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Der Schweizer Eduard Spelterini (1852-1931) war der bedeutendste Ballonpionier des ausgehenden 19. Jahrhunderts und damals europaweit bekannt. Besonders wichtig ist Spelterini bis heute, weil er seine Ballonfahrten seit 1893 für Aufsehen erregende Luftaufnahmen nutzte. Und er war ein ungemein begabter Fotograf, der mit seiner Kamera die Alpen überflog, Schweizer Städte aufnahm, aber auch die Pyramiden von Gizeh sowie Städte und Landschaften in Ägypten, im Orient und in Südafrika.Jetzt werden Eduard Spelterinis Ballonfotografien wieder entdeckt: Unser Buch versammelt erstmals seit 1928 die…mehr

Produktbeschreibung
Der Schweizer Eduard Spelterini (1852-1931) war der bedeutendste Ballonpionier des ausgehenden 19. Jahrhunderts und damals europaweit bekannt. Besonders wichtig ist Spelterini bis heute, weil er seine Ballonfahrten seit 1893 für Aufsehen erregende Luftaufnahmen nutzte. Und er war ein ungemein begabter Fotograf, der mit seiner Kamera die Alpen überflog, Schweizer Städte aufnahm, aber auch die Pyramiden von Gizeh sowie Städte und Landschaften in Ägypten, im Orient und in Südafrika.Jetzt werden Eduard Spelterinis Ballonfotografien wieder entdeckt: Unser Buch versammelt erstmals seit 1928 die schönsten und spektakulärsten Luftaufnahmen, direkt ab den originalen Glasnegativen reproduziert. Diese raren Luftbilder zeigen atemberaubende Blicke auf Natur und Besiedlung. Neben die Bilder stellt das Buch zwei neue Texte: Der Schweizer Schriftsteller Alex Capus zeichnet in einem biografischen Porträt die Lebensgeschichte Spelterinis nach, der Fotohistoriker Hubertus von Amelunxen skizziert die Bedeutung dieser Luftaufnahmen und stellt sie in den Kontext ihrer Entstehungszeit und verwandter fotografischer Genres.
Autorenporträt
Thomas Kramer, ausgebildeter Historiker und Filmhistoriker (in Zürich und Wien), ist seit 2001 Mitglied des Architekturbüros stiefel kramer, Wien/Zürich. Von 1998 bis 2003 war er Kulturredaktor beim "Zürcher Tages-Anzeiger". Seit April 2005 ist er Kulturchef der schweizerischen Wochenzeitung "Die Weltwoche". Zahlreiche Veröffentlichungen zur europäischen Filmgeschichte und Architektur.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.01.2008

