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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2007

Nun hören Sie schon auf mit Bali!
Lucy Cousins' Figur Mausi findet jedes Wetter gut / Von Freddy Langer

In England heißt Mausi "Maisy" und kann, wie sie in etlichen Dutzend Büchern beweist, alles: Sie backt Pfefferkuchen und arbeitet als Zahnärztin, sie spielt in einer Band und wird ohne jede Mühe zur Lehrerin, wenn sie mit Wörtern jongliert und Kindern das Lesen beibringt, nicht nur von Texten, sondern auch das der Uhr. In England hängt man Maisy auch gern als farbenprächtiges Plakat in Kinderzimmern so an die Wand, dass die Kleinen entlang eines Maisy-Maßbands verfolgen können, wie sie allmählich größer werden.

In Deutschland hingegen, wo immerhin schon gut zwanzig der Spitzmaus-Bücher erschienen sind, bleibt man mit Mausi eher klein. Hier konzentriert sich deren Tun hauptsächlich auf die Freuden kleinstkindtauglicher Freizeitspäße. Da breitet sie etwa ihre liebsten Spielsachen aus und präsentiert ihre Lieblingstiere, oder sie geht auf den Spielplatz und in den Kindergarten, auf Schatzsuche und ins Bett - einmal nur schnappt auch bei uns die Mausefalle des wirklichen Lebens zu: Da steckt Mausi in einem Stau. Wohl jenen Eltern, die dieses zwei Meter lange Leporello am Freitagnachmittag auf der A3 in Richtung Nürnberg griffbereit im Auto haben. Die Mühsal der vermeintlich mobilen Gesellschaft lässt sich damit allemal besser erklären als mit den Verkehrsnachrichten im Dreißig-Minuten-Takt.

Ein Moment von Welterklärung schwebt nun auch über dem jüngsten Werk, einer kindgerechten, dabei vielleicht ein wenig zu optimistisch geratenen Illustration der Klimadebatte: "Wie ist das Wetter, Mausi?" Das Resümee: Es ist alles nur eine Frage der Kleidung.

Das Buch beginnt genau so, wie die Tage der meisten Mausi-Leser beginnen dürften. Mausi steigt aus dem Bett, geht aufgeregt ans Fenster und öffnet den Vorhang. Dann ruft sie: "Die Sonne scheint! Hurra!" Denn unter einer Wolke schieben sich Stück für Stück gelbe Strahlen hervor und hinaus in den hellblauen Himmel. Mausi zappelt derweil vor Vergnügen. Dass sie auf den folgenden Seiten auch zu Schneetreiben, Regen und Sturm, sogar einem Gewitter "Hurra!" rufen wird, liegt an Schirm und Regenjacke, Gummistiefeln, Mütze und Schal. Munter bläst dazu der Wind das Laub im Kreise durch die Luft, und Schneeflocken purzeln lustig aus den Wolken - dies alles mit mitreißendem Schwung. Denn Mausi-Bücher sind voller Klappen, Zieh- und Schiebetafeln, Drehscheiben und Pop-up-Effekte, wie das auch auf Deutsch genannt wird, wenn Mäuse im Regenmantel über Pfützen springen. Bei manchen Büchern mit der Maus sind die Seiten förmlich übersät mit diesen Spielereien, und es kann passieren, dass man selbst als Erwachsener auch beim dritten Vorlesen noch immer ein Kästlein entdeckt, das sich öffnen lässt, oder einen Hut, unter dem ein Krokodil auf seinem Kopf ein Himbeertörtchen balanciert. Das ist diesmal anders.

Ein Effekt pro Doppelseite muss genügen. Wie auch Mausi sich diesmal fast selbst genügt. Die Katze, der Teddy, das Vöglein - mehr Freunde gibt es nicht in diesen meteorologischen Kapriolen. Kein Krokodil also, kein Strauß und auch kein Elefant oder wer sonst noch so zu Hause ist im Mausi-Universum. Umso deutlicher wird gerade in dieser reduzierten Auswahl, welch zauberhaften Ausdruck die englische Zeichnerin Lucy Cousins in die Gestik und Mimik ihrer frechen Figur legen kann, obwohl die Bilder wirken wie mit einem haarsträubend primitiven Computerprogramm entworfen. Da wird die Himbeereis schleckende Maus zur Allegorie für die Freuden des Sommers, oder sie vermittelt überzeugend ein Gefühl von Gemütlichkeit und Wärme, wenn Mausi vom Sofa aus die Blitze am Himmel betrachtet. Die begleitenden Wetter-Reime lassen solcherlei Subtilität leider vermissen.

Lucy Cousins: "Wie ist das Wetter, Mausi?" Aus dem Englischen übersetzt von Gerlinde Wiencirz. Sauerländer Verlag, Düsseldorf 2007. 16 S., mit Klappen, Drehscheiben und Pop-up-Elementen, geb., 14,90 [Euro]. Ab 3 J.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mausi ist in England schon eine Berühmtheit, klärt Freddy Langer zunächst einmal auf. Zwei Drittel seiner Besprechung drehen sich dann tatsächlich um die Vorzüge und Eigenarten der bisher erschienen Folgen, von dem großartigen Stau-Band bis zu den allgegenwärtigen Drehscheiben und Ziehtafeln, die auch bei mehrmaligem Lesen noch für Überraschungen sorgen. Bei der hier besprochenen Folge über das Wetter kommt Langer alles reduzierter vor, es gibt weniger Effekte und auch weniger Nebenfiguren. So kann er sich ganz auf die "zauberhafte" Art konzentrieren, mit der die Zeichnerin Lucy Cousins die Mimik ihres Protagonisten trotz einfacher Technik darzustellen weiß. Der beigestellte Text kann den Bildern dabei aber leider nicht das Wasser reichen, muss Langer feststellen.

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