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Ein Roman über den Aufstieg und Niedergang der legendären Borgia-Dynastie: 1492 wird der katalanische Kardinal Rodrigo Borgia zum Papst Alexander VI. gekrönt. Damit beginnt die skrupellose Herrschaft der Borgias, gekennzeichnet durch eine rücksichtslose Familienpolitik, Intrigen, Grausamkeit, Morde und den Willen zur Macht.

Produktbeschreibung
Ein Roman über den Aufstieg und Niedergang der legendären Borgia-Dynastie: 1492 wird der katalanische Kardinal Rodrigo Borgia zum Papst Alexander VI. gekrönt. Damit beginnt die skrupellose Herrschaft der Borgias, gekennzeichnet durch eine rücksichtslose Familienpolitik, Intrigen, Grausamkeit, Morde und den Willen zur Macht.
Autorenporträt
Manuel Vazquez Montalban wurde 1939 in Barcelona geboren. Nach dem Studium der Literatur, Philosophie und Publizistik arbeitete er zunächst als Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften. Vazquez Montalban war Lyriker, Romanautor, Essayist, Kolumnist, Gourmet und Erfinder des Privatdetektivs Carvalho in so berühmten Kriminalromanen wie Die Vögel in Bangkok. Für sein Werk wurde "der wichtigste Chronist des zeitgenössischen Spaniens" (Der Spiegel) mit zahlreichen internationalen Literaturpreisen ausgezeichnet. Manuel Vazquez Montalban starb 2003 in Bangkok.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.01.2000

Borgias, Macht und Musen
Manuel Vázquez Montalbáns posthistorisches Gedankenspiel

Zwischen Sir Walter Scotts genialen romanesken Geschichtsfälschungen und Gustave Flauberts Anspruch einer distanzierten künstlerischen Wiederbelebung der Vergangenheit auf wissenschaftlicher Grundlage hat sich der historische Roman zu einem so beliebten wie fragwürdigen Genre entwickelt. An einem Ende des Spektrums der Möglichkeiten steht er in Gefahr, eskapistische Klischees zu befestigen - in der Mitte, die Gestalten heutiger Wirklichkeit als kostümierte Exempel zu präsentieren - am anderen Ende kann eine falsch verstandene Konkurrenz zur Geschichtswissenschaft die erzählerische Ödnis des Professoralen erzeugen. Im gelungenen Fall aber vereinbart der historische Roman in aufklärerischer Tradition immer noch Belehrung und Unterhaltung. So hat zuletzt Lawrence Norfolk in "Ein Nashorn für den Papst" eine akribisch recherchierte Krisengeschichte des Papsttums im Vorfeld der Reformation um das Jahr 1516 herum mit der sprachmächtigen Entfaltung einer grotesken fiktionalen Welt vereinbart, deren Abglanz den Blick auf die Verrücktheiten unserer Wirklichkeit schärft.

Einige Jahre früher, mit der Nachricht von Cesare Borgias Tod 1507, wie sie dem gerade wieder einmal privatisierenden Florentiner Gesandten Niccolò Machiavelli überbracht wird, setzt Montalbáns "posthistorischer Roman" ein. Als Erinnerung entfaltet sich nun die Machtgeschichte der Borgias. Die Wahl dieses Vorwurfs ist angesichts der Kruste schmieriger Kolportage und historischer Verleumdung, die ihm anhaftet, bereits eine programmatische Entscheidung zur Aufklärung, eine Absage an kleinbürgerliche Vorurteile und Tröstungsphantasien, die sich an der Willkür und Verworfenheit des Machtmenschen wohlig delektieren. Zwar entsteht auch bei Montalbán Rodrigo Borgias Wille zur Macht, sein Entschluss, Papst Alexander VI. zu werden, im Bett; auch auf geschmäcklerische Beschreibungen von Mädchenhintern wird nicht ganz verzichtet. Doch ist es eigentlich der marxistische Theoretiker Antonio Gramsci, der Machiavelli die Perspektive leiht und ihn so über die Akteure der Geschichte und die Unvernunft des Geschehens sprechen lässt, wie es nur vom zwanzigsten Jahrhundert mit seinen Grausamkeitsexzessen her möglich ist.

Dieser Machiavelli sagt über seinen "Fürsten" Cesare Borgia: "Die Verleumdung befleckt, und ihre Farbe ist schwer abzuwaschen. Wenn du aber stark bist, kannst du das Gewicht aller Verleumdungen auf dich nehmen. Cesare war stark. Ich habe ihn als den Stärksten angesehen." Das bezeichnet auch die Intention des Romans, der die skrupellose Machtpolitik der Borgias mit den Augen des Spieltheoretikers betrachtet, ohne freilich auf eine bündige rationale Erklärung zu hoffen. Montalbáns Machiavelli glaubt nicht an den Instinkt der Menschen oder die Umsicht Gottes, sondern nur "an die Vernunft in Verbindung mit Stärke und Gesetz". Durch "welche Ritze der Vernunft" aber das Glück schlüpft oder wieder stiften geht, bleibt auch dem distanzierten Beobachter an den entscheidenden Stellen unerfindlich. Und warum der Starke plötzlich erschlafft, kann nur erzählt und nicht erklärt werden.

