Eine gottverlassene Donaulandschaft, die aus nichts als Weiden, Wind und Wasser zu bestehen scheint. Auf einer dieser Sandbänke schlagen zwei Kanuten ihr Zelt auf, um dort die Nacht zu verbringen. Zunächst sind sie fasziniert von der Urtümlichkeit und Abgeschiedenheit des Ortes; allmählich wird dieses Gefühl des Einsseins mit der Natur jedoch verdrängt durch eine immer stärker fühlbare Bedrohung, die sich im Laufe der Nacht zu lähmender Furcht verdichtet. Ungeheuerliche Gestalten tauchen auf, das Kanu schlägt leck, ein Paddel geht verloren, und am Ende dieser Nacht haben beide das Gefühl, nur mit knapper Not etwas Entsetzlichem entronnen zu sein.
Anlaß für diese Erzählung war eine Kanufahrt, die Algernon Blackwood mit einem Freund auf der Donau unternahm und über die er 1901 einen Reisebericht schrieb für das englische Macmillan's Magazine mit dem Titel"Eine Kanufahrt auf der Donau".
Anlaß für diese Erzählung war eine Kanufahrt, die Algernon Blackwood mit einem Freund auf der Donau unternahm und über die er 1901 einen Reisebericht schrieb für das englische Macmillan's Magazine mit dem Titel"Eine Kanufahrt auf der Donau".
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.11.2007Unter Weiden
"Die Einzigartigkeit des Könnens von Mr. Blackwood steht außer Zweifel", schrieb der wie Blackwood ebenfalls habituell mit dem Unheimlichen befasste H. P. Lovecraft, und weil der so Gelobte leider auch eine Menge weniger Inspiriertes geschrieben hat, ist seine vor genau hundert Jahren publizierte meisterliche Erzählung "Die Weiden" am besten geeignet, Lovecrafts Lob zu untermauern. Wer sonst hätte es zur Blütezeit der Gattung verstanden, den Schrecken zweier Kanureisender auf einer kleinen Donauinsel überwiegend aufgrund von nächtlichen Geräuschen darzustellen? Man verzeiht dieser längst klassisch gewordenen Geschichte den Einschlag ins Mystische, den sie bekommt, wenn es dann an den Versuch einer Erklärung der Phänomene geht, und atmet mit den Reisenden auf, wenn sie der Insel entkommen sind, und hört das Rauschen der Weiden noch lange nach dem Zuklappen des Bändchens. Es enthält außer dem Text auch einen Reisebericht, den Blackwood seinerzeit über die tatsächliche Donau-Reise publizierte, und der Vergleich erstaunt dann doch: Wie aus einem kleinen Erfahrungskeim ein solches literarisches Universum erwachsen kann! (Algernon Blackwood: "Die Weiden". Eine phantastische Geschichte und ein Reisebericht. Aus dem Englischen übersetzt von Friedrich Polakovics und Melanie Walz. Verlag Heinrich & Hahn, Frankfurt 2007. 149 S., geb., 14,90 [Euro].)
spre
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Die Einzigartigkeit des Könnens von Mr. Blackwood steht außer Zweifel", schrieb der wie Blackwood ebenfalls habituell mit dem Unheimlichen befasste H. P. Lovecraft, und weil der so Gelobte leider auch eine Menge weniger Inspiriertes geschrieben hat, ist seine vor genau hundert Jahren publizierte meisterliche Erzählung "Die Weiden" am besten geeignet, Lovecrafts Lob zu untermauern. Wer sonst hätte es zur Blütezeit der Gattung verstanden, den Schrecken zweier Kanureisender auf einer kleinen Donauinsel überwiegend aufgrund von nächtlichen Geräuschen darzustellen? Man verzeiht dieser längst klassisch gewordenen Geschichte den Einschlag ins Mystische, den sie bekommt, wenn es dann an den Versuch einer Erklärung der Phänomene geht, und atmet mit den Reisenden auf, wenn sie der Insel entkommen sind, und hört das Rauschen der Weiden noch lange nach dem Zuklappen des Bändchens. Es enthält außer dem Text auch einen Reisebericht, den Blackwood seinerzeit über die tatsächliche Donau-Reise publizierte, und der Vergleich erstaunt dann doch: Wie aus einem kleinen Erfahrungskeim ein solches literarisches Universum erwachsen kann! (Algernon Blackwood: "Die Weiden". Eine phantastische Geschichte und ein Reisebericht. Aus dem Englischen übersetzt von Friedrich Polakovics und Melanie Walz. Verlag Heinrich & Hahn, Frankfurt 2007. 149 S., geb., 14,90 [Euro].)
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Wolfgang Büscher freut sich, dass das Licht des "längst ausgeglühten Sterns" dieses viktorianischen Autors durch diese späte Übersetzung nun endlich Deutschland erreicht hat. Büscher zieht außerdem tief den Hut vor Algernon Blackwoods Sprachkunst und seiner Beherrschung der "Tonleiter des Grauens." Kurz: Die beiden Gruselgeschichten, die seinen Informationen zufolge aus zwei Perspektiven von einer Kanufahrt von Donaueschingen bis Budapest erzählen würden, in deren Verlauf die beiden Fahrer mit der "Macht der Magie" in Berührung kommen, seien gut geschrieben, und zwar so gut, dass sie den Leser direkt an dessen dunklen Punkten erwischten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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