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Nach seiner bahnbrechenden Arbeit über Bachs "Kunst der Fuge" widmet sich Hans-Eberhard Dentler einem weiteren rätselhaften Werk des großen Komponisten. Auf den ersten Blick ist der Anlass des Werkes bekannt und vielfach dokumentiert: Bachs Begegnung mit Friedrich dem Großen und die Geschichte des "Königlichen Themas", welches der Preußenkönig auf einem Fortepiano "vorzuspielen geruheten" und welches Bach "in einer Fuge ausführen sollte". Die Forschung beschränkte sich hauptsächlich auf das so genannte "Satzfolgeproblem". Dentler zeigt, dass sich die eigentliche Bedeutung des Werkes erst vor…mehr

Produktbeschreibung
Nach seiner bahnbrechenden Arbeit über Bachs "Kunst der Fuge" widmet sich Hans-Eberhard Dentler einem weiteren rätselhaften Werk des großen Komponisten. Auf den ersten Blick ist der Anlass des Werkes bekannt und vielfach dokumentiert: Bachs Begegnung mit Friedrich dem Großen und die Geschichte des "Königlichen Themas", welches der Preußenkönig auf einem Fortepiano "vorzuspielen geruheten" und welches Bach "in einer Fuge ausführen sollte". Die Forschung beschränkte sich hauptsächlich auf das so genannte "Satzfolgeproblem". Dentler zeigt, dass sich die eigentliche Bedeutung des Werkes erst vor dem Hintergrund einer aktiven Rezeption der pythagoräischen Überlieferung durch Bach erschließen lässt. So wird in dieser Darstellung ihr sakraler, keinen Ritus beanspruchender Charakter erkennbar, eine "Himmlische Musik" im Sinne der antiken Philosophie.
Autorenporträt
Hans-Eberhard Dentler studierte Violoncello u.a. bei Pierre Fournier und promovierte an der Universität München zum Dr. med. Als Solist und Kammermusiker konzertierte er in vielen Ländern Europas. Seit fünfzehn Jahren lebt er als freischaffender Violoncellist in Italien und befasst sich seit über zehn Jahren wissenschaftlich mit der "Kunst der Fuge". 1996 gründete er das Ensemble "Arte della Fuga", mit dem er seine Forschungsergebnisse der Prüfung durch die musikalische Praxis unterzieht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.03.2009

