auf einer Fähre allerdings nur stundenweise und zu einem Hungerlohn. Also müssen weitere Jobs her, und so hetzt Aubenas bald von einem Putzauftrag zum nächsten, der Zeitdruck bei der Arbeit ist enorm (pro komplettem Bad sind auf der Fähre gerade einmal drei Minuten vorgesehen) und die Behandlung durch die Arbeitgeber entwürdigend. In ihrer mitreißenden Reportage zeichnet Aubenas ein eindringliches Porträt der unsichtbaren Welt der Frauen "ganz unten" und zeigt, wie der Arbeitsalltag vieler heute tatsächlich aussieht.
Autorenporträt
Florence Aubenas, französische Journalistin, geboren 1961, arbeitete 20 Jahre lang bei der Tageszeitung Libération, wechselte dann zum Nouvel Observateur. Sie wurde unter anderem durch ihre fünfmonatige Geiselhaft im Irak 2005 bekannt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2010

Putzen, ganz unten
Florence Aubenas war bei den
französischen Krisenverlierern
Spätestens seit ihrer fünfmonatigen Geiselhaft im Irak 2005 ist Florence Aubenas ein bekanntes Gesicht in Frankreich. Die Journalistin war zuvor bereits als Kriegs- und Krisenberichterstatterin für La Liberation und den Nouvel Observateur in Ruanda, im Kosovo und in Afghanistan tätig. Trotzdem musste sie nicht einmal ihren Namen ändern, um sich einer völlig neuen Grenzerfahrung auszusetzen: der, im eigenen Land vor dem absoluten Nichts zu stehen. Mit einer erfundenen Geschichte meldet sie sich Anfang 2009, mitten in der Finanzkrise, in Caen arbeitslos: Hausfrau Mitte vierzig, keine Berufsausbildung, verlassen vom Lebensgefährten, völlig abgebrannt. Von einem Moment auf den anderen wurde sie Teil einer anonymen Masse, die an den Rändern der Gesellschaft ums Überleben kämpft – auf den Namen achtet da keiner mehr.
Das auch hierzulande gebetsmühlenartig vorgetragen Diktum, wer wirklich will, findet auch Arbeit, ist schnell widerlegt. Eine Zeitarbeitsfirma nach der anderen weigert sich, auch nur Aubenas’ Daten aufzunehmen. Als sie die vielbeschworene Eigeninitiative zeigt und in einem Gartencenter vorspricht, erntet sie fassungslose Blicke. Der Zuständige ringt um Worte. Warum die ausgeschriebene Stelle nicht für sie in Frage komme? „,Weil Sie eher Bodensatz sind, Madame.‘ Er sagt es gutmütig und ohne jede Boshaftigkeit.“ Seit dem ersten Termin bei der Arbeitsagentur ist ihr Weg vorgezeichnet: „Wollen Sie ein neues Leben beginnen?“, fragt die Beraterin, „Raumpflegerin – was halten Sie davon?“ Doch selbst die Reinigungsjobs sind rar und die Wochen ohne Perspektive zermürben Aubenas.
Nur eine Anzeige taucht immer wieder auf: Putzen auf der Fähre in Ouistreham. Die Firma ist in Arbeitslosenkreisen berühmt-berüchtigt. Hier wird jeder angestellt. Drei Minuten Zeit, um eine Schlafkabine komplett zu reinigen, eine Stunde für das ganze Schiff. Aubenas greift zu. Sie putzt, schwitzt, alles tut weh, alles kann man falsch machen, alles muss man sich gefallen zu lassen – Widerspruch kostet den Job. Weitere Aufträge kommen dazu, sie putzt Büros, Toiletten, Campingplätze, nie gibt es einen Vertrag, jeder kleine Fehler kann das Aus bedeuten, Erniedrigungen sind an der Tagesordnung.
Der Ansatz ist ungewöhnlich für eine investigative Recherche. Aubenas schleust sich nicht gezielt in ein bestimmtes Unternehmen ein, um dessen Praxis zu entlarven, sondern setzt sich völliger Ungewissheit und auch Einsamkeit aus. Die kühle und doch sehr persönliche Schilderung ihrer Erlebnisse ergänzt die Autorin durch geschickt eingewobene Analysen. Entlarvend ist ihr Blick auf die Neustrukturierung der Arbeitsagenturen: Früher waren dort vor allem Sozialarbeiter tätig, heute gilt die Arbeitsvermittlung als kaufmännischer Beruf. Was zählt, sind die Statistiken, und die werden mit allen Mitteln geschönt, erst recht seit sich im Winter 2008 täglich 3000 Menschen arbeitslos meldeten. Ein plastisches Beispiel: Es werden Seminare für Arbeitslose bestimmter Berufsgruppen abgehalten – Seminare ohne jeden Inhalt. Wer nicht erscheint, wird von der Liste der Arbeitssuchenden gestrichen. In der Statistik sieht das genauso aus wie eine erfolgreiche Vermittlung.
Aubenas zeichnet fast schon beiläufig das Porträt einer Gesellschaft in der Krise. Sie zeigt das Versagen der Betriebe und der staatlichen Einrichtungen, ebenso wie den Kampf derjenigen, auf deren Schultern die meist recht hilflosen Gegenmaßnahmen ausgetragen werden. Die einzige wirkliche Unterstützung, die Aubenas in ihrer desolaten Situation erfährt, kommt von Menschen, denen es genauso dreckig geht, wie ihr. Den Bekannten vom Amt, die ihr ein uraltes Auto organisieren, den Kolleginnen aus der Putzkolonne. Die Darstellung dieser, ihrer neuen sozialen Schicht ist keinen Moment überheblich, sondern von einer unaufdringlichen, selbstverständlichen Empathie – ohne in Sozialromantik zu verfallen.
CORNELIA FIEDLER
FLORENCE AUBENAS: Putze. Mein Leben im Dreck. Aus dem Französischen von Gaby Wurster. Pendo Verlag, München 2010. 250 Seiten, 14,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Florence Aubenas ist - eigentlich - Redakteurin der linken französischen Tageszeitung "Liberation". Für dieses Buch begab sie sich allerdings in den Unter- und Abgrund, der für viele Normalfranzösinnen und -franzosen Alltag ist: auf Jobsuche nämlich.  Sie zieht dafür in die Provinz und gibt vor, keinen brauchbaren Bildungsabschluss zu haben. Der Versuch, Arbeit zu finden, wird zum Spießrutenlauf. Und zwar gilt das für die Suche selbst ebenso wie für die Gelegenheiten, bei denen Aubenas dann Kurzzeitjobs findet, vor allem als Putzfrau. Der Mindestlohn ist das Gesetzespapier nicht wert, auf dem er steht, mit Nichtbezahlung von Überstunden drücken Arbeitgeber sich mühelos drum herum. Nicht anders als "deprimierend" kann Rezensent Rudolf Walther das finden, aber natürlich dabei so verdienstvoll wie glaubhaft und überdies "gut geschrieben".

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