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Gerhard Richter, einer der vielseitigsten und bedeutendsten Maler der Gegenwart, folgte in seinem umfangreichen Oeuvre keinem kontinuierlichen Stil, sondern strebte Brüche und stilistische Vielfalt an. Das Buch richtet das Augenmerk auf seine zwischen 1970 und 1980 entstandenen abstrakten Bilder. Drei Hauptwerke dieser Phase, Rot, Gelb und Blau, die von der BMW group München erworben wurden, stehen im Mittelpunkt der hochwertigen, von Experten verfassten Edition.

Produktbeschreibung
Gerhard Richter, einer der vielseitigsten und bedeutendsten Maler der Gegenwart, folgte in seinem umfangreichen Oeuvre keinem kontinuierlichen Stil, sondern strebte Brüche und stilistische Vielfalt an. Das Buch richtet das Augenmerk auf seine zwischen 1970 und 1980 entstandenen abstrakten Bilder. Drei Hauptwerke dieser Phase, Rot, Gelb und Blau, die von der BMW group München erworben wurden, stehen im Mittelpunkt der hochwertigen, von Experten verfassten Edition.
Autorenporträt
Helmut Friedel ist Direktor des Lenbachhauses in München. Er hat zahlreiche Publikationen herausgegeben.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.11.2007

Keine Angst vor Rot, Gelb und Blau
Aus der Versenkung gehoben: Drei Münchner Schlüsselwerke im Œuvre Gerhard Richters
Es waren lange Zeit die unbekanntesten Bilder des bekanntesten – und teuersten – deutschen Malers: drei wahre Großkaliber, jeweils drei mal sechs Meter messend, mit schlichten Titeln versehen, die schon anzeigen, dass Gerhard Richter hier vor allem eine Reflexion über Malmethoden und -proben, über Farbmuster und -paletten – überhaupt über die Abbildbarkeit von Farbe – anstellen wollte. Die Werke „Rot”, „Gelb” und „Blau”, 1973 von der Münchner BMW-Firmenzentrale beauftragt und für insgesamt 30 000 Euro angekauft – damals eine stolze Summe – und bis zum heutigen Tag im Besitz des Autobauers, sind aus kunsthistorischer Sicht bislang sträflich vernachlässigt worden.
Dabei sind die drei Grundfarbenmotive, die sich – gleichsam als symbolische Fenster ins All, zu den Planeten Mars (rot), Jupiter (gelb) und Pluto (blau) – in Karl Schwanzers BMW-„Vierzylinder” im Olympiagelände mit seinem „Corporate-Style-Futurismus” (Robert Storr) perfekt einpassen ließen, veritable Schlüsselwerke in Richters Œuvre, wie jetzt ein kluger, erkenntnisreicher Band mit Essays von Storr und Helmut Friedl vorführt, der von Thomas Girst von der Kulturkommunikation des Unternehmens initiiert wurde.
Richters abstraktes Werk wird oft unterschätzt, doch mit ihm grenzt er sich endgültig vom Pathos der amerikanischen Nachkriegskunst ab – und erprobt die Haptik und Technizität des puren Farbauftrags. „Who’s afraid of Red, Yellow and Blue?”, so betitelte noch Barnett Newman seine radikale malerische Reduktion auf die Primärfarben. Auf Newmans plane Leinwandoberflächen antwortet der junge Richter in den Sechzigern zunächst, in ironischer Brechung, mit vergrößerten Farbmusterkarten aus dem Künstlerbedarfshandel, dann mit Schlieren- und Wolkenbildern, „Vermalungen” sowie „Grau”-Bildern, die wie Pausenzeichen, wie die blinden Flecken der Malerei aussehen.
Bis Richter dann schließlich mit seinen „Paletten”-Bildern begann – pastosen, sämig aufgetragenen Malschlieren, die er für BMW abfotografierte und mit der Hand ins Großformat übertrug, derart in paradoxer Wendung Malerei abmalend, also unvermischte Farbe, wie als Grundstoff eines Gemäldes fleischig dick auf der Palette stehend, im Stil alter Meister abkupfernd, jedoch gleichzeitig, als vergrößerte man ein Foto, Unschärfen einziehend und so eine durchgehende Bewegung aus Licht- und Schattentönen des Couleurs erzielend.
1972 hatte Richter auf der Biennale in Venedig seine „48 Porträts” ausgestellt, formatierte Schwarzweiß-Lexikonabbildungen. In Venedig sah er auch Tizians „Verkündigung” – und malte es als Verwischung ab, sodass nur noch das Blau des Marienmantels, das Gelb des einfallenden Strahls und das Rot des Engelsgewandes hervorleuchteten – das einzige Bild Richters, das sich direkt auf ein anderes Kunstwerk bezieht. In einer zweiten Version dann wird aus der Verkündigung nur mehr ein leuchtender Farbnebel, derart statt des christlichen Motivs die reine Dynamik der Farbe einfangend.
1972 hatte Richter mit Kollege Blinky Palermo auch vorgeschlagen, für die Olympischen Spiele die Glasfassaden der Schwimm- und der Olympiahalle mit 27 monochromen Farbfeldern zu gestalten – doch dazu kam es nie. Und schließlich zeigte Richter, der damals von den Münchner Galeristen Heiner Friedrich und Fritz Dahlem vertreten wurde, 1973 im Münchner Lenbachhaus seine erste museale Ausstellung überhaupt – mit zahlreichen der abstrakten Schlierenbilder und „Vermalungen”.
Im Fadenkreuz dieser künstlerischen Entwicklungslinien muss man auch Richters Münchner Rot-Gelb-Blau-Etüde sehen, die sich noch dazu in die kunsthistorische Tradition der Palettenbildnisse einschreibt. Es ist das Verdienst dieses Bandes, die reichen Kontexte dieser bislang nur wenig behandelten Materie entschlüsselt zu haben. HOLGER LIEBS
HELMUT FRIEDL (Hrsg.): Gerhard Richter. Rot – Gelb – Blau. Prestel-Verlag, München 2007. Mit drei verschiedenen Schutzumschlägen. Essays von Helmut Friedl und Robert Storr. 128 Seiten, 39,95 Euro.
Sämige Farbmaterie, abfotografiert und ins Riesenhafte vergrößert abgemalt: Gerhard Richters Bilder über das Malen, „Rot”, „Gelb” und „Blau”, alle aus dem Jahr 1973 Abbildung aus dem besprochenen Band
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.11.2007

