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Produktdetails
  • Verlag: Steidl
  • 1., Aufl.
  • Seitenzahl: 383
  • Erscheinungstermin: Oktober 2006
  • Englisch
  • Abmessung: 300mm x 386mm
  • Gewicht: 4750g
  • ISBN-13: 9783865212771
  • ISBN-10: 3865212778
  • Artikelnr.: 20870330
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2007

Nach der Flut - Robert Polidoris Bilder aus New Orleans

Am 28. August 2005 brach der Wirbelsturm "Katrina" über die Küste der Vereinigten Staaten herein und forderte mehr als 1300 Menschenleben. Zweihunderttausend Häuser und neunzehntausend Unternehmen wurden zerstört, 220 000 Arbeitsplätze gingen verloren. Schulen, Krankenhäuser, Stromleitungen, Geschäfte, Restaurants, Radiosender, Arztpraxen - die gesamte Infrastrukur der Region wurde zerstört oder beschädigt. Der angerichtete Schaden in den Bundesstaaten Louisiana und Mississippi wurde auf siebzig bis achtzig Milliarden Euro geschätzt.

Wer sich ein Bild vom Ausmaß der Katastrophe allein in New Orleans vor Augen führen wollte, wurde an den Untergang Pompejis erinnert: Eine ganze Stadt versinkt in Schlamm und Wasser. Der Vesuv hat seine Opfer von einer Sekunde auf die andere aus dem Leben gerissen und den Moment ihres Todes für die Ewigkeit fixiert.

Auf den Bildern, die der amerikanische Fotograf Robert Polidori in New Orleans aufgenommen hat, ist keine Menschenseele zu sehen. Polidoris New Orleans ist eine Geisterstadt, zerstört, geplündert, verlassen und wie auf ewig der Einsamkeit und dem Verfall preisgegeben. In den Küchen hängen noch die Töpfe und Pfannen an der Wand, aber der Kühlschrank wurde aus der Küchenzeile gerissen, die Glastür des Backofens eingedrückt, der Vorratsschrank umgeworfen. Schwere Polstermöbel liegen umgestürzt in den Wohnzimmern, als wären sie von Riesenhand quer durch den Raum geschleudert worden, im Schlafzimmer ist der rosa Bettüberwurf schlammbraun eingefärbt, und an den Wänden lässt sich ablesen, wie hoch das Wasser in den Zimmern stand. Was in Jahrzehnten einmal angesammelt wurde, um aus einem Haus ein Heim zu machen, hat der Sturm in verdreckten Plunder verwandelt. In manchen Zimmern liegt alles aufgetürmt in einer Ecke, als sollte gleich der Fußboden gewischt werden, bevor alles wieder an seinen angestammten Platz zurückkehrt. In anderen Räumen steht das Harmonium wie immer an der Wand, oder die Videokassetten harren gut sortiert und geduldig im Regal aus (unsere Abbildung). Nur der Mensch ist verschwunden, überdauert vom Abglanz seiner sinnlos gewordenen Ordnung.

Ob in Tschernobyl (F.A.Z. vom 23. Oktober 2004) oder in New Orleans - Robert Polidori, geboren 1951 in Montreal und längst ein Fotograf von Weltrang, hat sich das Trauma des Untergangs zum Thema gewählt. Dass die Katastrophe ganz so wie alle Lust nach Ewigkeit verlangt, das ist die unheimliche Botschaft in diesen Bildern, die nach dem Ende des Schreckens von seiner Fortdauer erzählen (Robert Polidori: "After the flood". Steidl Verlag, Göttingen 2006. 333 S., geb., 75,- [Euro]).

Hubert Spiegel

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zu Ruhm gelangte der Fotograf Robert Polidori mit seinen Bildern vom Atomreaktor in Tschernobyl. Der neuste Band zeigt Fotografien aus dem von Sturm und Wasser verwüsteten New Orleans. Rezensent Hubert Spiegel ist sehr beeindruckt von diesem Dokument, New Orleans erscheint ihm in den menschenleeren Aufnahmen wie eine "Geisterstadt". Spiegel beschreibt Bilder, die das alltägliche Leben festhalten im Moment, in dem es nicht mehr weiter ging. Umgestürzte Polstermöbel, Schlamm im Schlafzimmer, im Regal die Videos noch immer säuberlich sortiert. Erneut erweist Polidori sich, so der Rezensent, als "Fotograf von Weltrang" und schenkt der Katastrophe, die hereinbrach, "Ewigkeit".

© Perlentaucher Medien GmbH