Denn der Mond summt für sich eine einstimmige Weise
Hans-Eberhard Dentler deutet Johann Sebastian Bachs „Musicalisches Opfer” als Abbild der Sphärenharmonie
Das „Musicalische Opfer” von Johann Sebastian Bach ist ein faszinierend seltsames Sammelsurium. Eine Reihe von kurzen Kanons mit den aberwitzigsten lateinischen Titeln findet sich darin genauso wie zwei Ricercare (der Titel war schon zu Bachs Zeit veraltet), eine groß angelegte Triosonate und eine knappe Fuge. Gemeinsam ist diesen so unterschiedlichen Stücken nur eines: das Thema. Von wem es stammt, weiß man nicht, sicher ist nur, dass es Preußenkönig Friedrich II. dem Komponisten bei dessen Besuch in Potsdam 1747 vorgespielt hat. Bach musste darüber improvisieren, und er hat damit den anwesenden Hofstaat in Erstaunen versetzt. Zurück in Leipzig hat er dann daraus das „Musicalische Opfer” gefertigt, einen Zyklus ohne jedes Vorbild, der Musiker wie Musikologen bis heute vor Rätsel stellt.
Der Cellist und Musikforscher Hans-Eberhard Dentler glaubt, diese Rätsel nun gelöst zu haben. „Musik als Abbild der Sphärenharmonie” heißt im Untertitel sein durchaus nicht einfach lesbares Buch über das „Musicalische Opfer”. Damit spielt Dentler auf jene mit dem Philosophen Pythgoras verbundene Vorstellung an, dass die Planetenbewegungen Klänge produzieren. Platon, Cicero, Boethius, Kepler, Metastasio, Rilke, Steiner, Gustav Mahler, Hindemith, Mike Oldfield waren von dieser esoterischen Theorie begeistert. Dentler glaubt, dass auch Bach in diesen illustren Kreis einzureihen ist, dass Sphärenharmonie und andere Vorstellungen des Pythagoreismus die Grundlage fürs „Musicalische Opfer” abgeben.
Lange Zeit war unklar, in welcher Reihenfolge die Stücke des „Musicalischen Opfers” anzuordnen sind. Erst seit der Neuen Bach-Ausgabe ist dieses Rätsel gelöst. Allerdings hat diese Entdeckung die Forschung um keinen Schritt voran gebracht, weil niemand einen Sinn in dieser Anordnung erkennen konnte. Weshalb in Ausgaben wie Aufführungen die unterschiedlichsten Stückanordnungen zu finden sind – nur die originale kommt so gut wie nie vor.
Dentler glaubt nun, den Sinn von Bachs originaler Stückfolge entdeckt zu haben. Er verweist darauf, dass das „Musicalische Opfer” in drei separaten Teilen, in drei Faszikeln gedruckt wurde. Diese drei Faszikel bringt Dentler mit jener Dreiteilung der Musik in Verbindung, die der einflussreiche spätantike Musiktheoretiker Boethius proklamierte. So entspräche Bachs Faszikel I der musica humana, der Menschenmusik des Boethius, Faszikel II mit der Triosonate verständlicherweise der musica instrumentalis, und Faszikel III endlich der musica mundana oder coelestis, also der Sphärenmusik.
In diesem Faszikel III findet sich das berühmte sechsstimmige Ricercar, das schon immer als eines der größten Meisterwerke Bachs geschätzt wurde – Anton Webern hat es sogar instrumentiert. Dieses Stück steht laut Dentler in Verbindung mit den „Harmonices mundi” („Weltenharmonie”), dem Hauptwerk von Johannes Kepler (1571-1630). Darin findet sich eine Stelle, in der Kepler die Komponisten der Welt auffordert, die Bewegung der sechs damals bekannten Planeten um die mittlerweile zum Systemmittelpunkt avancierten Sonne zu vertonen – eine Aufforderung, der Bach angeblich 130 Jahre später mit dem sechsstimmigen Ricercar nachgekommen sein soll: „Ist es unverschämt von mir, wenn ich von den einzelnen Komponisten unserer Zeit eine kunstgerechte Motette für meinen Lobpreis fordere? Einen geeigneten Text könnten der königliche Psalmist oder die übrigen Hl. Bücher liefern. Doch merkt wohl, dass am Himmel nicht mehr als sechs Stimmen zusammenklingen. Denn der Mond summt für sich eine einstimmige Weise, bei der Erde wie an einer Wiege sitzend. Liefert eure Beiträge; dass die Partitur sechsstimmig wird, darüber verspreche ich eifriger Wächter zu sein. Wer die in meinem Werk dargestellte Himmelsharmonik am besten ausdrückt, dem stellt Klio ein Blumengewinde in Aussicht, und Urania verheißt ihm die Venus als Braut.”
Spätestens an dieser Stelle wird das entscheidende Problem dieses Buches klar: Dentler bleibt letztlich stets die Beweise für seine kühnen und faszinierenden Konstruktionen schuldig. Wurde das Ricercar tatsächlich durch Kepler angeregt, geht die Dreiteilung des „Musicalischen Opfers” wirklich auf Boethius zurück? Das ist alles durchaus möglich – aber im strengen Sinn beweisen lässt sich es sich nicht.
Doch selbst wenn man Dentlers Spekulationen ablehnt, so lassen sie einen pythagoreischer Hintergrund fürs „Musicalischen Opfers” als durchaus plausibel erscheinen. Ähnlich überzeugend ist auch Dentlers Beharren auf der von Bach publizierten Satzfolge, die eine durchaus stimmige Architektur erkennen lässt – ganz egal ob man dahinter Pythagoras, Kepler oder Boethius vermutet. Dentler soll demnächst für den Schott-Verlag das Stück in dieser Originalform edieren. Und vielleicht ist das auch das Höchste, was in Sachen „Musicalisches Opfer” erreichbar ist. REINHARD J.BREMBECK
HANS–EBERHARD DENTLER: Johann Sebastian Bachs „Musicalisches Opfer”. Musik als Abbild der Sphärenharmonie. Schott-Verlag, Mainz 2008. 208 Seiten. 39.95 Euro
Friedrich II. gab das Thema vor, Bach improvisierte. Foto: Ullstein Bild
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Was Musikwissenschaftlern und Musikern bis heute Rätsel aufgibt, will der Cellist und Musikforscher Hans-Eberhard Dentler in seinem Buch über Bachs "Musicalisches Opfer" entschlüsselt haben, teilt Reinhard J. Brembeck mit. Laut Dentler hat Bach sein "größtes Meisterwerk" nämlich als musikalisches Abbild der durch Planetenbewegungen erzeugten Klänge, der von Pythagoras vermuteten "Sphärenmusik", komponiert und sich dabei sowohl an Johannes Keplers Vorstellung von der "Weltenharmonie" als auch an Boethius Dreiteilung der Musik in Menschenmusik, Instrumentalmusik und Sphärenmusik orientiert. Leider kann Dentler diese These nicht belegen, so der Rezensent skeptisch, der zudem die Lektüre etwas mühsam fand. Trotzdem erscheinen ihm aber die Ausführungen ganz plausibel und zudem die von Dentler favorisierte Anordnung des Musikzyklus in drei Teile - so wurde das "Musicalische Opfer" bereits zu Bachs Lebzeiten gedruckt - durchaus überzeugend.

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