Vom Malen zum Mars: Gerhard Richters Bilder für BMW

Manchmal entstehen die besten Kunstwerke unter seltsamen Umständen - dann zum Beispiel, wenn die Künstler Hintergrunddekorationen für Restaurants oder Großformate für die Lobbys von Autoherstellern malen. Mark Rothko, der 1959 das New Yorker "Four Seasons Restaurant" mit großformatigen Gemälden ausschmücken sollte, kamen zuletzt aber doch Zweifel, ob es seiner Kunst bekomme, wenn sie als stimmungvolle Kulisse in einem Luxusrestaurant landet; er gab Auftrag und Geld zurück, die Bilder kamen ins Museum. Anders ging es in München: Dort erhielt Gerhard Richter, heute einer der wichtigsten (und, wie sein gerade für 10 Millionen Dollar versteigerter "Düsenjäger" zeigt, auch teuersten) Maler der Gegenwart, den Auftrag, je zum Preis eines gutmotorisierten BMW drei Gemälde für die Lobby des neuen BMW-Hochhauses zu liefern. 1973 wurden die Werke "Rot", "Blau" und "Gelb" dort aufgehängt. Seitdem sind die Bilder noch nie ausgeliehen worden, und obwohl ihre Existenz kein Geheimnis ist, gab es bisher keine Publikation zu ihnen. Es war Thomas Girst von der BMW-Kulturkommunikation, der erkannte, welch unaufgearbeiteter Schatz da hängt; zusammen mit Helmut Friedel schob er eine opulente, erhellende Publikation zu den Bildern an, die zu den wichtigsten Reflexionen über Malerei jener Zeit gehören. Die Bilder zeigen Pinselspuren, die Richter auf das Format von Historiengemälden vergrößerte. Ähnliches tat Roy Lichtenstein, dessen im Siebdruck-Comicstil gerasterte Pinselspuren ein ironischer Gruß des Pop an das gestische Pathos der Abstrakten Expressionisten war. Doch anders als Lichtenstein bemüht sich Richter bei der herausgezoomten Vergrößerung der Pinselspur um malerischen Furor: Das Bild der großen Geste besteht aus kleinen, watteweichen malerischen Gesten, die Bilder verbinden in einer Form Analyse und Performance, Repräsentation und Präsenz von Malerei. Richter will "das Malen" malen. Die Zoomtechnik reißt dabei die abstrakte Geste ins Figurative: Man denkt vor diesen Bildern, deren Farben - anders als bei Lichtenstein oder Barnett Newman - verschmutzt und ölig, verdorbener Pop sind, an die nebeligen Aufnahmen ferner Planeten, die Anfang der siebziger Jahre Weltraum- und Zukunftsträume beflügelten. So gesehen, sind die Bilder vielleicht nicht nur im Format Historienbilder ihrer Zeit.

NIKLAS MAAK

Helmut Friedel: "Gerhard Richter". Rot - Gelb - Blau. Prestel Verlag, München 2007. 128 S., Abb., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Holger Liebs ist dem Herausgeber Helmut Friedl dankbar für die "kluge" Kontextualisierung von Gerhard Richters Werken "Rot" "Gelb" und "Blau". Wichtig und überfällig erscheint ihm die mit den im Band enthaltenen Essays vorgenommene kunsthistorische Einordnung der Arbeiten als "Schlüsselwerke" in Richters Oeuvre. Für Liebs holt der Maler mit ihnen zur "Reflexion über Malmethoden" aus und erforscht die "reine Dynamik der Farbe". Dass und wie er sich damit in die Traditionslinie der Palettenbildnisse einreiht, verbucht Liebs als Erkenntnis dieser Lektüre.

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