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In der hermetisch abgeschlossenen DDR, die kulturelle Erfahrungen im Ausland nur sehr bedingt zuließ, existierte ein Verlag, der sich speziell mit fremdländischer Literatur befaßte und gegen alle Behinderungen immer wieder ein überraschendes Angebot präsentierte. Die Bücher des Verlages Volk und Welt bildeten für viele Menschen das Fenster zur Welt. Das Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR eröffnet im Herbst eine Ausstellung, die der Geschichte des 1947 gegründeten und 2001 geschlossenen Verlages gewidmet ist. Sie wird im Anschluß an die Präsentation in Eisenhüttenstadt auch in mehreren…mehr

Produktbeschreibung
In der hermetisch abgeschlossenen DDR, die kulturelle Erfahrungen im Ausland nur sehr bedingt zuließ, existierte ein Verlag, der sich speziell mit fremdländischer Literatur befaßte und gegen alle Behinderungen immer wieder ein überraschendes Angebot präsentierte. Die Bücher des Verlages Volk und Welt bildeten für viele Menschen das Fenster zur Welt. Das Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR eröffnet im Herbst eine Ausstellung, die der Geschichte des 1947 gegründeten und 2001 geschlossenen Verlages gewidmet ist. Sie wird im Anschluß an die Präsentation in Eisenhüttenstadt auch in mehreren Literaturhäusern zu sehen sein. Darin wie in dem eigenständigen Begleitband geht es sowohl um die »Macher«, also Verleger, Lektoren, Übersetzer und Illustratoren, als auch um die Leser mit ihren Erwartungen und Erfahrungen und die Einordnung in die jeweiligen kulturpolitischen Rahmenbedingungen. Neben einer Überblicksdarstellung zur bewegten Verlagsgeschichte gibt es alphabetisch gegliedert
von A wie Autoren und Amerikanische Literatur bis Z wie Zollkontrolle und Zensur viele lebendige Geschichten aus dem Verlagsalltag, ergänzt durch bibliographische Übersichten und zahlreiche Fotos.
Autorenporträt
Siegfried Lokatis; Jahrgang 1956, Studium der Geschichte, Archäologie und Philosophie in Bochum und Pisa, 1993-2001 Mitarbeiter am Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam und 2006 Professur für Buchwissenschaftan der Universität Leipzig; zahlreiche Veröffentlichungen zur Verlagsgeschichte im »Dritten Reich« und in der DDR.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Klaus G. Saur empfiehlt Simone Barcks und Siegfried Lokatis' "ungewöhnlich preiswürdiges" Buch "Fenster zur Welt" zur Geschichte des DDR-Verlages Volk & Welt uneingeschränkt "allen Buchliebhabern, allen Verlegern und Buchhändlern". Bei Volk & Welt, heute Teil von Random House, erschienen viele lateinamerikanische Autoren zum ersten Mal in deutscher Sprache, etwa Pablo Neruda oder Octavio Paz. Jorge Luis Borges allerdings durfte nicht verlegt werden, weil er "einen Orden des argentinischen Militärs angenommen hatte und Sympathie für Israel äußerte". Auch Texte aus Vietnam und China erlebten bei Volk & Welt ihre Deutschlandpremiere. Dass tatsächlich "jedes Buch ein Abenteuer" war, zeige sich auch daran, so der Rezensent, dass "Ausgaben von Günter Grass" erst in den Achtzigern erscheinen konnten. Überhaupt sei der Publikationsprozess eine knifflige Sache gewesen: "Es gab immer wieder unerhört langwierige Problemfälle, in denen auch nur einige Zeilen geändert werden mussten, in denen Titel überhaupt nicht erscheinen konnten oder mit 20-jähriger Verspätung herauskamen." 2001 war es mit diesen Kniffligkeiten vorbei - der Verlag wurde "liquidiert".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.06.2004

Abenteuer Buch
Die Geschichte des DDR-Verlags Volk & Welt
Es scheint eine Ironie zu sein, dass der Verlag der DDR, der mehr als alle anderen Verlage ausländische Literatur verlegt hat und sinnigerweise Volk & Welt hieß, von der größten Belletristik-Verlagsgruppe der Welt Random House/Bertelsmann aufgekauft wurde, inkorporiert, aber als Verlagsname gelöscht wurde. Einige Bücher werden weiter erscheinen, einige Rechte bleiben gewahrt, aber der Name existiert nicht mehr.
