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Wer proklamierte schon 1739 die "nouvelle Cuisine"? Wieso kam später Paul Bocuse in den Verdacht, eine "neue Küche" erfunden zu haben? Wer verfasste ein Rezept für Elefantenfuß? Und wie beurteilte der Guide Michelin das Können von Bernard Loiseau, kurz bevor der Küchenchef Selbstmord beging? Dieses Buch erzählt die Geschichte europäischer Köche von den Anfängen bis zu den Starköchen heutiger Prägung. Anschaulich schildert es, wie Moden, Politik, Transportwege oder die Erfindungen der chemischen Industrie das Kochen prägten - von Guillaume Tirel über Antonin Carême, Alexis Soyer, Auguste…mehr

Produktbeschreibung
Wer proklamierte schon 1739 die "nouvelle Cuisine"? Wieso kam später Paul Bocuse in den Verdacht, eine "neue Küche" erfunden zu haben? Wer verfasste ein Rezept für Elefantenfuß? Und wie beurteilte der Guide Michelin das Können von Bernard Loiseau, kurz bevor der Küchenchef Selbstmord beging?
Dieses Buch erzählt die Geschichte europäischer Köche von den Anfängen bis zu den Starköchen heutiger Prägung. Anschaulich schildert es, wie Moden, Politik, Transportwege oder die Erfindungen der chemischen Industrie das Kochen prägten - von Guillaume Tirel über Antonin Carême, Alexis Soyer, Auguste Escoffier, Franz Pfordte, Eugénie Brazier, Fernand Point, Paul Bocuse, Eckart Witzigmann, Fredy Girardet bis zu Santi Santamaria, Alain Ducasse und Joel Robuchon. Mit vielen Rezepten großer Köche.
Autorenporträt
Jörg Zipprick lebt als freier Journalist in Paris und schreibt u.a. für Der Feinschmecker, Financial Times Deutschland, WeinGourmet und das Lufthansa Magazin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dem Rezensenten vergeht ganz schnell der Appetit beim Lesen dieser Kulturgeschichte der Köche. Dabei müsste der Autor als jahrelanger Restaurantkritiker doch was zu sagen haben. Allein, Jörg Zipprick kann den Rezensenten in keiner Weise von seinem Wissen überzeugen. Hungernd nach kulinarischer Erkenntnis bekommt Jakob Strobel Y Serra vom Autor bloß Staubtrockenes kredenzt, pointenlos und stilistisch fade überdies. Oder auch: Einen Haufen Halbwissen, in dem epochenlange historische Entwicklungen auf wenigen Seiten gedrängt erscheinen, Quellenlagen unerklärt bleiben und immer noch die Französische Küche als das Ultimum gilt. Die wenigen lichten Momente des Buches, etwa, wenn der Autor Legenden aus der Welt der Nouvelle Cuisine zum Besten gibt oder der Misogynie französischer Sterneköche nachgeht, machen dem bedauernswerten Rezensenten zwar den Mund wässerig, aber ohne die ersehnte Beglückung.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2013

Ein Buch wie Kartoffelbrei aus der Tüte

So schmeckt Satansbraten mit Apokalypse-Sauce: Der ehemalige Restaurantkritiker Jörg Zipprick serviert mit seiner Kulturgeschichte der Köche seinen Leser ein seltsames Menü.

Zum Glück kann man Bücher nicht essen, ein Glück, dass dieses Buch ein Buch und kein Menü ist. So darf man es als wissensdurstiger, erkenntnishungriger Feinschmecker einfach beiseitelegen, ganz schnell vergessen und froh sein, dass man nicht tagelang mit einem schalen Geschmack im Mund herumlaufen muss. Wäre es ein Menü, würde man sich an ihm den Magen verstimmen, litte lange an Bauchgrimmen und ärgerte sich nicht nur seelisch, sondern auch körperlich darüber, dass ein wunderbares Filetstück aus der Geschichte des Geschmacks hier so lieblos zerkocht und versalzen worden ist.

Jörg Zipprick hat zwei Jahrzehnte lang als Restaurantkritiker gearbeitet, bis er sich von seinem Tun lossagte und in einem Büchlein aus dem Genre der polemischen, grob pauschalisierenden Bekenntnisliteratur mit der Welt der Spitzenküche und den Abgründen seines Berufsstandes abrechnete. "In Teufels Küche" (2011) hieß diese Katharsis, nach der er sich wieder Erfreulicherem zu widmen imstande sah: Nichts weniger als eine Kulturgeschichte der Köche verspricht er uns jetzt - und tischt uns doch nichts anderes als einen wahllos zusammengeworfenen Haufen halbgaren Halbwissens auf, aus dem man nur ganz selten ein paar Rosinen der Erkenntnis picken kann. Offensichtlich hat der jahrelange satanische Frondienst im Fegefeuer der Feinschmeckerei tiefere Spuren hinterlassen.

