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"Ein Feuerwerk der Prosaskizzen, das seine farbig und vieldimensional in den Himmel getuschten Bouquets ebenso leicht und spielerisch wieder zerstieben lässt." -- NZZ "Die Pointen sitzen."Berliner Zeitung
Mit wachem Blick spazierte der Flaneur Logan Pearsall Smith vorbei an den scheinbaren Trivialitäten unseres Alltags. Die gesammelten Fundstücke verwandelte er, angeregt von Baudelaires «Spleen de Paris», in mehrere hundert Prosavignetten: zeitlos gültige Einblicke in Licht- wie Schattenseiten auch des eigenen Lebens. Dieser Band macht erstmals alle «Trivia» in deutscher Sprache…mehr

Produktbeschreibung
"Ein Feuerwerk der Prosaskizzen, das seine farbig und vieldimensional in den Himmel getuschten Bouquets ebenso leicht und spielerisch wieder zerstieben lässt." -- NZZ "Die Pointen sitzen."Berliner Zeitung
Mit wachem Blick spazierte der Flaneur Logan Pearsall Smith vorbei an den scheinbaren Trivialitäten unseres Alltags. Die gesammelten Fundstücke verwandelte er, angeregt von Baudelaires «Spleen de Paris», in mehrere hundert Prosavignetten: zeitlos gültige Einblicke in Licht- wie Schattenseiten auch des eigenen Lebens. Dieser Band macht erstmals alle «Trivia» in deutscher Sprache zugänglich.

Die geschliffene Unterhaltung zerfällt bei nüchterner nächtlicher Betrachtung zu Staub; die stumme, nur von Blicken getragene Zwiesprache mit einer alten Frau wird zum Moment vollkommenen Glücks; die Wut über fehlende Streichhölzer reißt den Raucher aus lähmender Melancholie. Wie seine Zeitgenossen Peter Altenberg und Robert Walser ist auch Smith mit dem Sinn für das Hintergründige mancher unspektakulären Begebenheit begabt, ein wahrer Chronist des Menschlichen und Meister der kleinen Form. Seine locker komponierten Aphorismen und Prosaminiaturen brillieren durch die hohe Genauigkeit der Beobachtung und einen fast lyrischen sprachlichen Rhythmus, der ihnen schlichte Eleganz verleiht.

Zwischen 1902 und 1933 entstanden und bis zu Smiths Tod immer wieder überarbeitet, stellt dieses Kompendium das Hauptwerk des britischen Sprachliebhabers dar. In der Übersetzung von Friedhelm Kemp präsentieren sich die «Trivia» in feinem, leichtem Kleid, von literarischen Anspielungen dicht durchwebt. Smiths erlesene Anhängerschar weiß sein strenges Diktum zu schätzen, «mit Wenigem, doch Vollkommenem überleben» zu wollen.
Autorenporträt
Friedhelm Kemp, geb. 1914, Essayist und Übersetzer vor allem aus dem Französischen (u.a. Werke von Maurice Sceve, Charles Baudelaire, Simone Weil, Saint-John Perse, Marcel Jouhandeau, Yves Bonnefoy, Philippe Jaccottet); er erhielt 1998 den Joseph Breitbach-Preis. Friedhelm Kemp lebt in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2003

Das beschattete Ich
Von der Wärme der Ironie: Logan Pearsall Smith ist zu entdecken

Das Buch eines hierzulande noch unbekannten Schriftstellers ist anzuzeigen: eine kleine Sammlung von Prosaminiaturen, entstanden im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Autor, Logan Pearsall Smith (1856 bis 1947), stammte aus einer wohlhabenden neuenglischen Familie mit noblen kulturellen Verbindungen: Zwei Schwestern waren mit Bernard Berenson und Bertrand Russell verheiratet. Er selbst ging 1888 nach England, studierte am Balliol College in Oxford und blieb "ein englischer Junggeselle aus Philadelphia", wie ihn eine Zeitung einmal nannte. Finanziell unabhängig, wenn auch ohne besonders üppige Mittel, gelehrt, gesellig, lebte er vor allem als Leser: "Jeden Morgen erwache ich zu Vergil und lese ihn mit einem Vergnügen, das mich fast erschreckt, als wäre es gefährlich, in einer unvollkommenen Welt eine so vollkommene Freude zu genießen."

