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Christian Mähr lädt ein zu einem naturwissenschaftlichen Panoptikum. Er führt durch die Keller und Dachböden der Technikgeschichte, wo längst vergessene Erfindungen schlummern. Wer kennt noch die geniale Honigmannsche Natronlok, die jahrelang lärm- und abgasfrei durch Berlin und Aachen fuhr, ehe sie überraschend ausstarb? Oder den Stirlingmotor und das Ionentriebwerk? Viele dieser nach Science-Fiction klingenden Erfindungen erweisen sich als zu Unrecht verworfen. Christian Mähr macht auf dem Abstellgleis der Erfindungsgeschichte unerhörte Entdeckungen und stellt die zehn spannendsten Ideen…mehr

Produktbeschreibung
Christian Mähr lädt ein zu einem naturwissenschaftlichen Panoptikum. Er führt durch die Keller und Dachböden der Technikgeschichte, wo längst vergessene Erfindungen schlummern. Wer kennt noch die geniale Honigmannsche Natronlok, die jahrelang lärm- und abgasfrei durch Berlin und Aachen fuhr, ehe sie überraschend ausstarb? Oder den Stirlingmotor und das Ionentriebwerk? Viele dieser nach Science-Fiction klingenden Erfindungen erweisen sich als zu Unrecht verworfen. Christian Mähr macht auf dem Abstellgleis der Erfindungsgeschichte unerhörte Entdeckungen und stellt die zehn spannendsten Ideen vor, die in ihrer Epoche aus technischen Gründen keine Chance hatten oder nicht in die Zeit passten. Für jeden verständlich erklärt Christian Mähr zugrunde liegende Vorgänge und verblüffende Ideen der Erfindungen und bettet sie geistreich ein in die Umstände ihrer Entwicklung und ihres Verschwindens.
Autorenporträt
Christian Mähr wurde 1952 in Feldkirch im Vorarlberg geboren und lebt als Autor und Journalist in Dornbirn. Der promovierte Chemiker arbeitet beim Österreichischen Rundfunk für die Redaktionen Wissenschaft und Umwelt. Bei DuMont erschienen seine Romane 'Simon fliegt' (1998) und 'Die letzte Insel' (2001).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.01.2003

