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Das Volk der Hethiter beherrschte während der Bronzezeit ein riesiges Reich. Dieses erstreckte sich zwischen dem Schwarzen und dem Mittelmeer und weiter bis zum Persischen Golf. Zugleich hoben sich die Hethiter von den anderen Völkern durch eine für diese Zeit ungewöhnliche Toleranz und Bemühen um friedliche Einigung ab. Die fremden Götter eines eroberten Landes wurden übernommen, statt Rache setzten die Hethiter auf Freundschaftsabkommen und Verträge, und mit einer Art Verfassung waren sie ihrer Zeit weit voraus. Doch schon bald nach dem Untergang ihrer Kultur um 700 v. Chr. wurden sie…mehr

Produktbeschreibung
Das Volk der Hethiter beherrschte während der Bronzezeit ein riesiges Reich. Dieses erstreckte sich zwischen dem Schwarzen und dem Mittelmeer und weiter bis zum Persischen Golf. Zugleich hoben sich die Hethiter von den anderen Völkern durch eine für diese Zeit ungewöhnliche Toleranz und Bemühen um friedliche Einigung ab. Die fremden Götter eines eroberten Landes wurden übernommen, statt Rache setzten die Hethiter auf Freundschaftsabkommen und Verträge, und mit einer Art Verfassung waren sie ihrer Zeit weit voraus. Doch schon bald nach dem Untergang ihrer Kultur um 700 v. Chr. wurden sie vergessen und erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt.
Auf abenteuerliche Weise tasteten sich die Archäologen Stein um Stein und die Sprachforscher Zeichen um Zeichen an dieses Volk heran. Waltraud Sperlich zeichnet die Geschichte und Kultur der Hethiter und ihre moderne Wiederentdeckung unter Berücksichtigung der neuesten archäologischen Erkenntnisse auf spannende Weise nach. Zahlreiche Fotos von den hethitischen Orten und Ausgrabungsstätten ergänzen das eindrucksvolle Bild.
Autorenporträt
Dr. Waltraud Sperlich lebt seit 1980 in Griechenland. Als Wissenschaftsjournalistin begleitet sie zahlreiche archäologische Ausgrabungen. Sie hat im Jan Thorbecke Verlag zuletzt den Titel "Troja war nicht allein" veröffentlicht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2003

Am Ende ist mal wieder keiner zum Staunen bereit
Populärwissenschaftliche Darstellungen in naßforscher Krise: Das Völkchen der Hethiter muß es ausbaden / Von Dieter Bartetzko

Nie mehr seit den "Göttern Gräbern und Gelehrten" des C. W. Ceram war Archäologie so populär wie heute. Was in den fünfziger Jahren die spannenden Schilderungen des archäologisch gebildeten Schriftstellers, sind gegenwärtig die Publikationen des Troia-Forschers und -Ausgräbers Manfred Korfmann oder die Odysseus-Theorien Bernard Andreaes. Sind sie es wirklich? Nein. Denn die großen Erfolge der Ausstellungen und der Bücher Korfmanns und Andreaes werden wegen ihres wissenschaftlichen Wagemuts und des Vermögens, schwierige Fachprobleme allgemeinverständlich darzustellen, von vielen Kollegen scharf attackiert.

Für ein großes Publikum zu schreiben, lebhaft gar und mit dem Mut zu außergewöhnlichen Schlußfolgerungen, gilt für die meisten Archäologen als Sündenfall. So bleibt das Feld Kolportisten und Populisten, im besten Falle gebildeten Routiniers überlassen, die je nach Vermögen und Temperament der archäologischen Sache dienen. Ohne sie, ohne beispielsweise die schmissig geschriebenen Bücher eines Philip Vandenberg und Nicholas Reeves, oder die Begleitbände zur Fernsehserie "Sphinx - Geheimnisse der Geschichte" wäre die Archäologie bei uns nicht zum Massenphänomen aufgestiegen. Doch mit ihnen wird sie zunehmend dessen beraubt, was sie bedeutsam und unerläßlich macht - ihrer Geheimnisse.