Mit achtzig starb er in Chelsea. Er hat literaturgeschichtliche Studien und Versuche hinterlassen, großartige Anthologien herausgegeben, stil- und sprachkritische Arbeiten verfaßt, die schöne Autobiographie "Unforgotten Years". Aber er ist am Ende der Mann eines einzigen Buchs. Es sind dies die zu Baudelaires "Spleen de Paris" zurückgrüßenden "Trivia", deren Textgeschichte 1902 mit einem winzigen Privatdruck beginnt und mit "All Trivia", der Vorlage für die Übersetzung, 1933 endet.

Friedhelm Kemp, der schon 1981 in "ensemble" einige der Trivia-Texte übersetzt hat, stellt nun das ganze Buch in einer liebevoll durchgearbeiteten deutschen Ausgabe vor. Seine Übersetzung ist meisterhaft. Nichts anderes hatte man erwartet - und doch scheint sich hier noch eine besondere Affinität des Übersetzers zum Autor auszudrücken. Im Nachwort schreibt er: "Ob wir je wieder dahin gelangen werden, stilistisches Betragen und seine Eigentümlichkeiten, statt es als ,Diskurs' zu analysieren, als Stimme zu vernehmen? Als eine persönlich durchfärbte Stimme, die zu uns spricht?" Er hat diese Stimme hier ganz nahe gehört.

Edmund Wilson, der den Autor Smith, diesen Alchemisten winziger Prosa-Destillate, eigentlich nicht mochte, schätzte doch seine Unabhängigkeit und, ein interessantes und richtiges Wort, "Zähigkeit". Hören wir, wie ein Kritiker zögernd etwas anerkennt, das ihn leise irritiert: "Indem er sich mit Vorfällen von ostentativer Winzigkeit beschäftigt, gelingt es ihm irgendwie, auf eindrucksvolle Weise wahrhaftig zu sein." Dieses widerwillige Wilsonsche "irgendwie" ließe sich präzisieren: Logan Pearsall Smith verwandelt die Drohgebärde puritanischer Gewissenserforschung in eine radikale ästhetische Introspektion ohne Transzendenz. Der Impuls der Introspektion bricht sich im Prisma einer neugierigen Urbanität, und doch zielt er immer noch sehr tief und sehr weit. Er zielt auf die schwer faßbaren Stimmungen des Alltags, die grundlose Fröhlichkeit, die Einbildung, die Lust des Vorurteils, die kleine Melancholie. Diese Stimmungen, die den Flaneur anfallen - John Gay schrieb "Trivia, or the Art of Walking the Streets of London" - sind die eigentlichen Gegenstände Smiths: "Was nur suche ich auf all meinen langen Spaziergängen durch London?" - "Es ist vergnüglich, in der Morgensonne sein Haus zu verlassen und in zielloser Muße durch die sommerlichen Straßen zu schlendern. Aber ist es auch recht? Solche Fragen quälen mich nicht wirklich . . ."

Zur Gelassenheit des Flaneurs und Dinnergastes gehört das Bewußtsein von der Angst. Einmal denkt Smith darüber nach, warum es so schlimm wäre, wenn eine kleine Gesprächspause am Tisch einträte. "Es ist die Angst vor irgend etwas, irgend etwas Unbekanntem und Fürchterlichem, die uns veranlaßt, das flackernde Flämmchen des Gesprächs nicht erlöschen zu lassen. So lassen Reisende bei Nacht in einem unbekannten Wald das Feuer nicht ausgehen . . ." Und die sozialen Genugtuungen sind prekär: "Der Diener reichte mir Hut und Mantel, und glühend vor Selbstzufriedenheit ging ich in die Nacht hinaus. ,Ein köstlicher Abend', dachte ich, ,und so reizende Leute! Was ich über die Finanzen sagte, und über die Philosophie, machte großen Eindruck; und wie sie lachten, als ich ein quiekendes Schwein nachahmte!' Doch bald darauf: ,Mein Gott, wie fürchterlich', murmelte ich, ,ich wünschte, ich wäre tot!'"

Alle Vorwürfe, die dieser Typus von Prosa auf sich ziehen könnte - Pedanterie, Snobismus, Detailverliebtheit, ein Faible für das Aristokratische -, lösen sich auf: Smith hat diese Topoi bereits selbst zum intimsten Gegenstand seines Raisonnierens und seines gelehrten Fühlens gemacht und keinen so innig wie den des Narzißmus. Es ist ein Narzißmus, der sich selbst genauestens kennt, der mit sich selbst lebt. In einer Miniatur beschreibt Smith, wie er die eigenen kleinen Tagträumereien verfolgt, die Phantasien des melodramatischen "Ichs meiner Tagträume": "Und so beschattete ich dieses Ich eines Tages, wie es da auf der Straße ging. Es lungerte eine Weile herum, dann blieb es vor einem Schaufenster stehen, um sich alsbald mit einer geschmacklosen Krawatte und einer gelben Weste zu schmücken. Dann kaufte es einen Schwamm und zwei ausgestopfte Vögel, die es zu seiner Unterkunft brachte, wo es unbeobachtet ein zweifelhaftes Leben führte." Das Tagtraum-Double gibt Bankette, hat Affären, rettet Passanten vor dem Überfahrenwerden, lebt für die Armen. "Ich stand schon im Begriff, zu ihm Vertrauen zu gewinnen, als es, am Laden eines Fischhändlers vorbeikommend, auf einen großen Lachs deutete und sagte: ,Den habe ich gefangen.'"

Eine Bemerkung seines Freundes Cyril Connolly über Smith verbindet in ungewöhnlicher Weise zwei Begriffe, die man ansonsten nicht eng nebeneinander antrifft. Smith habe das Leben zu schätzen gewußt, sagte er, und zwar fortwährend mit Wärme und Ironie: "a perpetual warm, ironical appreciation of life". Die Wärme der Ironie: fast ein Oxymoron. Doch diese Wärme ist real, und paradoxerweise scheint sie der souveränen Distanzierungsfähigkeit des Autors zu entspringen.

Dem Manesse-Verlag gebührt großer Dank. Es gibt gewisse abgegriffene und töricht gewordene Formulierungen, die man gerne für dieses Buch rehabilitieren würde. Weil man sagen möchte, daß es entzückend ist, daß es ein Kleinod ist, schließlich: daß es weise ist. Von jener Weisheit, die ganz im idiosynkratischen Gestus sich ausdrückt und nichts mit solchem Interesse studiert wie die eigenen Torheiten. Kein guter Leser sollte sich dieses kleine Buch entgehen lassen. Gegen Ende seines Lebens hat Smith formuliert: "Im Denken von ein paar wählerischen Leuten ein Glockenspiel aus Worten zum Klingen zu bringen - das ist das einzige, wofür zu leben sich lohnt." Und wählerisch sollten wir eigentlich alle sein.

JOACHIM KALKA

Logan Pearsall Smith: "Trivia". Prosastücke und Aphorismen. Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort von Friedhelm Kemp. Manesse Verlag, Zürich 2003. 320 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.07.2003

Ein Trostkeks für das Jammertal
Schirm, Charme und Melpomene: Logan Pearsall Smith flaniert durch den philosophischen Themenpark: „Trivia”
Am 18. Oktober 1865 wird in Milville, New Jersey, der Schriftsteller geboren, der den wahrscheinlich besten vorletzten Absatz der englischen Literatur schreiben sollte. Logan Pearsall Smith siedelt nach England um und entwickelt sich zum Flaneur. Er verweilt nicht lange bei einem Sujet, sondern promeniert mit Schirm, Charme und Melone durch den Themenpark von Philosophie und Kunst. Was Baudelaire in Paris umtreibt, setzt ihn in London und Umgebung in Bewegung. Über die Conditio Humana grübelnd, bestaunt er seidene Halstücher in Londons Einkaufsstraßen, begutachtet den Schnitt der Buchsbaumhecken auf dem Lande und hält einen Schwatz mit dem Dorfpfarrer.
Im Laufe der Zeit fallen bei Smiths Spaziergängen und Salonbesuchen zahlreiche kurze Prosastücke, Aphorismen und Maximen an, die der Manesse- Verlag nun in einem schmucken Vademecum versammelt hat, das in die Westentasche eines jeden Flaneurs passt. Fröhlich schaukelt das Lesebändchen. Le Spleen de Londres ist weit weniger melancholisch als der aus Paris, Smiths Ideal nicht ganz so ätherisch wie das seiner französischen Schwesterseele und seine poetischen Blumen sind nicht wirklich böse: „Und in jedem Juni stand die große Masse von Blättern und Schößlingen leidenschaftlich über und über bedeckt von roten, wohlriechenden Blüten, als glühten ihre Wurzeln und Fasern immer noch von dem Zorn und dem enttäuschten Verlangen jenes italienischen Liebhabers.” Hin und wieder wird dem Gentleman recht blümerant.
Baudelaire konnte schon mal mit grün gefärbten Haaren zurück in seine Klause kommen. Bei Smith kann man sich kaum vorstellen, dass er sein Londoner Stadthaus ohne Hut verlässt. Überhaupt spielt der Hut eine große Rolle in dieser zurechtgezupften Prosa. Er ist ein Schutz gegen metaphysische Sonnenwinde und das drohende Gewölbe des sinnlosen Universums. Smiths Gedanken und Prosastücke verströmen den Duft von Salonpfeifchen und knarzendem Clubsesselleder. Das Leben ist ein Jammertal, doch zum Glück steht immer eine Tasse Tee mit einem Trostkeks bereit.
Smith ist nicht bedingungsloser Großstadtmensch, sondern verspürt auch eine periodische Sehnsucht nach der ländlichen Idylle. So beginnen die „Trivia” mit einer Sammlung bukolischer Stücke, die der Stadtflüchtling im Garten oder in der Bibliothek seines Landhauses verfasst hat. Auch hier herrscht die gediegene Atmosphäre der englischen Upper-Class: Kieswege, aus der Ferne nickende Nachbarn, tickende Standuhren. Der Aphoristiker pflegt seine Prosa wie der Gärtner seine Blumenrabatten. Smith träumt den Traum eines jeden schreibenden Dandys: Seinen Namen mit Hilfe des perfekten Satzes, der makellosen Formulierung und der geschliffenen Maxime in die Ewigkeit hinüber zu schmuggeln.
Singen wie die Morgensterne
Die Nachwelt wird zur Obsession, und das elitäre Dichtergehabe des Formuliersnobs kann der Nachwelt zuweilen ganz schön auf die Nerven gehen. Smith stilisiert sich zum Großinquisitor auf Kreuzzug gegen falsche Adjektive. Er ziseliert so Manches. Und wo ziseliert wird, fallen Späne. Neben vielen geistreichen bon mots stehen auch sehr viele Stücke, die nur noch wie gallige oder banale Tagebuchnotizen eines besserwisserischen Dandys wirken: „Man kann nicht gleichzeitig fashionable und erstklassig sein.” So, so; - Tee schon fertig, James?
Bei vielen dieser hochgezüchteten Prosa-Schmetterlinge haben sich die Wollmäuse der Zeit schon dick über den lyrischen Flügelstaub gelegt. Die besten dieser poèmes en prose leben von dem ironischen Kontrast zwischen gehobener Metaphysik und den Niederungen des Alltags, dem selbst ein Dandy nicht entkommen kann. Aus dieser Spannung nährt sich Smiths eigentliche stilistische Originalität. Das Drama von Geworfenheit, Unbehaustheit und existentieller Unwirtlichkeit wird immerhin durch ein sauberes Hutband gemildert. Indem Smith die großen Probleme der Menschheit immer wieder kontrastiert mit den Tücken des Alltags, entschärft er sie. Die Trivialitäten sind eine wirksame Medizin gegen universelle Verzweiflung.
Smiths gezwungene Versuche, es den Moralisten der Antike oder des 18. Jahrhunderts gleichzutun, wirken hingegen recht willkürlich. Je mehr er sich von den amüsanten Trivialitäten wegbewegt, um grübelnd das tausendarmige Universum nieder zu zwingen, desto belangloser lesen sich seine Maximen. In seinen metaphysischen Momenten richtet er seinen Blick zwanghaft in die ehernen Konstellationen der Sterne. Seine Texte werden dabei halsstarrig, die geprägte Maxime wandelt sich zum inflationären, abgegriffenen Sterntaler. Und in seinen schlechtesten Momenten dichtet Smith schlichtweg funkelnden Seelenkitsch: „In diesen Augenblicken der gemeinsamen Verzückung faßten meine Seele und die entkörperte Seele dieser umfänglichen Dame sich bei den Händen und sangen miteinander wie die Morgensterne.” So rächen sich die Trivialitäten für ihre schändliche Vernachlässigung: sie degradieren die ambitiösen und hochfliegenden Prosatexte zu trivialen Binsenweisheiten und neoplatonischem Plunder.
Smiths Genie scheint nach einer originellen Gesetzmäßigkeit zu funktionieren: Je banaler der Gegenstand seiner Betrachtungen, desto größer der poetische Gehalt, den er aus ihm ziehen kann. Auf diese Weise entstehen die einzigartigen Maximen, die aus dieser Sammlung leuchten. So kann selbst im Badezimmerspiegel ein quecksilbriger Höllenspruch auflodern, der den verschlafenen Snob in eine tiefe kabbalistische Krise stürzt: „TAM HTAB. Was mochte die Bedeutung dieser unheimlichen Worte sein, und wie in aller Welt kamen sie dahin? Wie Belsazar war mein Geist verstört von dieser Schrift, und meine Knie schlotterten.”
Doch es ist nur die vertraute Inschrift eines Wohnaccessoires: Bath Mat. Der Fußabtreter vor dem Tor zur Hölle ist nur die gute alte Badematte. In dieser Spannung zwischen großem philosophischem Denkaufwand und heiterer Alltäglichkeit liegt der ganze Reiz dieser Aphorismensammlung. Smith, möchte man rufen, verliere Deine Hutbänder nicht aus dem Auge! Denn so lange dieser Gentleman seinen Hut immer schön in Reichweite hat, kann ihm nichts passieren. Und so gelang ihm denn auch der beste vorletzte Absatz der englischen Literatur: „Was ihr für komische Röcke anhabt, liebe Leser! Und eure Hüte! Wenn ich an euren Hüte denke, muß ich lachen, und euren Ansichten über das Geschlechtsleben stelle ich mir ziemlich gräßlich vor.”
STEPHAN MAUS
LOGAN PEARSALL SMITH: Trivia. Prosastücke und Aphorismen. Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Friedhelm Kemp. Manesse Bibliothek der Weltliteratur, Zürich, 2003, 309 Seiten, 16,90 Euro .
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Seien Sie wählerisch, ruft Joachim Kalka auf, entdecken Sie die "Wärme der Ironie" - entdecken Sie Logan Pearsall Smith, unbedingt! Und man merkt: Es ist nicht allein der kritische Verstand, sondern vor allem das gewissermaßen denkende Herz des Rezensenten, das hier spricht. Smith, erfahren wir, war ein der Geburt nach neuenglischer, der Affinität und dem Lebensort nach englischer Literaturkenner und sozusagen hauptberuflicher Leser, wobei der Beruf als Berufung zu verstehen ist. Und er war der Autor der im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts entstandenen Prosaminiaturen, die hier erstmals vollständig auf deutsch erhältlich sind - "liebevoll durchgearbeitet", meisterhaft übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Friedhelm Kemp. Smiths Texte zielen, so Kalka, auf eine "radikale ästhetische Introspektion", die jedoch nichts mit "puritanischer Gewissenserforschung" gemein habe, sondern "die schwer fassbaren Stimmungen des Alltags, die grundlose Fröhlichkeit, die Einbildung, die Lust des Vorurteils, die kleine Melancholie" in einer ganz eigenen Stimme erklingen lasse - eine Stimme, die ihre Wärme gerade aus ihrer Distanz zu den präzise beobachteten emotionalen Beiläufigkeiten beziehe. "Es gibt", schwärmt Kalka, "gewisse abgegriffene und töricht gewordene Formulierungen, die man gerne für dieses Buch rehabilitieren würde. Weil man sagen möchte, dass es entzückend ist, dass es ein Kleinod ist, schließlich: dass es weise ist".

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«Ein Feuerwerk der Prosaskizzen, das seine farbig und vieldimensional in den Himmel getuschten Bouquets ebenso leicht und spielerisch wieder zerstieben lässt.» NZZ