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Dieses - in dieser Form erstmals veröffentlichtes - Nachschlagewerk bietet einen umfassenden und informativen Blick auf die Entwicklung des europäischen, amerikanischen und japanischen Autodesigns von 1947 bis 2004. Anhand der Originalfotos von 370 Serienfahrzeugen und Konzeptautos werden die Designtrends der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufgezeigt.
Mit einer biographischen Übersicht der bedeutendsten internationalen Autodesigner.

Produktbeschreibung
Dieses - in dieser Form erstmals veröffentlichtes - Nachschlagewerk bietet einen umfassenden und informativen Blick auf die Entwicklung des europäischen, amerikanischen und japanischen Autodesigns von 1947 bis 2004. Anhand der Originalfotos von 370 Serienfahrzeugen und Konzeptautos werden die Designtrends der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufgezeigt.

Mit einer biographischen Übersicht der bedeutendsten internationalen Autodesigner.
Autorenporträt
Paolo Tumminelli ist Professor für Designkonzepte an der Köln International School of Design (KISD).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2004

Vorsprung durch Picknick
Paolo Tumminelli sucht nach Trends des Auto-Designs

Wie es eben beginnt: einer Kutsche kommen die Pferde abhanden, Karl Benz fährt trotzdem weiter - und fortan heißt das staunenswerte Ding Automobil. Das Neue spaziert aber gern im Mantel des Alten, und so bleibt es gestalterisch noch eine ganze Weile bei der Kutsche, zumindest bis die Automobilisierung der Welt sich vom Fuhrwerk ins Mythische erweitert. Berauscht von der Geschwindigkeit und getrieben von der Notwendigkeit zur Unterscheidung, entstehen nicht nur Kühlerfiguren, sondern bald auch fahrende Schuhkartons mit Kotflügeln und Trittbrettern sowie rasende Zigarren mit jenen dicken Rohren, die in Marinettis Augen "Schlangen mit explosivem Atem gleichen". Die Herrenfahrer schaukeln in Booten mit Rädern über die staubige Landstraße. So richtig beginnt der Kampf um Marktanteile am Mythos nach dem Zweiten Weltkrieg. Nun fließen die Linien und winken die Flossen, nun streckt sich die ölige Kiste zum raketenscharfen Projektil oder duckt sich wie eine Schabe im Wind. Mal zeigt das Gefährt sexy Hüfte, und mal donnert der Keil; aufgelockert mit Streifen und allerlei Plastik kehrt sogar der Schuhkarton renoviert zurück, bevor Windkanal und Schulbus uns die automobile Allerweltsraupe bescheren, in deren Großraum wir brav den Stau erleben.

Von all dem ist in Paolo Tumminellis "Car Design" nicht die Rede. Leider. Angeblich geht es ihm "weniger um Technik als um Beziehungen zwischen Menschen und Autos, Mode und Zeitgeist, Kulturen und Formsprachen". Doch tatsächlich schaut er die 370 von ihm ausgewählten Modelle - nicht unbedingt die schönsten oder besten der Nachkriegszeit, wie er bekennt - darauf hin an, ob sie "repräsentativ für eine bestimmte Stilrichtung", ob sie eine "Designinnovation" oder schlicht etwas Besonderes sind. Von individuellen Formen und deren kultureller Bedeutung bleibt freilich nur die Reifenspur öder Stilbegriffe und vager formaler Trends.

Das "Modell Fortschritt" erleidet sogleich einen kapitalen Getriebeschaden, wenn der Autor alle vor dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Fahrzeugtypen unter der Rubrick "PreModern" subsumiert - als habe es nie einen Bugatti "Typ 32" oder einen "Atlantique" gegeben. Bei "Classic" legt man etwas zögernd den ersten Gang ein, setzt das Gefährt - trotz Anfahrschwächen überraschte "die innovative Heckpartie mit Kofferraumfunktion . . . die Amerikaner" - im "Soft Shell Design" in Bewegung, bevor man beim "Flow Shell" sogleich spontan auf die Bremse steigt: Wurde die Form des Porsche 356 wirklich "in diesem Stil" realisiert oder prägte nicht eher jener einen solchen Stil, der mit "Flow Shell" soviel zu tun hat wie Superbenzin mit Miesmuscheln?

Daß die Rockets der fünfziger Jahre die Ästhetik von Flugzeugen und Raketen aufnehmen, ist nicht weiter überraschend. Also schalten wir zügig hoch zur "New Line", fallen kurzfristig zurück zu "Baroque", sausen dann aber über "Edge Line", "Flow Line" und "Wedge Line" zu "New Baroque", bevor wir die Kiste irgendwo hinter "Edge Box" aus purer Verzweiflung in den Graben setzen. Daß die Weiterentwicklung von "Retro" nun "New Classic" heißt, weil dabei "klassische Elemente neu interpretiert" werden, erleben wir bereits als traumatischen Traum vergraben im Airbag. Warum lieben wir all die Blechkisten, die uns Freiheit und Mobilität vorgaukeln, auch wenn wir tagtäglich als vereinzelte Büchsensardinen im Stau enden? Bestimmt nicht, weil sie im "Flow Shell"- oder "Graph"-Design daherkommen.