Je ferner die Vergangenheit, desto rätselhafter und fremder ist sie - und bleibt sie selbst demjenigen, der sich lebenslang und von Berufung her mit ihr beschäftigt. Nur in der Erkenntnis dieser Fremdheit liegt wahrhaft die Chance, aus den Sitten, Taten und Träumen unserer Ahnen zu lernen. Wie durch ein Fernrohr schauen wir auf das archäologische Erbe, können es uns in größte Distanz oder in größte Nähe rücken. Doch niemals darf vergessen werden, daß die entrückende Zeit uns durch in Gestalt unserer Vorstellungen und Erfahrungen durch verzerrende täuschende Linsen auf all diese Zeugnisse schauen läßt, auch wenn wir sie mit Händen greifen können. Wird dieser Abstand ignoriert, verwandeln sich selbst die fernsten Vorfahren aus Sphingen zum "boy next door".

Wer die Vergangenheit als - gelegentlich kuriose - Spielart der Gegenwart wahrnimmt, lernt weder über die eine noch über die andere etwas. Genau dies tut das Gros der momentan gängigen, populärwissenschaftlichen Bücher zur Archäologie. Ein Beispiel dafür ist das Hethiter-Buch der Wissenschaftsjournalistin Waltraud Sperlich. Gleich zu Beginn, als sie den Schauplatz hethitischer Aktivitäten schildert, informiert sie darüber, daß Milet der "Big Apple" der Antike gewesen sei und daß die Heldin des Prologs, die Archäologin Anneliese Peschlow, die unerwartet auf vergessene Bauten der Hethiter stößt, ausgezogen war, um "im Latmos die hellenistischen Highways zu erkunden". Auf du und du mit den Hethitern gibt sich Waltraud Sperlich, maßt sich "gleiche Augenhöhe" mit jenem Volk an, das erst Ende des neunzehnten Jahrhunderts, lange nach den anderen Völkern und Reichen der Bronzezeit wiederentdeckt wurde und der Vor- und Frühgeschichte noch immer Rätsel aufgibt. So kann es dann zu einem schulterklopfenden "Gut gebrüllt, Löwe von Hatti" kommen oder wird ein spannendes Kapitel in dem es um eine der größten Schlachten des Bronzezeitalters geht, mit dem flotten Satz "Ein Pharao lügt wie hieroglypht" überschrieben.

Dabei hat die Journalistin doch so viel Staunenswertes zu berichten: Daß zum Beispiel Ramses II. beileibe nicht, wie seine Chronisten erklärten und unsere es übernahmen, der große Sieger blieb, als seine Truppen und die der Hethiter 1275 vor Christus bei Kadesch zur Entscheidungsschlacht über die Führung innerhalb der damaligen Großreiche aufeinandertrafen. Der ruhmreiche Pharao verdankt im Gegenteil den Fortbestand seines Reichs der hethitischen Friedensliebe. Denn der Hethiterkönig ließ Ramses II., den seine Elitetruppe in letzter Sekunde aus den feindlichen Reihen gerettet hatte, unbehelligt, ließ den tatsächlichen Ausgang der Schlacht in seinem Archiv dokumentieren und widersprach nicht, als der ägyptische Herrscher sich an den Wänden seines Felsentempels in Abu Simbel zum Triumphator über "das elende Hatti" verklären ließ.

Wer war dieses Volk, das so zyklopische Mauern um seine Bergstädte zog, vor deren martialischen Toren monströse Steinlöwen mit aufgerissenen Rachen wachten? Keineswegs eines, das so primitiv, kriegslüstern und brutal war, wie es seine plumpen Denkmäler und die abfälligen Hofschreiber Altägyptens uns nahelegen: "Die Worte des Großkönigs sind von Eisen. Sie sind nicht zu verwerfen, nicht zu zerbrechen. Wer sie vertauscht, dem wird man das Haupt abschlagen." Wider allen Augenschein sind dies nicht die Formeln eines diktatorischen Systems, sondern eine Art königlich-rechtsstaatlicher Garantie, die jedem Vertrag im hethitischen Reich voranstand.

Auch das Enthaupten ging nicht so bedenkenlos vonstatten, wie es zunächst scheint: "Töten als Strafe ist nicht geltendes Recht", so steht es kurz und bündig am Ende eines Schreibens des hethitischen Großkönigs Hattusili II. an den König von Babylon. Und als 1259 vor Christus ein Friedensvertrag zwischen Ägypten und Hatti geschlossen wird, heißt es darin: "Wenn ein Mensch aus dem Lande Ägypten flieht, oder zwei oder drei, und sie zu dem Großkönig von Hatti kommen, so soll der sie ergreifen und sie wieder zum Großkönig von Ägypten bringen lassen. Was aber den Menschen angeht, so soll man ihm sein Vergehen nicht anrechnen, man soll sein Haus, seine Frau, seine Kinder nicht vernichten, ihn selbst nicht vernichten, seine Augen, Ohren, seinen Mund und seine Füße nicht verstümmeln. Man soll ihm überhaupt kein Vergehen anrechnen."