Es schadet nicht, wenn berichtet wird
Ein großer Mystifizierer und Abenteurer zugleich: Der Schweizer Ballonpionier Eduard Spelterini
Er wollte nicht Schweizer heißen, nannte sich Spelterini, vermutlich nach der Maria gleichen Namens, die 1872 als erste Frau die Niagara-Fälle auf dem Hochseil überquerte. Aber auch sonst ist einiges unsicher im Leben des 1852 im St. Gallischen Bazenheid geborenen Ballonpioniers, der am 3. Oktober 1898 von der Walliser Kantonshauptstadt Sion aus als erster Mensch die Alpen Richtung Nordwesten überflog. In Bazenheid reichen die Schulakten nicht weit genug zurück, und in Lugano, wo Spelterini in die Schule gegangen sein will, ist kein Schüler eines seiner Namen verzeichnet. Der Achtjährige hätte, vom behaupteten Wohnort Como aus, jeden Tag dreißig Kilometer Schulweg zu bewältigen gehabt. Noch ohne Zug. Wahrscheinlich war alles erstunken und erlogen. Spelterini hatte Größeres vor, und es sollte ihm eine Zeitlang auch gelingen.
Denn er war nicht nur ein Pionier der Luftfahrt. Früh begriff der Sohn des Wirts der Bazenheider Bierstube Neuhaus, dass man die Zeitungen von seinen Erfolgen berichten lassen sollte. So waren oft Journalisten mit dabei, wenn Eduard in die Luft ging. 1887 hatte er in Paris schließlich seinen ersten eigenen Ballon. Es war ein spezielles Vergnügen, mit Spelterini zu fliegen. Hatte das Luftschiff einmal seine Reisehöhe erreicht, intonierte er mit schönem Bariton die Arie des Toreros Escamillo aus Bizets „Carmen”. Champagner aus dem Picknickkorb gab dem Event den letzten Schliff. Und die Trapezkünstlerin Leonora Dare führte unter der Gondel Kunststücke auf, wobei sie sich leicht bekleidet mit ihren Zähnen irgendwo festhielt. Das Börsenblatt im russischen Kazan, wohin Spelterini im Sommer 1889 mit seinem Ballon gelangt war, entdeckte jedoch humanistische Neigungen und befand, dass Leonora Dare „vor dieser brutalen Ausbeutung beschützt” werden müsse.
Der umfassende Luftikus
Das Paar trennte sich, Spelterini bändelte mit anderen Damen an. Über Bukarest, Saloniki und Athen gelangte er nach Ägypten, lernte Lydia Paschkoff kennen, die adlige russische Reiseschriftstellerin, die in einer Novelle das Lob eines Ballonfahrers Eduard Spelter sang, der sich im Kreis der Paschas, Beys und Bankiers, die im Hotel Khedive in Alexandria logierten, wohl zu bewegen wisse. Spelterini gelangte schließlich bis nach Südafrika. Zwei Sachen waren es, die ihn unvergesslich machten. Eben jene erste Ballonfahrt aus dem Wallis über Les Diablerets ins Burgund, die er von alpeninteressierten Naturwissenschaftlern begleitet unternahm, und dann die großartigen Fotografien, mit der er seine Flugreisen dokumentierte. Spelterini fotografierte die Planquadrate von Johannesburg so phantastisch genau wie die märchenhaften Verwerfungen der Wüste bei Kairo. Aus 5000 Meter nahm er Zürich auf, als sei er ein Landschaftsplaner. Und wer seine Fotografien des Gletschers von Trient auf der Nordseite der Mont-Blanc-Gruppe sieht, ist versucht, ihn für einen visionären Maler zu halten.
Der Schriftsteller Alex Capus hat Spelterinis Biographie für einen schönen, großformatigen Fotoband neu recherchiert und rückt dabei einige Legenden zurecht, ohne dem Pionier den Zauber des umfassenden Luftikus zu nehmen. Das war Spelterini ohnehin zu Lebzeiten schon geschehen: Durch den Ersten Weltkrieg, der der Belle Epoque und ihrem freien Flug über die Länder ein jähes Ende setzte. Und andererseits durch die dem Krieg geschuldete Entwicklung der Motorluftfahrt, die aus dem progressiven Abenteurer Spelterini schnell einen anachronistischen Zausel machte, der gegen Stinker am Himmel wetterte.
1922 blieb ihm nichts anderes übrig, als im Kopenhagener Tivoli zur Touristen-Belustigung aufzusteigen. Zu Beginn des Weltkriegs schon hatte sich der Sechzigjährige mit seiner jungen Frau Emma aus dem bayerischen Marktheidenfeld, die sich gern als Habsburgerprinzessin ausgab, nach Coppet am Genfer See zurückgezogen, wie einst Madame de Stael. Doch nachdem das Geschäft immer schlechter ging, dislozierte das Paar 1923, noch mit Diener, schließlich nach Zipf in Oberösterreich und lebte dort von den Erträgen einer dreihundertköpfigen Hühnerfarm. Als der über siebzigjährige Spelterini 1926 noch einmal in die Luft ging, ergriff ihn, der zum Start noch auf dem Korbrand sang, in 4300 Metern Höhe eine Ohnmacht. Doch seine Fahrgäste brachten das Gefährt einigermaßen sicher auf den Boden eines Geröllfelds in zweitausend Metern Höhe. Nach einer Ruhepause flog Spelterini noch einmal an die Côte d’ Azur, wo er zum ersten Mal aufgestiegen war, musste sich aber vom alten Gönner Oberst Santschi schon nach Tagen Geld für die Rückfahrt borgen. Eduard Spelterini ging nach Zipf zurück und starb dort am 16. Juni 1931. HANS-PETER KUNISCH
THOMAS KRAMER / HILAR STADLER (HRSG): Eduard Spelterini. Fotografien des Ballonpioniers. Mit Beiträgen von Alex Capus, Hubertus von Amelunzen, Stephan Wottreng und Henri Wydler. Verlag Scheidegger & Spieß. Zürich 2007. 148 Seiten, 65 Euro.
Spelterinis Fotografie des Gletschers von Trient auf der Nordseite der Mont-Blanc-Gruppe sieht wie ein visionäres Gemälde aus Foto: Aus d. bspr. Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Enthusiastisch rekapituliert Hans-Peter Kunisch den Lebensweg des Pioniers der Ballonfahrt Eduard Spelterini, dessen Biografie nach wie vor viele Rätsel aufweist, wie der Rezensent klar stellt. Neben der Tatsache, dass Spelterini als Erster 1898 mit einem Ballon von der Schweiz aus die Alpen in nordwestlicher Richtung überflog, machen ihn insbesondere seine fantastischen, auf seinen Ballonfahrten aufgenommenen Fotos bis heute unvergesslich, betont der Rezensent. Dass der Schriftsteller Alex Capus in seiner in diesem Band enthaltenen Lebensbeschreibung des Ballonfahrers, der später von Ballonfahrten für zahlungskräftige Passagiere lebte, zwar viele "Legenden" ausräumt, dabei aber den "Zauber"  des Abenteurers unangetastet lässt, freut Kunisch besonders und so zeigt er sich mit diesem Buch rundum zufrieden.

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