Das erzählerische Abwaschen der Verleumdungsfarbe läuft nicht auf eine Apologie Cesare Borgias hinaus. Er erscheint vielmehr als eine Figur, an der sich geschichtliche Notwendigkeiten und versäumte Möglichkeiten zugleich entziffern lassen, als einer, der der Kühnheit des Denkens die Kühnheit der Tat beigesellte und dem es beinahe gelungen wäre, in einem "Patrimonium der Macht" kulturelle Blüte und politische Stabilität miteinander zu vereinbaren. An Cesare wird die Gewaltförmigkeit neuzeitlicher Ordnungen sichtbar: "Was ist grausamer: zuzulassen, dass die unstillbare Grausamkeit der anderen über uns hereinbricht, oder stark zu sein und mit Stärke eine neue Ordnung zu schaffen?"

Cesare Borgias Stärke aber geht auch bei Montalbán zuschanden, er scheitert allerdings nicht, wie es die Fama will, an seiner Dekadenz, sondern an den Unwägbarkeiten des Geschichtsprozesses, die eine reine Logik der Macht verhindern. Der Sprung der Vernunft, den auch der heutige Humanismus skeptisch noch erwartet, wird in der Geschichte möglicherweise durch Cesares unvernünftigen Sturz vor der Mauer des Kastells von Viana verhindert. Ob aber vor den Mauern der Burgen oder den Städten des Balkan auch die Theorien in sich zusammenfallen, bleibt dahingestellt. Mit Cesares Tod jedenfalls, der als abgebrochenes Experiment erscheint, wird das Feld nun wieder "für jede Art von Begierden" geöffnet. Bald wird wieder, was weiß scheint, für schwarz gehalten werden, wenn es die heilige Kirche so festlegt.

Im Vordergrund gestaltet Montalbán den nur scheinbaren Widerspruch, dass die Borgia-Herrschaft bei aller Grausamkeit die Ideale des Humanismus zu ihrer größten öffentlichen Wirksamkeit brachte. Entsprechend ist die Romanwelt mit den Dichtern, Denkern und Künstlern der Zeit - Ariost, Leonardo da Vinci, Petrarca, Bembo oder Strozzi - bevölkert. Sie vertritt Leonardos Prinzip, "dass der Mensch das Maß aller Dinge sei". Mit der Wendung des Schicksals der Borgia deutet sich daher die Rückkehr finsterer Zeiten an. Im Jesuiten-General Francisco Borgia verbindet sich schließlich die Verleumdung der Dynastie mit dem Geist der Borniertheit und Intoleranz, der vom frommen Wesen ad maiorem Dei gloriam nur befestigt wird. In den Anwürfen gegen die angebliche Hure Lucrezia geht dem schwarzen Mann ein schlimmerer Schrecken auf, als ihn die Erinnerung an die Borgia-Herrschaft erregen kann.

Lucrezia gilt die ungeteilte Liebe des geschichtspessimistischen, gleichwohl aufklärerisch unverdrossenen Erzählers. Ihre Melancholie verhilft ihr zur Erkenntnis jenseits der fatalen Logik der Stärke. Sie befreit sich im Verlauf der Romanhandlung aus der zugedachten Rolle eines Werkzeugs des Machterhalts. Indem sie sich äußerlich ins Unvermeidliche fügt, in die Heirat mit dem groben Klotz Alfonso de Este, erlangt sie innere Freiheit, Klarblick und Mündigkeit. Während Cesare in all seiner Willkür rückblickend doch nur als Instrument seines Vaters erscheint, hat sie sich in Abweisung der väterlichen Umgarnung zur Person entwickelt. Das aber kann Lucrezia de Este nur im Privatleben und abseits der Machtzentren an jenem Musenhof realisieren, den sie in Ferrara einrichtet.

Manuel Vázquez Montalbáns posthistorischer Roman lockt den Leser mit viel sinnlichem Zucker auf seine Fährten, um ihm dann einige Mühsal zuzumuten. Über weite Strecken erscheinen die Personen als Gedankenspieler, sie sprechen nicht miteinander, sondern traktieren sich mit historischen, kunsttheoretischen und geschichtsphilosophischen Versuchen. Doch sollte kein Leser, der sich für den Höhenweg zwischen Geschichte und Dichtung interessiert, diese von Theres Moser brillant, aber nicht zu glatt ins Deutsche gebrachte geistige Herausforderung verschmähen.

FRIEDMAR APEL.

Manuel Vázquez Montalbán: "Kaiser oder nichts". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Theres Moser. Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 1999. 354 S., geb., 42,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Am Stoff kann es nicht liegen, so der Rezensent mit dem Kürzel "Kru.", dass Montalbáns Renaissance-Roman nichts weiter ist als ein "langatmiger historischer Schinken". Die Sippe der Borgias hätte Material genug geboten für das angestrebte "üppige Sittengemälde", leider aber habe es der Autor versäumt, sich auf eine zentrale Figur zu konzentrieren. Explizitheit von Sprache und Darstellung des Sexuellen helfe da auch nichts mehr.

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