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Historische Romane fanden schon immer starke Beachtung, und Gore Vidal ist der unangefochtene Star unter den amerikanischen Autoren, die diese Literaturgattung pflegen. In seinen vorangegangenen sechs Romanen über das amerikanische Imperium "Burr", "Lincoln", "1876", "Empire", "Hollywood" und "Washington, D.C." hat er ein lebenswahres Porträt der amerikanischen Nation seit ihrer Gründung entworfen. Den Autor zeichnen politische Intelligenz, hohe Sprachgewalt und ein souveränes Wissen um alle Aspekte des American Way of Life aus, und seinen historischen Romanen kann nichts Vergleichbares an die…mehr

Produktbeschreibung
Historische Romane fanden schon immer starke Beachtung, und Gore Vidal ist der unangefochtene Star unter den amerikanischen Autoren, die diese Literaturgattung pflegen. In seinen vorangegangenen sechs Romanen über das amerikanische Imperium "Burr", "Lincoln", "1876", "Empire", "Hollywood" und "Washington, D.C." hat er ein lebenswahres Porträt der amerikanischen Nation seit ihrer Gründung entworfen. Den Autor zeichnen politische Intelligenz, hohe Sprachgewalt und ein souveränes Wissen um alle Aspekte des American Way of Life aus, und seinen historischen Romanen kann nichts Vergleichbares an die Seite gestellt werden. Sie alle wurden weltweit begeistert aufgenommen, wurden Bestseller, manche allerdings entfachten gewaltige Auseinandersetzungen wegen ihrer deutlich ironischen und respektlosen Wertung des amerikanischen Alltags und der Persönlichkeiten, die im Lande die Macht ausübten. Gore Vidals faszinierender neuer Roman schildert das politische und kulturelle Lebens in den St aaten von 1939 bis 1954, als zwei epochale Ereignisse - Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg - das Selbstverständnis der USA von Grund auf veränderten. Die vom Isolationismus geprägte Republik mutierte zu einem die Welt beherrschenden Imperium. Kritische und klarsichtige Zeugen dieser Wandlung sind in diesem Roman Caroline Sanford, ehemalige Hollywood-Produzentin und Zeitungsverlegerin in Washington, D.C., und ihr Neffe Peter Sanford, Verleger des unabhängigen Intelligenzblattes "The American Idea". Sie verfolgen zuerst die meisterhaften Schachzüge des Präsidenten Franklin D. Roosevelt, mit denen er seine kriegsunwilligen Landsleute von der Notwendigkeit der Teilnahme am Kriegsgeschehen überzeugte, und dann die Aktivitäten seines Nachfolgers Harry S. Truman, mit denen er die Nation auf eine jahrzehntelange Auseinandersetzung mit dem Kommunismus einschwor. Diese Entwicklung begleiten die beiden Sanfords mit ausgeprägter Skepsis, obgleich sie einsehen müssen, dass die politischen Vorgäng e, die sie bekämpfen, ihrem Land eine neue politische Gewichtung bescheren. Der zentrale Schauplatz ist Washington, D.C., doch spielen auch die Filmmetropole Hollywood und New York eine herausragende Rolle. Zusätzlich zu den fiktiven Personen treten neben den erwähnten Präsidenten weitere herausragende Repräsentanten der Zeitgeschichte auf: Eleanor Roosevelt, der Zeitungszar William Randolph Hearst, die Außenminister Dean Acheson und George Marshall, der Dramatiker Tennessee Williams und Gore Vidal selbst. Entscheidende Jahre der amerikanischen Geschichte werden von Gore Vidal in seinem neuesten Buch mit dem ihm eigenen Witz und Scharfsinn, gepaart mit einem fast klassisch zu nennenden Blick auf das menschliche Schicksal porträtiert. "Das goldene Zeitalter" bietet dem Leser ein hochkarätiges Vergnügen und führt ihn zu einem tieferen Verständnis der amerikanischen Geschichte und Macht.
Autorenporträt
Gore Vidal, geboren 1925, zählt zu den wichtigsten Vertretern der amerikanischen Literatur. Er ist Autor von 22 Romanen, fünf Theaterstücken, vielen Filmdrehbüchern, Kurzgeschichten und über 200 Essays. Für "United States: Essays 1952 - 1992", eine Sammlung seiner Kritiken, erhielt er den National Book Award. Seine Memoiren "Palimpsest" (1996) sind ein bedeutendes Zeitdokument. Der Autor lebte in Ravello und Los Angeles.
Gore Vidal ist am 31. Juli 2012 im Alter von 86 Jahren in Los Angeles gestorben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Bourbon oder Knoblauch?
Gore Vidal drischt auf Ruinen ein / Von Hannes Hintermeier