Es fängt schon nicht besonders gut an: Die Kulturgeschichte des Kochens von der Antike bis ins siebzehnte Jahrhundert wird auf fünfzig Seiten zusammengepfercht, ohne dass Köche dabei eine nennenswerte Rolle spielen. Das kann man Zipprick auch gar nicht vorwerfen, weil es aus diesen Jahrhunderten kaum Informationen über die Herren der Herde gibt. Sie spielten noch keine Hauptrolle bis auf wenige Ausnahmen wie den berühmten Taillevent, den Leibkoch der französischen Könige Karl V. und Karl VI.

Was man Zipprick aber sehr wohl vorwerfen muss, ist sein Desinteresse an den Ursachen dieser Anonymität, an den kulturhistorischen Zusammenhängen und sozialgeschichtlichen Hintergründen. Stattdessen wird nur Anekdotisches zum Besten gegeben. Man liest eine Handvoll Absätze über die Globalisierung des Essens dank der Entdeckungsfahrten von Kolumbus und Vasco da Gama, dann ein paar Sätze zur Vier-Säfte-Lehre des Hippokrates oder zur Vermählung der französischen und italienischen Küche unter Katharina von Medici. Das ist manchmal ganz unterhaltsam, auf die Dauer aber unbefriedigend, weil es am Ende doch nur aufgewärmtes, aneinandergereihtes Allgemeinwissen ist.

So geht es in einem fort, und daran ändert sich selbst in jenen Kapiteln nichts, die sich mit den ersten Königen unter den Köchen in der Geschichte der Kulinarik beschäftigen. Wieder werden nur Kurzbiographien in den großen Eintopf geworfen, ohne Schlüsse zu ziehen, Erklärungen zu suchen, Entwicklungslinien zu zeichnen, kluge Gedanken zu formulieren. Und bald schon ist man der dauernden Plaudereien und Abschweifungen überdrüssig. Will man wirklich noch einmal lesen, dass der Mönch Dom Pérignon angeblich den Champagner erfunden hat, dass der Kaffee auf verschlungenen Wegen nach Europa kam, dass Alexandre Dumas Père ebenso ein Feinschmecker vor dem Herrn war wie Gioacchino Rossini, der Erfinder der Tournedos Rossini?

Und genauso schnell ist man die sture Zentrierung auf Frankreich leid, jenes Land, das Zipprick zur zweiten Heimat geworden ist und das seine Hegemonie im Kosmos der Haute Cuisine längst verloren hat - was den Autor allerdings nicht weiter zu kümmern scheint. Ein wenig Trost spenden immerhin einige nette Trouvaillen wie dieses Zitat des berühmten französischen Gastrokritikers Curnonsky, der einmal in ein Gästebuch schrieb: "Wäre die Suppe so warm gewesen wie der Wein, der Wein so alt wie die Poularde und die Poularde so fett wie die Frau des Hauses - dann wäre dies fast ein gutes Essen gewesen."

Doch man gibt die Hoffnung nicht auf, auch weil es hin und wieder lichte Momente gibt, etwa wenn Zipprick Wahrheiten und Legenden der Nouvelle Cuisine straff rekapituliert oder der Frauenfeindlichkeit der französischen Spitzenköche auf den Grund geht. So liest man tapfer weiter und hofft spätestens bei den Passagen über die zeitgenössischen Spitzenköche, dass eines schönen Tages hinter all dem trockenen Faktenwissen ein lebendiger Mensch, eine greifbare Persönlichkeit, ein Charakterkopf zum Vorschein kommen - zumal der Autor viele dieser Koryphäen persönlich kennengelernt hat.

Aber nein: Der Text bleibt so fade wie Kartoffelbrei aus der Tüte, die Sprache so frei von Eleganz und Pointen, als wolle sie die Sinnlichkeit ihres Gegenstandes verspotten, und die Schlampigkeit beim Hinschludern der Allgemeinplätze so penetrant, dass man irgendwann endgültig die Lust verliert - spätestens dann, wenn Zipprick von den Köchen in "Katalanien" schreibt. Da will man dann gar nicht mehr wissen, was ihre Kollegen in der Champogne oder der Côte d'Ozur so treiben.

Und Zippricks düsterer Ausblick in unsere kulinarische Zukunft, in der er die Menschheit unter dem Joch einer finsteren Allianz aus korrupten Meisterköchen, skrupellosen Nahrungsmittelindustriellen und wahrscheinlich auch behörnten Teufelsküchenbetreibern darben sieht, klingt wie das Grollen eines übergeschnappten Apokalyptikers, über das man nur den Kopf schütteln kann. So ist dieses Buch weder Fisch noch Fleisch - weder konzentrierte Kulturgeschichte noch brillante Biographiensammlung, weder stilistischer Genuss noch unterhaltsames Faktenpotpourri, weder Analyse noch Pamphlet. Man schlägt es zu und wird alleingelassen mit seinem Wissensdurst und Erkenntnishunger. Wäre es ein Menü, wir weigerten uns, die Zeche zu zahlen.

JAKOB STROBEL Y SERRA.

Jörg Zipprick: "Die Erfinder des guten Geschmacks". Eine Kulturgeschichte der Köche.

Eichborn Verlag, Köln 2013. 382 S., Abb., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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