Was hethitisches Recht war, wurde über dreitausend Jahre später zur Mahnung und zum Vorbild an die Wand des Hauptgebäudes der Uno in New York geschrieben. Auch das erfährt man in Waltraud Sperlichs Buch, und daß das Reich der Hethiter während seiner größten Blüte sich vom Schwarzen bis zum Mittelmeer und zum Persischen Golf erstreckte, daß die Hethiter entgegen dem ersten Augenschein hervorragende Baumeister, Künstler und Kunsthandwerker waren, und daß sie andere Götter, sogar die der von ihnen eroberten Länder, nicht nur duldeten, sondern, was die 29 Tempel und zahllosen klosterähnlichen Priesterwohnungen der Akropolis ihrer Hauptstadt Hattusa belegen, in den eigenen Götterhimmel aufnahmen. Im Dunkel liegt bis heute der Untergang Hattis. Lange Zeit nahm man an, das Reich sei, wie so viele andere der Bronzezeit, den Raubzügen jener anonymen "Seevölker" zum Opfer gefallen, von denen die altägyptische Geschichtsschreibung berichtet. Neue Grabungen in Hattusa haben zu der Theorie geführt, das erschöpfte Volk habe freiwillig seine Großstädte und Festungen geräumt und sei in unzugängliche Randgebiete des vormaligen Großreichs gewandert, wo die hethitische Kultur eine Nachblüte bis in das siebte Jahrhundert vor Christus erlebte.

Hethiter erfanden die internationale Schriftsprache der Alten Welt: "Würde man Deutsch in arabischen Lettern schreiben, hätte man das hethitische Phänomen: eine indoeuropäische Sprache in der Schrift einer hamito-semitischen." So glasklar kann Waltraud Sperlich komplizierte Sachverhalte verknappen und erklären. Nur fragen und staunen kann sie nicht - immer wieder durchkreuzen ihre naßforschen Formulierungen das aufkommende Verwundern, ziehen Hattis Taten und Mythen hinab auf das Niveau von Events, entwerten das Wertvolle, das die Journalistin zu sagen hat. Sie hat Manfred Korfmanns Arbeit in Troia studiert und in einem Buch seine Erkenntnisse mit denen des türkischen Archäologen Hayal Erkanal verbunden, der in Limantepe an der Westküste Kleinasiens eine weitere Hochburg der Bronzezeit entdeckt hat. Vor ihrem nächsten Buch sollte sie eine Zeit lang bei dem Autor Korfmann in die Lehre gehen. Oder Cerams "Enge Schlucht und schwarzer Berg" lesen, das 1955 zum ersten Mal die Hethiter vorstellte - und ein breites Publikum das Staunen lehrte.

Waltraud Sperlich: "Die Hethiter". Das vergessene Volk. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2003. 108 S., 100 Farb-Abb., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Vieles ist noch unerklärt am Schicksal des Volks der Hethiter. Was man nicht glauben sollte, meint Dieter Bartetzko deutlich gereizt, wenn man dieses populärwissenschaftliche Buch liest. Für die Autorin nämlich gibt es so etwas wie Fremdheit oder Distanz nicht, stilistisch sei das flapsig und ein ständiges Schultergeklopfe über Tausende von Jahren hinweg. Überschriften wie "Ein Pharao lügt wie hieroglypht" zitiert der Rezensent sichtlich unter Schmerzen, bevor er beginnt, die Fakten und Rätsel zu referieren, die eigentlich Stoff für ein spannendes Buch geboten hätten. So erfährt man, dass der Pharao Ramses II. sein Leben und seinen Ruhm nur der Tatsache verdankt, dass die Hethiter ihn verschonten. Und nicht nur friedliebend war das hethitische Reich, sondern beinahe rechtsstaatlich gesinnt. Kunst und Architektur standen in Blüte - nur für das Ende, den womöglich freiwilligen Rückzug aus den "zyklopischen" Bergstädten, hat man bis heute keine zwingende Erklärung. Den "nassforschen Formulierungen" der Autorin gebietet das freilich keinen Einhalt, ärgert sich der Rezensent.

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