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Das heutige Germanen-Bild wird immer noch von Klischees bestimmt: Rauschebärtig, in Felle gehüllt und Flügelhelme tragend, brechen die kriegsliebenden Metsäufer aus nebelverhangenen Urwäldern hervor und massakrieren die Römer. Doch wer waren sie wirklich? Gelten sie zu Recht als die Urahnen der Deutschen? Die Geschichte der Germanen mit ihren zahlreichen Völkerschaften ist eine der wichtigsten historischen Brücken zwischen Spätantike und der Entstehung des Abendlandes. Sie mündete nach einem Jahrtausend in die Entstehung vieler europäischer Nationen, von Island bis nach Italien und von Spanien…mehr

Produktbeschreibung
Das heutige Germanen-Bild wird immer noch von Klischees bestimmt: Rauschebärtig, in Felle gehüllt und Flügelhelme tragend, brechen die kriegsliebenden Metsäufer aus nebelverhangenen Urwäldern hervor und massakrieren die Römer. Doch wer waren sie wirklich? Gelten sie zu Recht als die Urahnen der Deutschen? Die Geschichte der Germanen mit ihren zahlreichen Völkerschaften ist eine der wichtigsten historischen Brücken zwischen Spätantike und der Entstehung des Abendlandes. Sie mündete nach einem Jahrtausend in die Entstehung vieler europäischer Nationen, von Island bis nach Italien und von Spanien bis nach Russland.
Die lebendig dargestellte Geschichte klärt auf über Herkunft und Mythen der Germanen, erzählt von ihren Wanderungen und kriegerischen Auseinandersetzungen und vermittelt ein Bild ihrer Lebenswelt und kulturellen Leistungen. Viele lang umstrittene Fragen werden auf dem aktuellsten Kenntnisstand beantwortet. Dabei wird auch mit Klischees aufgeräumt, die bis heute ein historisch ausgewogenes Verständnis der germanischen Welt beeinträchtigen.

Autorenporträt
Arnulf Krause ist promovierter Germanist und Experte für germanische Heldensagen und die Dichtungen der Edda. Er lebt bei Bonn und ist Lehrbeauftragter der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Rezensionen
"Das Buch ist ein Glücksfall, behandelt doch der Autor den Gegenstand auf beste Sachbuchweise." (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.07.2002

Laßt euch verfremden, ihr zornigen, zeugungskräftigen Zecher
Wie aus alten Vorstellungen endlich eine neue Wirklichkeit, ja ein Glücksfall wird: Arnulf Krauses kundige Geschichte der Germanen

Seit neuestem haben die Germanen ganzjährig Saison. Sie kommen als "Sturm über Europa" ins ZDF, in Arte und selbst in den ORF. Bücher über die Germanen erleben zahlreiche Auflagen; ihre Verkaufszahlen bewegen sich in den mehrfachen Zehntausenden, für geisteswissenschaftliche Bücher völlig untypisch. Sie werden übersetzt, aus dem Deutschen in alle Sprachen Europas und ins Amerikanische und umgekehrt. Es ist zwar weder zu fürchten noch zu hoffen, daß die gegenwärtige Vorliebe für die Germanen die europäische Freude an den Kelten erreichen oder gar ablösen könnte, so daß kein flügelbehelmter Arminius vom Grotenberg herabsteigen und an die Stelle des flügelbehelmten Asterix treten wird. Aber Vorsicht ist geboten, damit das Germanen-Thema nicht außer Kontrolle gerät.

Das Buch des Germanisten Arnulf Krause kommt daher zur rechten Zeit. Es ist ein Glücksfall, behandelt doch der Autor den Gegenstand auf beste Sachbuchweise von den Entdeckungsfahrten des Massioloten Pytheas (325 v. Chr.) über Theoderich den Großen und Karl den Großen bis zur Geschichte der Wikinger, deren ideologisch ausgebeutetes Nachleben in der jüngeren Vergangenheit mehr Unheil angerichtet hat als im neunten und zehnten Jahrhundert alle ihre Raubzüge zusammen. Der Autor ist sich dieses unseligen Erbes des Germanenstoffes bewußt, so daß er zu Recht kritisch, ja mitunter distanziert seinen Gegenstand behandelt. Mit zahlreichen Bildern wird das Gemeinte illustriert, aber auch, wie im Falle der Darstellung des Chlodwig-Vaters Childerich, klug verfremdet. So kann der Frankenkönig nicht ausgesehen haben, wird jedem klar, aber die abgebildeten Grabbeigaben weisen Childerich von Tournai authentisch als germanischen Heerkönig und römischen General aus.

