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Die Lebensmittelbranche ist eine gigantische Industrie. Im Milliardengeschäft mit den Lebensmitteln wird gelogen, betrogen und mit der Gesundheit der Verbraucher gespielt. Dieses Buch zeigt, wie die Lebensmittelindustrie funktioniert, und stellt die Akteure vor:Wer steckt eigentlich hinter dem Geschäft mit unserem Essen?

Produktbeschreibung
Die Lebensmittelbranche ist eine gigantische Industrie. Im Milliardengeschäft mit den Lebensmitteln wird gelogen, betrogen und mit der Gesundheit der Verbraucher gespielt. Dieses Buch zeigt, wie die Lebensmittelindustrie funktioniert, und stellt die Akteure vor:Wer steckt eigentlich hinter dem Geschäft mit unserem Essen?
Autorenporträt
Marita Vollborn, Jahrgang 1965. Agronomie-Studium an der Humboldt-Universität zu Berlin und Journalistik-Studium in Hannover. Freie Wissenschafts- und Wirtschaftsjournalistin, u.a. für Frankfurter Rundschau, Bild der Wissenschaft oder Focus-Magazin. Autorin beim SPIEGEL ONLINE, seit 1992 freie Journalistin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2006

Wer möchte das schon essen?
Der Lügeneintopf: Marita Vollborn und Vlad Georgescu besuchen die Lebensmittelindustrie / Von Anne Bogdanski

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, daß die allgemeinen Lebenshaltungskosten immer teurer, nur Lebensmittel laufend billiger werden? Längst ist unvorstellbar geworden, daß die Menschen früher 60 Prozent ihrer Privatausgaben für Nahrungsmittel aufwenden mußten; heute sind es nur noch 14 Prozent. Während der allgemeine Preisindex der Lebenshaltung seit 1995 um rund 12 Prozent angestiegen ist, scheint bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken das Ende der Fahnenstange erreicht. Das einst visionäre Ziel vom billigen Essen auf Lebenszeit ist in greifbare Nähe gerückt. Doch der Schein trügt. Was im Handel wenig kostet, fordert an anderer Stelle seinen Tribut.

Die meisten Verbraucher interessieren die ökonomischen Zusammenhänge wenig. Lediglich die günstigen Preise und die "gefühlte" gute Qualität der Produkte entscheiden über Kauf oder Ablehnung. Dabei sollten die Hintergründe, die hinter dieser Lebensmittelmaschinerie stecken, und die Folgen, die sie hinterlassen, den Verbraucher um so mehr interessieren. Das, was Marita Vollborn und Vlad Georgescu in ihrem Buch "Die Joghurt Lüge" aufdecken, mag dem einen oder anderen die Lust auf billige Lebensmittel gehörig verderben. Detailliert gehen die beiden Naturwissenschaftler auf "die unappetitlichen Geschäfte der Lebensmittelindustrie" ein und beleuchten, welche Methoden die großen Konzerne anwenden, um den Verbraucher und Steuerzahler an der Nase herumzuführen.

Beispiel "Agrarsubventionen": Neben der maroden Landwirtschaft wird auch die wirtschaftlich gesunde Nahrungsmittelindustrie mit Steuergeldern subventioniert. Etwa 40 Milliarden Euro, rund die Hälfte des gesamten Etats der Europäischen Union, geben Europas Steuerzahler alljährlich nur für Agrarsubventionen aus. Daß davon über die Hälfte großen Konzernen und Unternehmern zufließt, die gerade sechs Prozent aller Höfe ausmachen, wissen die wenigsten.

In England wird auf diese Weise die Queen mit 800 000 Euro pro Jahr unterstützt, und auch Prinz Charles streicht 330 000 Euro jährlich ein. In Deutschland sind die Nutznießer weniger adlig, aber dafür besonders unverschämt: Bis 2005 erhielt das finanzstärkste Molkereiunternehmen Deutschlands, Müllermilch (Jahresumsatz zirka 2 Milliarden Euro), aus EU-, Bundes- und sächsischen Landesmitteln über 70 Millionen Euro, um das größte Milchwerk Europas in Sachsen zu errichten. Nach Zusage der Millionenhilfe schloß Müller zwei andere Werke in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dabei gingen 165 Arbeitsplätze verloren, am neuen Standort kamen nur 148 hinzu. Verlierer sind die klassischen und kleineren Landwirtschaftsbetriebe, die mit den Methoden der großen nicht mithalten können. Und ist nicht zuletzt auch der Verbaucher.