Auch fehlen, zumindest für die deutsche Produktion so wichtige Modelle wie der Borgward Hansa 1500, der 1949 auf dem Genfer Salon vorgestellt wurde und der aus Amerika stammenden Pontonform folgte, ebenso wie eines der schönsten Modelle, die jemals produziert wurden: die Borgward Isabella von 1956. Man vermißt Exoten wie den dreirädrigen "Bond Bug" von 1970 oder ausgesprochene Schönheiten wie die Facel Vega Coupés der fünfziger Jahre oder das kleine Honda S600 Coupé und den Mittelmotor-Klassiker Lamborghini Miura aus den Sechzigern. Nirgendwo erschließen sich Tumminellis Kriterien für Innovation oder Exotik. Und so bleibt sein Verständnis von "Car Design" ebenso formalistisch wie ahistorisch und kulturfremd. Was er für exemplarisch erklärt, ist in Wahrheit eine Ansammlung von Werbeaufnahmen bekannter Automobilhersteller. Es gibt keine technischen Daten, keine Preise, keine Produktionszahlen, nichts über Modellpflege oder über Kundendienstnetze, keine Konstruktionszeichnungen und keine Entwurfsskizzen; man erfährt weder etwas über Produktionsmethoden noch über die rasanten Veränderungen, die sich seit den achtziger Jahren innerhalb des Design-Prozesses selbst ereignet haben.

An die Stelle einer Technikgeschichte tritt aber auch keine kultur- oder geschmackshistorische Betrachtung. Kein Wort über die "Phänomenologie der Zusammenpassung" (Roland Barthes), keines über die ökologischen Wurzeln der Favorisierung der Keilform, nichts über Symphonien in Blech, über Mode und Mythos, Detroit oder Ulm. Selbst als Handbuch läßt sich die Bilderfolge ohne Register kaum verwenden. Da tröstet es wenig, wenn dem Liebhaber ein "amüsanter Blick auf die Autokultur" versprochen wird.

Nur hier und da gibt das Bildmaterial - eher unfreiwillig - Soziales und Landesspezifisches preis, betont es Stereotype oder bietet zeitgeistige Arrangements rund ums Blechtierchen. So steht ein biederer Audi 80 von 1972 in warmen Orange auf einer Wiese voll gelbem Löwenzahn, auf dessen Haube sich ein blondes bauchfreies Blumenkindchen räkelt: Vorsprung durch Picknick. Ein Mercedes-Benz 220 S von 1959 - mit rudimentärer Flosse - posiert dagegen vor einem biederen Einfamilienhaus mit Rosen, Rasen und Rabatten, während der Ford Taunus 17 M, die berühmte Badewanne, am Strand wartet und der Opel Monza auf dem Golfplatz nach Profil sucht. Wieviel netter klingt da ein Reklamevers vom Cannstädter Volksfest des Jahres 1897, der ganz sicher unter "prämodern" fällt: "Der Daimler ist ein gutes Thier, / zieht wie ein Ochs, du siehst's allhier. / Er frißt nicht, wenn im Stall er steht, / er säuft nur, wenn die Arbeit geht. / Er drischt und sägt und pumpt dir auch, / wenn's Moos dir fehlt, was oft der Brauch. / Er kriegt nicht Maul-, nicht Klauenseuch, / er macht dir keinen dummen Streich. / Er nimmt im Zorn dich nicht aufs Horn, / verzehrt dir nicht dein gutes Korn. / Drum kaufe nur ein solches Thier, / dann bist versorgt du für und für."

THOMAS WAGNER

Paolo Tumminelli: "Car Design". Text in Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. Verlag te Neues, Kempen 2004. 400 S., 400 Farb- und SW-Abbildungen, br., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ziemlich enttäuscht zeigt sich Rezensent Thomas Wagner von Paolo Tumminellis Band "Car Design", der 370 ausgewählte Modelle unter dem Aspekt Designinnovation unter die Lupe nimmt. Dabei soll es "weniger um Technik als um Beziehungen zwischen Menschen und Autos, Mode und Zeitgeist, Kulturen und Formsprachen" gehen, zitiert Wagner den Autor. Davon merkt der Rezensent freilich kaum etwas. Statt individueller Formen und deren kultureller Bedeutung, moniert er, bleibe nur die "Reifenspur öder Stilbegriffe und vager formaler Trends". Weiterhin kritisiert er, dass sich Tumminellis Kriterien für Innovation oder Exotik nirgendwo erschließen. So bleibe sein Verständnis von "Car Design" "ebenso formalistisch wie ahistorisch und kulturfremd". Was Tumminellis als exemplarisch erkläre, sei in Wahrheit eine Ansammlung von Werbeaufnahmen bekannter Automobilhersteller. Zudem beklagt Wagner, dass einige der wichtigsten Modelle der deutschen Produktion fehlen etwa der Borgward Hansa 1500 von 1949 und der Borgward Isabella von 1956.

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