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Wenn die ersten Pickel sprießen, so dachte man lange, sind die entscheidenden Strukturen im menschlichen Gehirn fertig ausgebildet und an ihrem Platz. In den letzten Jahren kommt die Wissenschaft allerdings zu einem etwas anderen Schluss: Das jugendliche Gehirn ist eine einzige große Baustelle, in der es hoch hergeht - neue Verbindungen entstehen, andere werden gekappt. Sowohl in den Stirnlappen, dem Sitz logischen Denkens und der Vernunft, als auch in den Gehirnregionen für Sprache und Gefühle erweist sich das Gehirn Heranwachsender als ein dynamisches und sich wandelndes Gebilde. Mit anderen…mehr

Produktbeschreibung
Wenn die ersten Pickel sprießen, so dachte man lange, sind die entscheidenden Strukturen im menschlichen Gehirn fertig ausgebildet und an ihrem Platz. In den letzten Jahren kommt die Wissenschaft allerdings zu einem etwas anderen Schluss: Das jugendliche Gehirn ist eine einzige große Baustelle, in der es hoch hergeht - neue Verbindungen entstehen, andere werden gekappt. Sowohl in den Stirnlappen, dem Sitz logischen Denkens und der Vernunft, als auch in den Gehirnregionen für Sprache und Gefühle erweist sich das Gehirn Heranwachsender als ein dynamisches und sich wandelndes Gebilde.
Mit anderen Worten (was viele Eltern schon immer vermutet haben): Das Teenagergehirn ist anders. Die verräterischen Symptome der Pubertät - vom stieren Blick bis zum Türenschlagen - gehen mit einem Wachstumsschub im Kopf einher.
In ihrem Buch erkundet Barbara Strauch diese neuen Entdeckungen der Gehirnforschung und illustriert sie anhand zahlreicher Fallbeispiele. Wir erfahren, warum Teenager mehr Schlaf brauchen, warum sie eine größere Risikobereitschaft an den Tag legen, wie gefährlich Drogen wirklich für das jugendliche Gehirn sind und wieso Teenager so leicht in Depressionen verfallen.
Strauchs Buch ist kein Erziehungsratgeber, sondern eine faszinierende Reise ins Gehirn von Teenagern. Die Veränderungen in dieser entscheidenden Lebensspanne erklären, warum sie, die Teenager, so seltsam sind.
Autorenporträt
Barbara Strauch ist Wissenschaftsredakteurin der New York Times und schreibt regelmäßig über die neuesten Entwicklungen in der Hirnforschung sowie über andere Themen aus dem Bereich der Medizin und Verhaltensforschung. Barbara Strauch lebt mit ihrer Familie in Westchester County, New York.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Manuela Lenzen lobt, Barbara Strauchs Buch sei "so amüsant wie informativ", beschränkt sich in ihrer Besprechung ansonsten aber leider fast gänzlich auf eine Inhaltsangabe dieser Publikation. Strauch wolle mit dem Buch die übliche Antwort auf die Frage, warum Teenager so seltsam sind - wegen der Hormone - durch eine weitere wichtige Erklärung ergänzen: Das Gehirn der Jugendlichen mache in der Zeit der Pubertät eine dramatische Veränderung durch. Scheitel-, Schläfen- und Stirnlappen machen in der Pubertät einen enormen Wachstumsschub durch: wie beim Kleinkind sprießen die neuronalen Verknüpfungen, den Jugendlichen wird "die Welt rätselhaft". Im Laufe der Pubertät werde das entstandene Nervengewirr wieder um bis zu fünfzig Prozent zurückgebildet, wie Lenzen resümiert, dieser Prozess könne sich aber auch bis zum zwanzigsten Lebensjahr hinziehen. Außerdem, so erfährt man, hat Strauch darüber hinaus ein Kapitel der Frage gewidmet, wie "mit dem sich entwickelnden Gehirn und seinen Trägern umzugehen sei".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2003

Mysterium Teenager
Nervengewirr: Barbara Strauch seziert pubertierende Gehirne

Als Denise, Mutter eines dreizehnjährigen Musterschülers, nach Hause kam, fand sie drei Briefe vor: In dem einen hieß es, ihr Sohn gehöre, wie erwartet, zu den Besten seines Jahrgangs, im zweiten, er sei in das Jugendorchester aufgenommen, im dritten, er sei von der Schule suspendiert, weil man ihn während der Unterrichtszeit beim Herumlungern in der Stadt ertappt habe. Das Verhalten pubertierender Jugendlicher ist für Eltern oft rätselhaft. Sie begeben sich in unnötige Gefahren, klauen, sprühen Graffiti, können sich keine zwei Sachen mehr merken, gehen beim kleinsten Anlaß in die Luft, knallen Türen und beschimpfen die Eltern. Warum sind sie auf einmal so seltsam?

