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"Eine große Suche im brasilianischen Urwald. Ein Exempel für das wundersame Entstehen von Literatur." -- DIE ZEIT über "Neun Nächte"
"Spannend bis zum Schluss." -- Literarische Welt über "Neun Nächte"
"Carvalho zeigt die Weite als Labyrinth. Sein Roman ist trickreich und subtil." -- Tagesspiegel über "Mongolia"
Er sucht nach der Wahrheit und findet Rätsel, Lügen, Geheimnisse Einwanderer nehmen ihre Geschichten mit. So auch Setsuko, die alte, japanische Besitzerin eines Restaurants in São Paulo. Ihre Geschichte handelt von Liebe und Verrat, von Intrigen und vom Krieg und schlägt den
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Produktbeschreibung
"Eine große Suche im brasilianischen Urwald. Ein Exempel für das wundersame Entstehen von Literatur." -- DIE ZEIT über "Neun Nächte"

"Spannend bis zum Schluss." -- Literarische Welt über "Neun Nächte"

"Carvalho zeigt die Weite als Labyrinth. Sein Roman ist trickreich und subtil." -- Tagesspiegel über "Mongolia"
Er sucht nach der Wahrheit und findet Rätsel, Lügen, Geheimnisse
Einwanderer nehmen ihre Geschichten mit. So auch Setsuko, die alte, japanische Besitzerin eines Restaurants in São Paulo. Ihre Geschichte handelt von Liebe und Verrat, von Intrigen und vom Krieg und schlägt den Mann, dem sie sie zu erzählen beginnt, vollkommen in ihren Bann. Doch plötzlich ist Setsuko verschwunden
Immer wieder besucht ein arbeitsloser Werbetexter ein japanisches Restaurant in seiner Heimatstadt São Paulo. Eines späten, melancholischen Abends fragt ihn Setsuko, die alte Wirtin, ob er Schriftsteller sei. Sie habe eine Geschichte zu erzählen, die nicht der Vergessenheit anheimfallen dürfe. Damit beginnt eine schwindelerregende Reise in die Vergangenheit, in eine tragische Liebesdreiecksgeschichte zwischen einem Mädchen aus gutem Hause, dem Sohn einer wohlhabenden Industriellenfamilie und einem zwielichtigen Schauspieler, die in Japan während des Zweiten Weltkriegs ihren Anfang nahm und fortwirkt bis ins Brasilien unserer Tage.
Doch noch bevor sie ihre Geschichte zu Ende erzählt hat, ist Setsuko eines Tages spurlos verschwunden. Der Werbetexter, der selbst von japanischen Einwanderern abstammt und ihre Geschichte begierig aufgesogen hat, ist verstört. Er muss die ganze Wahrheit herausfinden. Und so begibt er sich mit seinem letzten Geld auf Spurensuche nach Japan, wo er auf ungeahnte neue Hindernisse und Verwicklungen stößt.
Autorenporträt
Bernardo Carvalho wurde 1960 in Rio de Janeiro geboren. Er ist Schriftsteller und Journalist, hat in Brasilien und Portugal bereits mehrere Romane und einen Band mit Erzählungen veröffentlicht. Seine Werke sind in zehn Sprachen übersetzt. Für "Neun Nächte", seine Erstveröffentlichung in deutscher Sprache, erhielt er die beiden renommiertesten Literaturpreise Brasiliens: Machado des Assis und Jabuti.

Karin von Schweder-Schreiner, geb. 1943 in Posen, hat in Mainz und in Lissabon studiert und mehrere Jahre in Brasilien gelebt. Sie erhielt zahlreiche Übersetzerpreise und übersetzte u.a. Jorge Amado, Chico Buarque, Rubem Fonseca, Luiz Alfredo Garcia-Roza, Lídia Jorge.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Kritisch ins Gericht geht Rezensent Leopold Federmair mit Bernardo Carvalhos Roman "In Sao Paulo geht die Sonne unter". Sowohl formal als auch inhaltlich hat ihn das Buch nicht überzeugt. Sprache und Stil des brasilianischen Autors, der sich selbst als Verfechter einer "armen Literatur" bezeichnet, scheinen ihm dürftig. Nun räumt Federmair ein, dass die Kargheit der Sprache es dem Leser immerhin erlaubt, sich auf den Plot zu konzentrieren. Wegen der Fülle der Plots in diesem Roman, in dem immer alles und sein Gegenteil passiert, verliert er allerdings alsbald das Interesse an dem Ganzen. Auch den Charakteren und ihren Handlungen, die er als flach und unmotiviert beschreibt, kann er nichts abgewinnen. Das Ganze wirkt für ihn wie auf dem Reißbrett entworfen, blutleer, ohne Vermittlung von Erfahrungen und Empfindungen. Den Grundgedanken des Romans, wir seien unsere Masken, findet er zudem reichlich abgestanden.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2010

Kehr dorthin zurück, wo du nie gewesen bist

Sake und Sushi statt Samba und Pitú: Der brasilianische Erzähler Bernardo Carvalho verlegt Tokio nach São Paulo - und ersetzt in seiner postmodernen Dreiecksgeschichte das klassische Brasilien-Klischee durch ein anderes.

Wer sich zu vorgerückter Stunde in São Paulos Stadtteil Liberdade verläuft, sitzt leicht einer Halluzination auf: in wenigen Schritten aus Südamerika zu Fuß zu den asiatischen Antipoden gewandert zu sein. Häuser und Passanten scheinen einer japanischen Vorstadt entsprungen. Über eineinhalb Millionen Japaner leben in Brasilien, ein Großteil von ihnen in São Paulo, der größten japanischen Stadt außerhalb Japans. Decassegui nennen sie sich selbst. Dennoch scheinen sie kaum eine eigene kulturelle Identität entwickelt zu haben. In Brasiliens Literatur, Film oder Musik sind sie selten zu finden. Ihr wahrnehmbarster Kultureinfluss ist das Essen - in Form einer weltweit einzigartigen Sushi-Restaurant-Dichte.