Dieser Roman ist eine Zumutung. Das muß nichts Schlechtes sein, die meisten Romane mit längerem Haltbarkeitsdatum entpuppen sich bei der ersten Lektüre als solche. Im vorliegenden Fall manifestiert sich die Zumutung jedoch in der Fahrlässigkeit, mit welcher der als glänzender Polemiker bekannte Autor mit seinem Material umgegangen ist. Die Fiktion als die bessere, auch besser geschriebene historische Wahrheit, das war lange Zeit die Domäne des amerikanischen Großbürgers Gore Vidal. Quasi als einen Vorverweis auf den aktuellen Roman kann man deshalb lesen, was Präsident Roosevelt am Ende von Vidals 1987 erschienenem Roman "Empire" zum Verleger Hearst sagt: "Die wahre Historie kommt erst lange nach uns. Dann wird sich entscheiden, ob wir uns bewährt haben oder nicht, und unsere Größe, oder unser Mangel an Größe, wird endgültig definiert werden." Worauf Hearst trocken erwidert: "Die wahre Historie ist die endgültige Fiktion. Ich hatte angenommen, selbst Sie wüßten das."

Die endgültige Fiktion, die wahre Wahrheit über die Großmacht Amerika, nichts weniger als das hat sich Vidal, die größte Schandschnauze der amerikanischen Gegenwartsliteratur, mit seiner siebten und letzten Lieferung zum Zyklus "Erzählungen vom Empire" vorgenommen. Zusammen mit den sechs Vorgängern - "Washington, D. C." (1967), "Burr" (1973), "Lincoln" (1984), "1876" (1976), "Empire" (1987) und "Hollywood" (1990) liegt nun nach mehr als dreißig Jahren ein Panorama des Aufstiegs und - wenn es nach Vidal geht - Untergangs des Imperiums vor, das aufgrund der eigenwilligen Geschichtsdeutung seines Autors streckenweise heftig befehdet wurde. Der leidenschaftliche Revisionist kann es sich auch diesmal nicht verkneifen, in einem Nachwort seinen Gegnern vorzuhalten, womit er wieder recht behalten hat (was die Sache womöglich richtig, aber nicht unbedingt schöner macht).

Das ironisch gebrauchte Schlagwort vom "goldenen Zeitalter" ist ein Lieblingstopos von Gore Vidal. Als die Vereinigten Staaten zwar nicht mehr ganz jung, aber doch geopolitisch verglichen mit heute noch beinahe unschuldig waren, da tummelte er sich als aufstrebender Skandal-Autor im Machtzentrum. In Washington wurde Geschichte gemacht, und das war sexy. Film- und Medienindustrie lieferten das Image, und dekadent war man sowieso. Mehr als fünf Jahrzehnte später blickt Vidal nun zurück auf jene Epoche, die für Amerika die Abkehr vom Isolationismus bedeutete - und den Aufstieg zu einer Großmacht mit globaler Einflußsphäre. Das Land Amerika am Vorabend des Zweiten Weltkriegs: Raushalten oder Einmischen, das war für die politische Klasse die Frage, und nur für diese: Das Wahlvolk wollte ohnehin mit dem Krieg in Europa nichts zu tun haben.

Für Franklin Delano Roosevelt aber, jenen "geheimnisvollen Krüppel im Weißen Haus", führte der Weg in die dritte Präsidentschaft nur über einen Krieg. Vidal zeichnet diesen Weg nach: Wie FDR aus Gründen des schieren Machterhalts das Land solange aufstachelt, wie er sich vom besonnenen Sozialpolitiker des "New Deal" zum skrupellosen Machtpolitiker wandelt. Daß beide, Roosevelt und sein Nachfolger Harry S. Truman, selbstredend Kriegsverbrecher und Massenmörder gewesen seien, steht für Vidal fest. Roosevelt, weil er aus Gründen des Machterhalts die Nation in einen unnötigen Krieg gegen Hitler trieb - indem er die Bombardierung von Pearl Harbor (über die er vorab informiert war) billigend in Kauf nahm; Truman, weil er die Versuche Japans sich zu unterwerfen, ignorierte und sie statt dessen mit dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki quittierte. Dies also ist die explosive zeitgeschichtliche Mischung, aus der heraus man sich die Geburtsstunde des imperialen Bösen (in Vidalscher Terminologie: Corporate America) vorzustellen hat. Und doch wird man das Gefühl nicht los, daß hier ein Autor mit dem Preßlufthammer gegen Betonmauern anwütet, die längst eingestürzt sind.

