Wie soll Literatur sein? Soll sie uns alles beschreiben, jeden Gedanken vorgeben, zum Zurücklehnen verführen und den Autor mal machen lassen, damit er uns unserer eigenen Welt entführt? Wie genau muss Carver hingesehen, hingehört haben, um diesen Ton in seiner Sprache zu finden. Er filtert seine
Erzählungen bis zum Minimalismus hin, und wie in der Musik, fehlen einem die überzähligen Töne nicht,…mehrWie soll Literatur sein? Soll sie uns alles beschreiben, jeden Gedanken vorgeben, zum Zurücklehnen verführen und den Autor mal machen lassen, damit er uns unserer eigenen Welt entführt? Wie genau muss Carver hingesehen, hingehört haben, um diesen Ton in seiner Sprache zu finden. Er filtert seine Erzählungen bis zum Minimalismus hin, und wie in der Musik, fehlen einem die überzähligen Töne nicht, da der Rest intensiver nachklingt als alle Harmonien zuvor. Carvers Helden sind zumeist einfache Leute. Seine Überschriften wie aus einem Dialog entrissen: Was machen Sie in San Francisco?, Versetzen Sie sich in meine Lage, Allein der Gedanke. Carvers Alltag besteht darin, in ihn hineinzuschneien und seine Helden für einen Moment ins Scheinwerferlicht zu zerren. Das genügt, damit sie sich durch ihre Handlungen, lakonischen Gespräche entblättern. Ob Carver über Nachbarn schreibt, über Väter, allesamt sind sie uns vertraut. Manchmal hofft man gar, dass man nicht so ist wie sie. So wortkarg, so hoffnungslos, so blind glücklich. Wofür andere Romane schreiben, schafft Carver oftmals um die zehn Seiten. Ein Augenaufschlag. Er fordert uns auf, zwischen den Zeilen zu lesen. So wie im richtigen Leben, wo wir auch zweimal hinschauen, nachfragen, um uns zurechtzufinden, und doch zumeist mehr dem Unausgesprochenen vertrauen.