Dieser wird auch in Frankreich gehörig hinters Licht geführt. Diesmal nicht als Steuerzahler, sondern als Patient. Denn im Land der Gaumenfreuden scheint eine neue Ära angebrochen, vermuten die Autoren - die des Essens auf Rezept. Seit 2006 können sich französische Verbraucher ihre Kosten für den Joghurt- und Margarineeinkauf von ihren Krankenversicherern erstatten lassen. Allerdings nur, wenn es sich dabei um cholesterinsenkende Produkte der Firmen Danone und Unilever handelt. Verbraucherschützer halten dies für skandalös. Denn Unilever und Danone haben den Weg frei gemacht für eine Instrumentalisierung der Gesundheit zu Marketingzwecken.

Daß dies nicht nur skandalös ist, sondern ebenso gefährlich sein kann, sollten doch zumindest die Krankenversicherer wissen. Denn während Pharmazeutika jeglicher Art langen Tests und klinischen Studien unterliegen, bis sie auf den Markt gebracht werden können, wird das "zum Therapeutikum aufgepeppte Lebensmittel" nicht auf Unbedenklichkeit getestet. Die sogenannte "Medi-Kost" wird in unbegrenzter Menge und auf Dauer geschluckt - bei herkömmlichen Medikamenten undenkbar. Diese Klippe umschifft und dann noch Neuland betreten zu haben ist ein marketingtechnisches Meisterstück, loben die Buchautoren den Werbetrick nicht ohne Sarkasmus.

Die unlauteren "Strategien der Giganten in der Nahrungsmittelbranche" ist nur ein Punkt von vielen, auf die Vollborn und Georgescu in ihrem Buch eingehen. Von Functional Food über Zusatzstoffe, Gen-Food und bestrahlte Lebensmittel ist alles vertreten, was ums Thema "Essen" Fragen aufwirft. Nicht zuletzt die gesellschaftlichen Folgen und die Risiken, die mit dem Milliardengeschäft "Lebensmittel" verbunden sind, werden dem Leser vor Augen geführt. Auch wenn der Stil des Buches manchmal sehr polemisch scheint, ist den Autoren eines gewiß gelungen - auf Mißstände aufmerksam zu machen.

"Die Joghurt-Lüge" gewährt Einblicke hinter die Fassaden der Lebensmittelindustrie, die dem Kunden im Normalfall verschlossen bleiben. Nach der Lektüre des Buches kann der Verbraucher selbst entscheiden, ob er dem Marketingkonzept so manches Lebensmittelriesen weiterhin auf den Leim gehen möchte.

Marita Vollborn und Vlad Georgescu: "Die Joghurt-Lüge". Die unappetitlichen Geschäfte der Lebensmittelindustrie. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2006. 300 S., br., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als ausgesprochen aufklärerisch wertet Rezensentin Anne Bogdanski dieses Buch über die Machenschaften der Lebensmittelindustrie, das Vlad Georgescu und Marita Vollborn verfasst haben. Überzeugend erklären die Autoren für sie die unlauteren Strategien und Vorgehensweisen, mit denen die Lebensmittelindustrie, "Verbraucher und Steuerzahler an der Nase herumführen". Bogdanski berichtet etwa über die enormen Subventionen, die zum größten Teil nicht die kleinen vom Aussterben bedrohten Bauernhöfe, sondern Riesen-Konzerne wie "Müller Milch" einsacken. Auch über Gen-Food, Zusatzstoffe in Lebensmitteln und deren Bestrahlung und viele andere Themen fühlt sie sich von den Autoren bestens informiert. Sie bescheinigt Georgescu und Vollborn, auf zahlreiche Missstände aufmerksam zu machen und dabei aufschlussreiche Einblicke hinter die Fassaden der Lebensmittelindustrie zu gewähren.

© Perlentaucher Medien GmbH