Es wird nicht besser
Nicht einmal der Fortschritt war ein Fortschritt, sogar Flettners Rotor-Schiff wurde vergessen: Christian Mährs Gegen-Geschichten
Zu den Lieblingslektüren meiner Kinder- und Jugendzeit gehörten Geschichten über Erfinder. Zugegeben, deren Dramaturgie war ein wenig stereotyp: verbissenes Forschertum, geniale Idee, dann Spott der Öffentlichkeit und der Fachleute, dennoch aufopferungsvolle Arbeit, viele Rückschläge und schließlich Erfolg, Ehre, Reichtum. Dass ich dennoch kaum genug von solchen Geschichten bekommen konnte, lag wohl an dem diskreten Meta- Text hinter den Fallbeispielen. Der handelte nämlich von nicht weniger als dem „Geist der Technik”. Und den muss es ja geben! Wer sonst sollte mit solcher Treffsicherheit die Spinner, Tüftler und Selbstausbeuter herausgefunden und motiviert haben, die dann dafür sorgten, dass die Menschheit die jeweils nächste Stufe auf der schnurgerade himmelwärts führenden Leiter des Fortschritts erklimmen konnte. Geschichten über Erfinder und Erfindungen waren von daher nichts anderes als Beiträge zu einer Theologie des technischen Zeitalters.
Allein, der Kinderglaube ist längst vergangen. „Fortschritt” ist drauf und dran, ein Unwort zu werden. Nichts scheint mehr erfunden zu werden, dessen Aktien sich an der Börse halten könnten. Verständlich also, wenn die Zeit reif wird für die Gegen-Geschichten, für die Geschichten nicht bloß über missglückte, sondern über – zu Unrecht! – vergessene, abgelehnte oder übergangene Erfindungen. Zeit also für Beweise, dass nicht einmal der Fortschritt ein Fortschritt war.
Christian Mähr, Autor und Wissenschafts-Journalist aus dem österreichischen Vorarlberg, ist einer dieser Gegen-Geschichten-Erzähler. In seinem Buch „Vergessene Erfindungen” hat er zehn Beispiele gesammelt, anhand derer er den Nachweis führen will, dass die Geschichte unserer Technik sich nicht nach einem quasi-darwinistischen Prinzip vollzogen hat, sprich: dass keineswegs immer ein Besseres das Gute ablösen und überflüssig machen konnte.
Das schönste Beispiel ist, denke ich, gleich das erste. Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts baut Anton Flettner ein windgetriebenes Schiff, das anstelle von drei Masten und Dutzenden Segeln nur zwei durch Dieselmotoren in Rotation versetzte Walzen trägt, jede 2,8 Meter dick und 15 Meter hoch. Das sieht zwar furchtbar aus, funktioniert aber. Nach dem schon seit dem 19. Jahrhundert bekannten Magnuseffekt vervielfacht sich der Andruck der Luft auf rotierende Zylinder. Die beiden hässlichen Walzen schlagen so mehr Schubenergie aus dem Wind als eine komplette Takelage. Dabei sind sie viel einfacher zu bedienen, nur durch eine Beeinflussung ihrer Rotationsgeschwindigkeit entsteht der gleiche Effekt wie beim Setzen und Einholen der Segel, zu dem man Dutzende Matrosen braucht. Flettners Schiff ist eine Weltsensation. Nach dem Prototyp wird ein größeres gebaut, das sich im Betrieb auf dem Mittelmeer in jeder Hinsicht bewährt.
Kurz darauf ist Flettners Rotor-Schiff vergessen. Neue Schiffe bekommen große und leistungsstarke und kraftstofffressende Dieselmotoren, weil die Menschheit beginnt, sich dem Wahn hinzugeben, dass fossile Brennstoffe in unerschöpflicher Menge und beinahe umsonst zu haben seien. Heute wissen wir, dass das ein Irrtum war und ist. Aber wenn einmal die ökonomischen Strukturen festgelegt sind, dann entscheidet sich nach ihrer und nicht nach Maßgabe des reinen Verstandes, was realisiert wird und was nicht. Zwar macht man mit Erfindungen Geld, aber umgekehrt bestimmt auch das Kapital, was erfunden werden kann. Die Technik-Geschichte ist weder eine Geschichte des Immer-Besser, noch lässt sie sich anhalten oder umkehren.
Diesen Grundsatz an historischen Beispielen zu erklären, treten alle zehn Kapitel an, auch wenn ein-, zweimal von Erfindungen die Rede ist, die zu Recht keine Chance bekommen haben. Dabei geht Mähr mutig ins technische Detail, man muss aber kein einschlägiges Studium absolvieren, um ihm folgen zu können. Ich empfehle das Buch gern; sein schönstes Ergebnis denke ich mir so: Nach der Lektüre schaut man auf eine selbstverständliche Errungenschaft unserer technischen Gegenwart – und spürt dabei eine Ahnung davon, dass es vielleicht nur einer Kleinigkeit bedurft hätte, und man besichtigte den selben Gegenstand jetzt als Skurrilität im Museum.
BURKHARD SPINNEN
CHRISTIAN MÄHR: Vergessene Erfindungen. Warum fährt die Natronlok nicht mehr? Dumont Verlag, Köln 2002. 180 Seiten, 14,90 Euro
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Viel Schweiß und viel Inspiration bleiben vergebens, weil die Welt nicht braucht, was man ersonnen. Ein wenig Gerechtigkeit lässt nun der österreichische Schriftsteller Christian Mähr dem Vergessenen widerfahren, neun Erfindungen des 19. und des 20. Jahrhunderts, die den Durchbruch nie geschafft haben. Weil sie zu spät kamen - oder, wer weiß, zu früh. Oder weil ihr praktischer Nutzen zu begrenzt war. Vorgestellt werden der "hydraulische Widder" oder der "Flettner-Rotor" in der Schifffahrt, aber auch die von Esperanto, einer bedingt erfolgreichen Erfindung, überflügelte Kunstsprache Volapük. Die Darstellung der unglücklichen Erfindungen ist dem Autor freilich nicht immer gut gelungen, bedauert der Rezensent (Kürzel "jdl."). Ein systematisches Interesse sei ohnehin kaum auszumachen - jedoch scheint auch der Plauderton, den Mähr immer wieder ironisierend anschlägt, dem Lesevergnügen abträglich.

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