Der Verlag wurde 1947 in Berlin gegründet und stieg sehr schnell zum Leitverlag für internationale Literatur erst in der SBZ, dann in der DDR auf. Die aus dem Exil zurückgekehrten Autoren Anna Seghers, Bodo Uhse und Ludwig Renn vermittelten die ersten Kontakte nach Lateinamerika und über viele Jahre sollte Volk & Welt das bedeutendste Verlagshaus für die Verbreitung lateinamerikanischer Literatur in deutscher Sprache überhaupt werden. Übersetzungen aus allen osteuropäischen Staaten, aber auch aus China, Vietnam und anderen wurden in den allermeisten Fällen als deutsche Erstausgaben gebracht und das Programm war von einer grandiosen Vielfältigkeit und Originalität. In den späteren Jahren mit dem Verlag Kultur und Fortschritt zusammengelegt, blieb Volk & Welt immer das große Aushängeschild für internationale Literatur, aber noch stärker für die Entdeckung zahlreicher in Deutschland unbekannter Autoren.
Pablo Neruda erschien erstmals in deutscher Sprache bei Volk & Welt. Neben ihm wurden auch die weiteren Nobelpreisträger aus den lateinamerikanischen Ländern, Miguel Angel Asturias aus Guatemala und Octavio Paz aus Mexiko hier zum ersten Mal in deutscher Sprache verlegt. Auch Volk & Welt war, wie der Aufbau-Verlag, direkt im Eigentum der SED und deshalb durfte beispielsweise Jorge Luis Borges nicht erscheinen, nicht aus literarischen Gründen, sondern weil Borges einen Orden des argentinischen Militärs angenommen hatte und Sympathie für Israel äußerte. Es dauerte viele Jahre, bis eine erste Ausgabe von ihm dann bei Volk & Welt erscheinen konnte.
Es gibt zahlreiche weitere Fälle, wo es äußerst lange gedauert hat, bis ein Autor erscheinen konnte. Erst in den späten achtziger Jahren war es möglich, Ausgaben von Günter Grass herauszubringen. „Jedes Buch ein Abenteuer” - der Titel einer exzellenten Veröffentlichung über den Akademie-Verlag in Ostberlin traf auch hier zu. Es gab immer wieder unerhört langwierige Problemfälle, in denen auch nur einige Zeilen geändert werden mussten, in denen Titel überhaupt nicht erscheinen konnten oder mit 20-jähriger Verspätung herauskamen. Aber die Beharrlichkeit der Lektoren und auch der Verlagsleitung war immer wieder derartig ausgeprägt, dass dann auch Titel nach so langer Zeit verlegt werden können.
Neben einer exzellenten Qualität der Übersetzungen stach der Verlag immer wieder durch seine glänzende Gestaltung hervor. Werner Klemke, Ulrich Lindner und vor allem Lothar Reher gestalteten die meisten Bücher und sorgten dafür, dass der Verlag immer wieder Auszeichnungen bei den schönsten Büchern und auch bei den schönsten Schutzumschlägen bekam.
2001 wurde der Verlag liquidiert. Er hatte noch nach der Wende zahlreiche weitere Bücher publizieren können, aber die wirtschaftlichen Ergebnisse machten eine weitere Fortführung unmöglich. Ein Teil der Archivmaterialien ging an die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Das große Archiv des Verlags wurde dem Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt übergeben, wo der Verlag mit einer großen Ausstellung gewürdigt wurde. Dazu erschien das wunderbar gestaltete Buch „Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlags Volk & Welt”.
Es gibt keinen besseren und keinen schöneren Beitrag zur Geschichte des DDR-Verlagswesens oder zur Geschichte der internationalen Literatur der letzten 50 Jahre und es ist ein Glücksfall, dass dieses Buch ungewöhnlich preiswürdig auf den Markt kommt. Es kann nur allen Buchliebhabern, allen Verlegern und Buchhändlern uneingeschränkt empfohlen werden.
KLAUS G. SAUR
SIMONE BARCK, SIEGFRIED LOKATIS: Fenster zur Welt. Eine Geschichte des DDR-Verlags Volk & Welt. Christoph Links-Verlag, Berlin 2003. 440 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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"Der Band liefert faszinierende Fakten und aufschlussreiche Anekdoten aus der bewegten Verlagsgeschichte. Häufig sind es die Beiteiligten selbst, die erzählen.'" (Sächsische Zeitung, 21.10.03) "Ein äußerst kenntnisreicher und sehr empfehlenswerter Begleitband zur Ausstellung." (Anke Westphal, Berliner Zeitung, 25./26.10.03) "Das Lesebuch [...]liest sich überaus spannend. Es weckt Erinnerungen und erklärt Zusammenhänge, so die ostdeutsche Publikationsgeschichte der"Blechtrommel"von Günter Grass. Herausgeber und Autoren umgehen eine kuschelige"Weißt-du-noch?"-Stimmung." (Berliner Zeitung, 19.11.03) "Ein schönes Buch! So stelle ich mir Aufarbeitung von DDR-Geschichte vor." (Christel Berger, Ossietzky, 7.2.04) "Ein schönes Buch, kulturgeschichtlich aufschlussreich, vielstimmig, farbig, amüsant." (Neue Zürcher Zeitung, 13.3.04)