Produktdetails
  • Verlag: Rotpunktverlag
  • ISBN-13: 9783858691842
  • ISBN-10: 3858691844
  • Artikelnr.: 25268600
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2000

Europa

"An den Rändern Europas. Berichte von den Grenzen" von Beat Leuthardt. Rotpunktverlag, Zürich 2000. 319 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Broschiert, 38 Mark. ISBN 3-858669-184-4.

Leuthardts Berichte von den Grenzen Europas sind Anklagen. Sie beschreiben die Auswirkungen des inneren Zusammenschlusses auf jene Länder mit den Außengrenzen der Europäischen Union. Denn Kehrseite des freien Austauschs von Waren und des freien Personenverkehrs im Binnenverhältnis ist eine Abschottung nach außen. Leuthardt spürt ihr in Südspanien, an der italienischen Adriaküste, im Osten Österreichs und bis in die Ukraine nach. Er beschreibt die Mentalität der Bewohner und der Behörden gegenüber Flüchtlingen, Asylanten und Migranten, aber auch die Änderungen des alltäglichen Grenzverkehrs. Überall macht er infolge obrigkeitlicher Verschärfungen der Rechtslage und einer Aufrüstung der Polizei die Zerstörung gutnachbarlicher Verhältnisse aus. Das Buch lebt davon, dass es diese Verlustliste detailliert und anschaulich schildert. Man erfährt aus den Reportagen viel über die Lebensverhältnisse, Hoffnungen und Alltagssorgen der Bürger. Leuthardts Interesse gilt stets der sozialen Praxis vor Ort, die er mit den Programmsätzen der EU konfrontiert: Wie ändern sich Sprache, Reiseverhalten und soziale Kontakte angesichts dieser Abschottung? Schnell wird das politische Feindbild deutlich, das alle Beschreibungen durchzieht: Eine globalisierte Wirtschaft produziert zusammen mit einer verantwortungslosen Brüsseler Bürokratie eine "Festung Europa". Vergleichbar schlicht gestrickt ist auch das Bild der Bürger in den Orten, denen Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Gastfreundschaft in mitunter kitschiger Weise nachgesagt werden. Diese Gegenüberstellung wirkt plump und scheint angesichts alarmierender Meldungen über Fremdenfeindlichkeit gerade in jenen Regionen unglaubwürdig. Das humanitäre Anliegen des Verfassers kommt demgegenüber gut zur Geltung und bleibt nachvollziehbar, auch wenn man Leuthardts politische Ansichten nicht teilt. (mve.)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

In seiner kurzen Kritik beschreibt Roland Schönbauer die Situation der Flüchtlinge aus Asien, Afrika und "den Armenhäusern Osteuropas", die mit oft lebensgefährlichen Manövern versuchen, ins gelobte Westeuropa zu gelangen. Der Autor berichte ganz "unaufgeregt" über diese Flüchtlinge vor der EU-Außengrenze. "Wie ein roter Faden" ziehe sich dabei der Eindruck durch das Buch, dass das Schengener Abkommen zu einem immer weniger humanitären Umgang mit Flüchtlingen führt. Nur dass der Autor versucht, die ost und nordeuropäische Staaten als "vorauseilend gehorsame Pufferstaaten" darzustellen, findet der Rezensent wenig einleuchtend. Die westeuropäischen Staaten seien keinen Deut weniger rigide. Zum Beweis erzählt er, wie eine spanische Behörde einmal Flüchlinge mit Schlafmitteln betäubt hat, um sie ohne Scherereien nach Afrika zurückfliegen zu können.

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