Warum das so ist, macht der Erzähler und fiktive Autor dieses Romans begreiflich: ein verkrachter Werbetexter aus São Paulo, Nachkomme japanischer Einwanderer. Sein Leben lang träumte er davon, Schriftsteller zu sein. Doch in einem kuriosen Minderwertigkeitskomplex weist er alles von sich, was seine Herkunft ausmacht, selbst wenn es Quelle einer packenden Geschichte wäre. Er spricht kein Wort Japanisch, verachtet insgeheim seine Schwester, die sich, da ebenfalls beruflich gescheitert, zur Rückkehr nach Japan entschied. Selbst die letzten Spuren seiner Vorfahren in der Architektur São Paulos, in ihrem geschmacklos globalisierten Kulturmix, empfindet er als lächerlich. "Jeder Einwanderer, der glaubte, den Stil seiner Heimat und seiner Vorfahren hierherzuverpflanzen, trug letztlich zur Karikatur der Stadt bei", tönt der namenlose Erzähler.

Sushi isst er trotzdem gern. Über diese Hintertür kommt er dann doch noch zu seiner langersehnten Story. In seinem Stammlokal in Liberdade vermutet die steinalte japanische Wirtin Setsuko eines Abends in der angetrunkenen Figur am Sushi-Tresen einen heimlichen Schriftsteller und bietet ihm einen Auftrag: ihre eigene Lebensgeschichte, die er zum Roman machen soll. Arbeitslos, abgebrannt, über jeden Job froh, nimmt er an. So entführt die Wirtin ihn in ein Tokio der Nachkriegszeit. Als Tochter einer gefallenen Patrizierfamilie muss sich Setsuko in einer Puppenfabrik verdingen. Dort wird sie zur Vertrauten der gleichaltrigen Michiyo, die in eine unglückliche Liebesaffäre mit Masukichi verstrickt ist, einem mittelmäßigen Komödianten des Kyogen-Theaters. Verzweifelt entscheidet sich Michiyo daher zur Heirat mit dem wohlhabenden Jokichi. Als dieser auf seinen Nebenbuhler trifft, gerät die Dreiecksgeschichte aus den Fugen.

Das Schicksal der Männer scheint in geheimnisvoller Weise verknüpft. Beide, so mutmaßt Michiyo, entbrennen in homoerotischer Leidenschaft füreinander. Setsuko beichtet das einem berühmten Schriftsteller, der daraus heimlich einen Schlüsselroman baut. So kommt es zur Katastrophe. Jokichi verschwindet, scheinbar Opfer eines Selbstmords. In Wirklichkeit verlagert sich durch ihn der Schauplatz der Handlung nach Brasilien. Über ein halbes Jahrhundert später soll dort nun ein Möchtegern-Schriftsteller den damals begonnenen Roman zu Ende führen.

Doch es kommt nicht so weit. Mit einem Mal ist Setsuko verschwunden, ihr Lokal geschlossen. Letzte Spur ist ein unzustellbar aus Japan zurückgekehrter Brief aus ihrer Feder. Gerichtet ist er an niemand anderen als Masukichi. So entscheidet der von einer unbezähmbaren Wissensgier gepackte Erzähler, sich in Tokio auf die Suche nach den Adressaten zu machen. Das bedeutet zugleich: erstmals "dorthin zurückzukehren, wo ich nie gewesen war". Zuletzt aber weist ihn die Reise ins Land der Väter nur zurück nach Brasilien - und damit zur Vollendung des Romans, den er sich selbst erkämpfen musste: quasi als Sinnbild einer zwischen zwei Kulturen pendelnden Identität. Diesen impliziten Anspruch verfolgt offenkundig auch der reale Autor Carvalho: der doppelten Kultur der decassegui eine literarische Stimme zu verleihen, obwohl er - seinen beiden lupenrein portugiesischen Familiennamen nach zu schließen - selbst keiner von ihnen ist. Kurios unauthentisch, ja, pappmachéhaft wirkt das von diesem vorgeführte Japan. Der Erzähler beginnt seinen Roman mit den Worten: "Ich sehe keine Metapher in dem, was ich sage. Es ist, als läge alles im Halbdunkel."

Tatsächlich aber ist alles Metapher und Maske in diesem Roman. Auch das an sich schon angestrengt neobarocke Spiel von Schein und Sein erhält eine unerträgliche Süßlichkeit, wenn es zusehends in allerlei Chinoiserien und pseudofernöstlichen Weisheiten gehüllt wird. "Der Text ist der Körper. Im Lächeln liegt die Lust." Von hier zur Sushi-Exotik ist es nicht mehr weit. Das ausgediente, tropische Brasilien-Klischee wird ersetzt durch ein neues.

Die Konzentration auf einen überfrachteten Plot lässt den Figuren und Schauplätzen und daneben auch Carvalhos eigener Sprache und ihrer glänzenden deutschen Übersetzung keinerlei Zeit zum Atmen. Am Ende bleibt dies ein kosmopolitisch veredelter Genreroman, intellektuell aufgefrischt durch ein paar intertextuelle Verweise von Henry James bis Pessoa.

FLORIAN BORCHMEYER

Bernardo Carvalho: "In São Paulo geht die Sonne unter". Roman. Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Luchterhand Literaturverlag, München 2009. 208 S., geb., 19,95 [Euro].

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