Die Antwort auf diese Frage lautete bislang: Die Hormone sind schuld. Da ist natürlich etwas dran, meint Barbara Strauch, Wissenschaftsredakteurin bei der New York Times, doch vor allem geschieht etwas ganz anderes: Das Gehirn der Jugendlichen macht dramatische Veränderungen durch. Die gängige Vorstellung, daß das Gehirn im Alter von drei Jahren ausgereift sei, ist wohl nur darauf zurückzuführen, meint Strauch, daß es lange keine Möglichkeit gab, das Gehirn junger gesunder Menschen zu untersuchen. Erst seit die modernen bildgebenden Verfahren erlauben, dem Gehirn nebenwirkungsfrei bei der Arbeit zuzuschauen, ist den Forschern aufgefallen, daß Scheitel-, Schläfen- und Stirnlappen in der Pubertät einen Wachstumsschub durchmachen. Wie im Kleinkindalter sprießen die neuronalen Verknüpfungen. Dies führt allerdings nicht etwa zu mehr Einsicht, sondern erst einmal zu Verwirrung. Es bewirkt zum Beispiel, daß mit etwa elf Jahren die Fähigkeit, emotionale Gesichtsausdrücke zu erkennen, deutlich sinkt.

Was zuvor klar war, ist es auf einmal nicht mehr, den Jugendlichen wird die Welt rätselhaft. "Ich weiß nicht, was es ist. Ganz plötzlich werde ich verrückt und es geht nicht mehr weg", erklärt eine Zwölfjährige. Im Zuge der Pubertät wird dieses Nervengewirr dann wieder um bis zu fünfzig Prozent zurückgestutzt. Was dabei stehenbleibt, ermöglicht den Gewinn an Einsicht, der sich zur Erleichterung der Eltern dann doch einstellt: Plötzlich stellen die Jugendlichen die Musik leiser, verstehen die feine Ironie eines guten Witzes und erfassen die Abstrakta der Geometrie. Ihre Welt wird tiefer: Sie erfassen, wie komplex das mentale Geschehen in den Köpfen ihrer Mitmenschen sein kann, und lernen, über sich selbst zu lachen. "Jetzt fühlt sich das Denken manchmal einfach richtig gut an", zitiert Strauch einen Siebzehnjährigen.

Der Reifungsprozeß des Gehirns zieht sich bis über das zwanzigste Lebensjahr hin. Der junge Mensch sieht zwar längst aus wie ein Erwachsener, hält sich natürlich selbst dafür und wird von seiner Umgebung auch entsprechend behandelt. Doch sein Gehirn ist noch nicht soweit. Und je schneller sich der Körper wegen guter Nährstoffversorgung entwickelt, desto mehr klaffen äußere Erscheinung und innere Reife auseinander, schreibt Strauch. Das hat Konsequenzen: Wenn der Stirnlappen noch nicht reif ist für die Feinheiten der Geometrie, nützt das ganze Pauken nichts. Man muß abwarten, bis es "klick" sagt. Das gilt natürlich auch und vor allem für das Sozialverhalten, mit dem pubertierende Jugendliche die meisten Schwierigkeiten haben. Der präfrontale Kortex ist eine Art zentraler Bremse, er unterdrückt unpassende Handlungen. Bei Jugendlichen arbeitet er aber noch nicht besonders gut. Den Eltern bleibt die nicht ganz einfache Aufgabe, ihrem großmäuligen Nachwuchs mit diplomatischem Geschick diese Hirnregion zu ersetzen, Konsequenzen für sie abzuschätzen und das Schlimmste zu verhüten.

Die Erkenntnisse über die jugendliche "Gehirnbaustelle" liefern ein Argument gegen die in den Vereinigten Staaten mögliche Anwendung des Erwachsenen-Strafrechts auf Jugendliche. Und wenn das Gehirn in der Pubertät eine entscheidende Entwicklung durchmacht, ist dies auch sicher nicht die richtige Zeit, um mit Alkohol, Drogen und Zigaretten zu experimentieren.

Barbara Strauch handelt in ihrem so amüsanten wie informativen Buch vor allem von der Entwicklung gesunder Jugendlicher, widmet sich aber auch den Anomalien im Gehirn jugendlicher Schizophreniepatienten, von Alkoholikern, Drogenabhängigen und bei der Entstehung von Depressionen. Und sie widmet ein Kapitel der Frage, wie mit dem sich entwickelnden Gehirn und seinen Trägern umzugehen sei. Vor allem, meint Strauch, sollten die Eltern pubertierender Jugendlicher erst einmal durchatmen. Es ist nicht ihre Schuld, daß die Kinder so seltsam werden. Sie können ihren Sprößlingen ein wenig helfen, ihnen Freiräume schaffen und Möglichkeiten, Dampf abzulassen. Und ansonsten können sie abwarten - und dem Nachwuchs ab und zu auf die großen Füße treten. Denn, so Strauch, ein sich entwickelndes Gehirn ist kein Grund, den Mülleimer nicht rauszubringen.

MANUELA LENZEN

Barbara Strauch: "Warum sie so seltsam sind". Gehirnentwicklung bei Teenagern. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel. Berlin Verlag, Berlin 2003. 336 S., geb., 19,90 [Euro].

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