Als Sprachrohr benutzt Gore Vidal alle Figuren dieses überwiegend im Dialogform ausgebreiteten Konvoluts. Sein bevorzugtes Alter ego im Roman ist der Journalist Peter Sanford, der mit seinem Schöpfer nicht nur den Zynismus gemein hat. Der Herausgeber des liberalen Magazins "The American Idea" ist der Neffe der aristokratischen Verlegerin Caroline Sanford. Die Sippschaft der Sanfords bildet denn auch den Nukleus des überbordenden Romanpersonals; mitgelieferte Stammbäume verweisen auf die vielfältigen Verquickungen und Bezugsgeflechte, die zu früheren Romanen aus dem Zyklus bestehen. Alte Bekannte zum Teil also, aber am Milieu hat sich nichts geändert: Wir sind mittendrin in den Eliten der amerikanischen Oligarchie, am Pool bei Alt- und Neu-Reichs, im Schlafzimmer der neuen Männer, die das Land brauchen, um Karriere zu machen. Schauplatz ist, von wenigen kalifornischen Abstechern abgesehen, die "Flüstergalerie" Washington, D. C. In der Welt dieser Entscheidungsträger des mittleren zwanzigsten Jahrhunderts gibt es kein gemeines Volk (höchstens schattenhafte Dienstboten und Chauffeure), und es gibt eigentlich auch keine Welt außerhalb Amerikas. Man kümmert sich ausschließlich um sich selbst, und dies mit Begeisterung. Vidal, der Enkel des Südstaaten-Senators T. P. Gore, spätere Freund von John F. Kennedy und entfernte Verwandte des ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore, kennt sich in dieser Welt aus wie kein zweiter. Er macht von diesem Herrschaftswissen über die Gebühr Gebrauch, indem er wiederkäut, was er selbst schon besser vorgeschrieben hat, indem er über weite Strecken ermüdenden Klatsch ausbreitet, den er notdürftig mit Regieanweisungen verschmiert.

Beim Blättern durch dieses private Photoalbum liefert Gore Vidal ein gemischtes Tableau mit Figuren der Zeitgeschichte und Personen der Fiktion. Sicher, es gibt hintergründige Passagen (etwa die Beschreibung des Wahlkampfs des Roosevelt-Gegenspielers Wendell Wilkie), und es gibt viele anekdotische Details (wie Roosevelt seine Gehbehinderung kaschierte, wie seine Frau mit Knoblauchpillen und Truman mit einem Schuß Bourbon den Tag begannen). Und es tauchen allerlei Zelebritäten auf - Marlon Brando, Tennessee Williams, Dawn Powell, William Randolph Hearst, Orson Welles, Paul Bowles -, die als Gaststars das Programm mit Kurzauftritten bereichern (ein Namensregister wäre in jeder Beziehung hilfreich).

Aber dieses vereinzelte Aufblitzen alter Stärken kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Gore Vidal mit diesem Thesenroman seine lang bekannten Aversionen recycelt, und darüber eine vornehme Aufgabe des Romanciers komplett vergessen hat - nämlich seinen Helden so etwas wie Charakter zu spendieren. Sie ziehen vorüber und sind im gleichen Augenblick vergessen; ein Interesse für ihr Schicksal wird man nicht aufbringen können. Sie sind uniform, sprechen alle die gleiche Sprache und transportieren doch nur, was in einem Essay bündiger gesagt werden könnte. Das wird jeder Leser bedauern, dem Gore Vidals Großtaten in Sachen historischer Roman den Glauben an die Gattung zurückgaben. Für sein ganz privates "goldenes Zeitalter" hat er alle Tugenden, die seine früheren Werke auszeichneten, der schieren Geschwätzigkeit geopfert.

Gore Vidal: "Das goldene Zeitalter". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Silvia Morawetz. Knaus Verlag, München 2001. 576 S., geb., 54,- DM

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ein wahres Loblied stimmt Stefan Dornuf auf das Werk "dieses herausragenden Schriftstellers" an. "Virtuos" verknüpft Vidal in seinem Roman, der zwischen 1939 und 1954 spielt, aberdutzende von fiktiven und realen Personen zu einer Erzählung das Amerika jener Zeit, die nicht immer mit der offiziellen Lesart übereinstimmt. So weiß im Roman Präsident Roosevelt vom bevorstehenden Angriff auf Pearl Harbor, nimmt ihn aber in Kauf, um seinen 'New Deal' durch "massive Aufrüstung" zu retten, erzählt der Rezensent. Dabei muss sich Vidal nicht wie Otto Normalbürger auf Spekulationen beschränken, denn er besitzt Informationen aus "erster, maximal zweiter Hand". Sein Vater war Luftfahrtminister in Roosevelts Kabinett, Eleanor Roosevelt protegierte Gore Vidal in der Nachkriegszeit, weiß Dornuf. Doch unser Rezensent ist nicht nur vom Wissen , sondern auch vom Stil Vidals begeistert: Für ihn gewinnt Roosevelt im Roman "beinahe das Format eines Shakespeare'schen Schurken", mit "seinen geistreichen Dialog-Geplänkeln" reiche Vidal an Oscar Wilde heran, und überhaupt sei "die Hülle, in der Vidal seine bitteren Pillen serviert, durchgehend köstlich, das fein gesponnene Netz aus Intrigen von delikater Ironie". Die einzige Wolke am Horizont macht Dornuf dann auch in der unzulänglichen, manchmal fehlerhaften Übersetzung von Silvia Morawetz aus, die dazu neige, "die klassenspezifischen Nuancen und Zwischentöne einzuebnen".

© Perlentaucher Medien GmbH
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