Die Existenz der barbarischen Völker, wie der Germanen, ist keine Frage des "Blutes", obwohl es die Quellen so darstellen, sondern eine der Verfassung. Daher bestehen sie aus vielen ethnischen Gruppen. Zum Beispiel umfaßten die Ostgoten Theoderichs des Großen in Italien mindestens zehn verschiedene Völker germanischer wie nichtgermanischer,europäischer wie nichteuropäischer Herkunft. Daher gelten heute die romantischen Vorstellungen nicht mehr, wonach ein "autonomer Volksgeist" die Entstehung eines Volkes bewirkte. Damit sind Begriffe wie germanische Treue, Herkunft, Sippe, Ehre, Gefolgschaft zu hinterfragen und quellengerechter zu interpretieren. Die Annahme, daß "wandernde germanische" Völker, die tatsächlich in geringer Zahl und fast alle auf der Flucht waren, das weströmische Reich im fünften Jahrhundert zerstört hätten, ist aufzugeben. Vielmehr griffen sie beschleunigend in die Umgestaltung der römischen Welt ein, in einen innerrömischen Prozeß, der freilich eine noch wesentlich stärkere Umgestaltung der germanischen Welt bewirkte und weit über die einstigen römischen Grenzen hinaus nachwirkte.

So entstanden die Reiche der Goten, Vandalen, Franken, Angelsachsen, Burgunder, Langobarden und schließlich die der Skandinavier, deren Könige die Christianisierung ihrer Völker von oben nach unten durchsetzten. So wurde die Annahme des katholisch-römischen Bekenntnisses zum nachhaltigsten Ergebnis der Völkerwanderung, weil auch die römische Tradition samt ihren Fertigkeiten, Kenntnissen, ihrer Schriftlichkeit und ihres Kunstwollens selbst bis nach Skandinavien transportiert wurde.

Der Autor ordnet sein Buch in zehn Großkapitel von "Die Germanen - Volk der vielen Stämme" bis zum "Nachleben der Germanen". Dabei teilt Krause seine Darstellung: Er erzählt die Geschichte in einem trefflich stilisierten Obertext und behandelt in Exkursen wichtige Sachfragen, wie "Die Waffen der Germanen", "Die Runen", "Häuser und Siedlungen" oder den tragischsten volkssprachlichen Text der Zeit, das Hildebrand-Lied. Besonders erfreulich ist die Fähigkeit des Autors, die antiken und frühmittelalterlichen Texte in ihrer Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit zu erfassen, ohne, wie es mitunter heute geschieht, die Schwierigkeiten der Überlieferung mit der Behauptung abzutun, die Ethnographen hätten die Germanen frei erfunden, weshalb diese selbst wie ihre einzelnen Völker nichts anderes als "ethnographische Ideologien" seien.

Caesar, Plinius, Tacitus und ihresgleichen haben ohne Zweifel die Typenlehre und Methoden der antiken Ethnographie auch auf die Germanen als Barbaren angewendet und ihnen auf diese Weise eine literarische Existenz verliehen. Sie haben aber ihre Objekte nur deshalb, wenn auch auf ihre Weise, interpretieren können, weil es sie gab. Der Germane ist der "zornige Mensch" schlechthin. Sein großer Körper ist voller Flüssigkeit, die aber wegen der niederen Temperaturen seiner Umgebung nicht verdampfen kann; daher sollte er Weingenuß besser meiden. Aber "Sie saufen wie die Goten" war in Südgallien sprichwörtlich. Weil es in ihrem Lande kalt ist, bleiben Zeugungskraft und Gebärfähigkeit der Germanen lange erhalten, so daß sie sich gewaltig vermehren. Sie greifen schnell zu den Waffen, sind jedoch wenig ausdauernd und zielbewußt. Ihnen fehlt jede Form der römischen Disziplin. Tatsächlich haben alle diese Vorstellungen wenig mit der Wirklichkeit zu tun, die Krause jedoch, soweit es einem Menschen von heute möglich ist, glaubwürdig erfaßt und ansprechend darstellt.

HERWIG WOLFRAM

Arnulf Krause: "Die Geschichte der Germanen". Campus Verlag, Frankfurt am Main 2002. 312 S., Abb., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Herwig Wolfram macht zur Zeit eine regelrechte Germanenmanie aus und findet deshalb, dass das Buch "zur rechten Zeit" erscheint. Er preist es zudem als regelrechten "Glücksfall", weil der Autor nicht nur mit großem Sachverstand an sein Thema heran gegangen ist, sondern sich auch von der problematischen Seite des Germanenkults kritisch zu distanzieren weiß. Besonders hoch rechnet der Rezensent es Krause an, dass dieser ganz deutlich mache, dass die Germanen nicht ein einziger Volksstamm waren, sondern sich aus vielen ethnischen Gruppen zusammensetzten. Wolfram lobt auch die Gliederung des Buches: so sind in den Haupttext zahlreiche Exkurse zu Spezialthemen wie Waffen oder Bauweise der Germanen eingestreut. Dass es dem Autor zudem gelingt, die antiken und frühmittelalterlichen Quellentexte in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zu erschließen, lobt der Rezensent als "besonders erfreulich".

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