Produktdetails
  • Verlag: Greven
  • Seitenzahl: 164
  • Deutsch
  • Abmessung: 275mm
  • Gewicht: 920g
  • ISBN-13: 9783774303256
  • ISBN-10: 3774303258
  • Artikelnr.: 02539671
Autorenporträt
Dr. Walter Maas, Kunsthistoriker, ehem. Studiendirektor.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2001

Mer losse der Dom in Oche: Aachens Stolz

Stilreine Denkmale wie die Marburger Elisabeth- oder Triers Liebfrauenkirche mit ihrer perfekten Gotik sind Publikumsfavoriten. Nicht schöner, doch spannender sind diejenigen, an denen Jahrhunderte gewirkt haben. Schön aber und spannend zugleich ist der Aachener Dom, der wegen seiner fast eineinhalb Jahrtausende dokumentierenden Gestalt nun Weltkulturerbe ist. Das markanteste Zeichen der Zeitenwechsel ist der Kontrast, mit dem das halsbrecherisch hohe und schlanke "Glashaus" des 1414 vollendeten Chors sowie die auftrumpfende Neogotik des Westturms die Pfalzkapelle Karls des Großen förmlich bestürmen. Dennoch behauptet sich ihr Oktogon, jene spätantike, aus San Vitale in Ravenna übernommene imperiale Großform, die der Herrscher zum Zeichen bauen ließ, daß sein Kaisertum das antike Imperium erneuere. Antike bestimmt auch im Inneren die ersten Eindrücke: die römischen, über die Alpen transportierten Säulen, die bronzene Wölfin, die an die römische erinnern sollte, die vier nach antikem Vorbild gegossenen Bronzetüren, denen 1200 Jahre nichts anhaben konnten, der riesige bronzene Pinienzapfen, der seinesgleichen nur noch im Vatikan hat. Schließlich der legendäre Marmorthron des Kaisers. Er ist, wie Walter Maas in einem reich, jedoch nicht durchgängig glücklich bebilderten Band (Walter Maas, Pit Siebigs: "Der Aachener Dom". Greven Verlag, Köln 2001. 164 S., 250 Farb- u. S/W-Abb., geb., 64,35 DM) darlegt, zusammengeflickt aus römischen Spolien; meisterhaft, aber doch Stückwerk. Das gleiche gilt für den Kernbau, denn die goldfunkelnden, zwischen Spätantike und Byzanz flirrenden Mosaike im Umgang und in der Kuppel sind zwischen 1881 und 1912 entstandene Nachempfindungen. Auf Schritt und Tritt bewegt und mit jedem Blick trifft man im Aachener Dom eine andere Epoche: Im Kuppelraum prangt der "Barbarossaleuchter", vieltürmige staufische Allegorie des Himmlischen Jerusalem. Im Chor bieten sich Karls- und Marienschrein, ersterer 1215 vollendet, geprägt vom Dualismus staufisch deftiger und exaltiert byzantinischer Formen, wogegen der Marienschrein, nur rund zwanzig Jahre später entstanden, souverän die Sprache der Antike wiedergibt. Umgeben sind beide vom federnden steinernen Stabwerk des Chors, in dem sich die kühle Eleganz der Pariser Saint-Chapelle und die malerische Anmut böhmischer Gotik mischen, die Karl IV. nach Aachen gebracht hatte. Die Lichtmagie erzeugen gotische Fenster und andere, die 1951 nachgeschaffen wurden. Vegetabile Spätestgotik, triumphales Barock, neogotischer Akademismus - Walter Maas und sein Fotograf lassen alles Revue passieren, präsentieren fesselnde Details und überwältigende Gesamtwirkungen, kommentieren und erklären. Unsere Abbildung zeigt den 1215 vollendeten Karlsschrein an seinem ursprünglichen Ort, im Mittelpunkt des Oktogons - ein überaus seltener Anblick, denn aus dem Chor kehrten die Gebeine Karls des Großen nach mehr als vier Jahrhunderten erst 1997 für drei Jahre wegen Renovierungsarbeiten in den Zentralbau zurück.

DIETER BARTETZKO

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr