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"Wir versuchen doch alle nur, auf der goldenen Kugel zu tanzen, ganz egal, wie und wohin sie rollt", meint der Schweizer Geschäftsmann Weill, Spezialist für Import/Export, im Wiener Café Imperial philosophisch zu seinem Partner Blaschky. Währenddessen fantasiert der abgehalfterte Dichter Josef Maria Wassertheurer am Brunnenmarkt über sein nächstes Meisterwerk und im fernen Sankt Petersburg erwartet ein geheimnisvoller Herr Tschernomyrdin den entscheidenden Anruf. Das kriminelle Netzwerk der Globalisten spannt sich von Zürich und Paris nach Bukarest und Moskau bis ins idyllische Salzkammergut.…mehr

Produktbeschreibung
"Wir versuchen doch alle nur, auf der goldenen Kugel zu tanzen, ganz egal, wie und wohin sie rollt", meint der Schweizer Geschäftsmann Weill, Spezialist für Import/Export, im Wiener Café Imperial philosophisch zu seinem Partner Blaschky. Währenddessen fantasiert der abgehalfterte Dichter Josef Maria Wassertheurer am Brunnenmarkt über sein nächstes Meisterwerk und im fernen Sankt Petersburg erwartet ein geheimnisvoller Herr Tschernomyrdin den entscheidenden Anruf. Das kriminelle Netzwerk der Globalisten spannt sich von Zürich und Paris nach Bukarest und Moskau bis ins idyllische Salzkammergut. Mit leichter Hand hat Rosei ein Satyrspiel geschaffen, das die Wirklichkeit zur Deutlichkeit entstellt - so bösartig, dass es zum Lachen ist.
Autorenporträt
Peter Rosei geboren 1946 in Wien. 1968 promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. Franz-Kafka-Preis 1993, Anton-Wildgans-Preis 1999 und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2007. Zuletzt erschienen: "Wien Metropolis" (2005), "Das große Töten" (2009), "Geld!" (2011), "Madame Stern" (2013).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.03.2015

Endstation Casino
Peter Roseis Gesellschaftsroman
„Die Globalisten“
Für Peter Rosei war das Schreiben immer auch Handwerk, die Arbeit des Berichtens, die Arbeit des Beschreibens, wobei es ihm in der Regel darum ging, kein Detail auszulassen. Durch Landschaftsschilderungen wurde er mit Büchern wie „Entwurf für eine Welt ohne Menschen / Entwurf zu einer Reise ohne Ziel“ bekannt. Sein Verfahren hatte Nachteile. Es entstand ein Mangel an Dynamik und Temperament. Man versuchte Rosei als Schönschreiber einzustufen. „Wer war Edgar Allan?“ oder „Von hier nach dort“ waren wirklich schöne Bücher, Beschreibungen von Lebensreisen voller Rausch, Drogen und Trips. Bis er sich dann auch an große Weltentwürfe wagte, wie dem „15 000 Seelen“-Projekt zum Beispiel. Aus Details und Einzelheiten wurden große Panoramen montiert und komponiert. Der Pessimismus dahinter führte nie zu einem sentimentalen Weltschmerz, er war auch immer ein Jux, den er sich leistete, verdeutlicht durch die oft erkennbare Konstruiertheit des Geschehens, womit sich der Autor neben dem Rechercheur auch als Schöpfer vorstellte.
  Peter Rosei war nie ein Autor für Bestsellerlisten, sondern für Liebhaber. Mit einem Faible für das Manierierte und eine Lust am Ironischen. Man hatte immer den Eindruck, hier schreibe ein Stilist aus einer anderen Zeit, aus dessen Hinterlassenschaft mit der neuesten Publikation wieder ein verschollenes Werk ans Licht kam.
Aus Peter Roseis Archiven sozusagen erreicht uns ein neuer, kurzer Roman, „Die Globalisten“, ein kleines Gesellschaftspanorama, dessen Hauptdarsteller Kriminelle, Betrüger und Zyniker sind, deren Lebenswege sich immer wieder auf überraschende Weise kreuzen, wobei, was wie Zufall aussieht, ein System widerspiegelt, das sie beherrschen und vertreten, und zwar global. Das Buch ist kein politischer Kommentar, sondern eher ein emotionaler, der eine im Kapitalismus versinkende Menschheit am Ende ihrer Geschichte sieht, minütlich damit beschäftigt, wie kranke Spieler den großen Träumen ihres (Selbst-)Betrugs zu entkommen.
  Die Geschichten beginnen im Kaffeehaus des Wiener Nobelhotels Imperial an der Ringstraße, wo zwei Geschäftemacher einen Deal vorbereiten, Weill und Blaschky. Draußen in Ottakring geht Josef Maria Wassertheurer um, ein ehemals hoffungsvoller Lyriker in jungen Jahren, der in ärmlichen Verhältnissen ein Weltprojekt plant, das in den Geschäften der Gauner noch eine große Rolle spielen wird. Bis dahin glaubt allerdings nur noch Eva, eine Polin aus der Pampa, an ihn („Ich weiß, dass du es einmal schaffen wirst“). Leise bewegen sich lang herunterhängende Jalousien an den Glasscheiben eines Wintergartens, der zu einer Villa mit Park im Salzkammergut gehört, und in der eine verwelkte Theaterdiva den Vorstadt-Prolo Alfred Wollauschek aus Rudolfsheim-Fünfhaus aushält.
  Die Wege dieser Leute und weiterer werden sich in Fünf-Sterne-Hotels, Zügen, Substandard-Wohnungen und Villen, auch im Krankenhaus immer wieder kreuzen und sie somit als Vertreter eines Netzes von Betrug erkennbar machen, zwischen St. Petersburg, Ungarn, Zürich, Zug und Wien. Eine dekadente Bagage, die auf nichts als Profit aus ist und ihren egomanischen Pragmatismus auch auf den Umgang mit Frauen überträgt. Sie sind, wie schon öfter bei Rosei, Virtuosen der Endstation. „Drei Dinge treiben den Menschen in den Wahnsinn“, sagt Weill, „die Liebe, die Eifersucht und die Börsenkurse.“ Wobei Letztere, also das Geld, die Hauptsache sind.
  Wer sich aus diesen düsteren Konstellationen ein Buch der Klagen erwartet, wird enttäuscht sein. Durch die fast schon freche Konstruiertheit erscheint der Abgrund als Scherz und der Zufall wird in dieser Casino-Gesellschaft zum Autor ihrer erbärmlichen Ereignisse. Rosei riskiert einen Blick auf eine seelenlose Welt und verwandelt sie mit dramaturgischem Geschick immer noch zum Stoff seiner Literatur.
HELMUT SCHÖDEL
                  
Peter Rosei: Die Globalisten. Roman. Residenz Verlag, St. Pölten – Salzburg – Wien 2014. 160 Seiten. 19,90 Euro. E-Book 12,99 Euro.
Der Abgrund wird hier
zum Scherz, und der Zufall
zum Autor der Ereignisse
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